Miesbacher Landrat Rzehak:Grüner im Trachtenjanker

Stichwahl Kommunalwahl Bayern - Landrat Miesbach

Wolfgang Rzehak ist der neue Landrat in Miesbach - und der erste Grüne auf diesem Posten.

(Foto: dpa)

Er hört Blasmusik und mag Schweinsbraten: Wolfgang Rzehak ist einer der beiden ersten grünen Landräte. Und das im absoluten Stammland der CSU. Wem er seinen Sieg verdankt.

Von Christian Sebald

Natürlich hat Wolfgang Rzehak, 46, auf den Wahlsieg gehofft. Aber damit gerechnet hat er definitiv nicht. "Dazu sind die Oberbayern immer noch viel zu konservativ", sagte er bis zuletzt. Nun ist die Sensation perfekt. Die Wähler im Landkreis Miesbach haben ihn mit 53,5 Prozent zu ihrem Landrat gewählt. Damit ist Rzehak nun einer der beiden ersten Grünen überhaupt, die in Deutschland in ein solches Amt gewählt wurden (neben Jens Marco Scherf, der ebenfalls am Sonntag gewann, in Miltenberg, Unterfranken).

"Das ist ein historischer Abend", rief Grünen-Landeschefin Sigi Hagl aus. Und der für gewöhnlich recht ruhige Rzehak sagte noch am Morgen nach der Wahl: "Das ist unglaublich."

Tatsächlich ist Rzehak, dessen tschechischer Nachname "Schehak" ausgesprochen wird, etwas bis dahin Unglaubliches gelungen. Miesbach ist absolutes Stammland der CSU, Wildbad Kreuth liegt in dem Kreis. Egal bei welcher Wahl, die Partei fährt hier für gewöhnlich 60 Prozent und mehr ein. Aber diesmal war es keine normale Wahl.

Der bisherige CSU-Landrat Jakob Kreidl hatte Affäre um Affäre angehäuft. Erst wurde bekannt, dass seine Doktorarbeit von 2005 ein Plagiat war. Dann kam heraus, dass er in seiner Zeit als Landtagsabgeordneter seine Frau angestellt hatte, für 1500 Euro netto im Monat, auf Kosten des Steuerzahlers. Zuletzt wurde publik, dass er sich zum 60. Geburtstag vor anderthalb Jahren ein 118 000 Euro teures Fest gegönnt hatte, überwiegend auf Kosten der Sparkasse und des Kreises. Der Zorn war so gewaltig, dass CSU-Chef Horst Seehofer ihn vor der Wahl zum Rückzug zwang.

Er mag Blasmusik und Schweinsbraten

Wer jetzt aber denkt, Rzehak verdanke seinen Sieg nur Kreidls Untergang, der macht es sich zu einfach. Rzehak ist ein wertkonservativer Realo, der sogar bei den Miesbacher Bauern sehr gut ankommt. Als Einheimischer trägt er den Trachtenjanker genauso selbstverständlich wie sie, er hört gern Blasmusik und mag einen Schweinsbraten allemal lieber als einen Veggie-Burger.

Zugleich gibt es auch im bayerischen Oberland immer mehr Konservative, denen der fortwährende Bauboom in ihrer Heimat ein Graus ist, die strikt gegen Gentechnik auf den Feldern und auch für andere grüne Themen offen sind. Vor allem, wenn jemand sie so verbindlich vorträgt, wie Rzehak das tut.

Außerdem hat dem neuen Landrat seine Beständigkeit geholfen. Der Verwaltungswirt, der mit Frau und zwei kleinen Töchtern am Tegernsee lebt und bisher in der Münchner Stadtverwaltung arbeitete, engagiert sich bereits seit 18 Jahren in der Kommunalpolitik. Als Eishockey-Fan ist Rzehak seinem Heimatverein TEV Miesbach so eng verbunden, dass er bei so gut wie jedem Heimspiel ehrenamtlich im Kassenhäuschen sitzt und den Eintritt kassiert. Es gibt nicht wenige, die sagen, es sei dieser Job, der Rzehak im Lauf der Zeit ebenso bekannt wie beliebt gemacht habe. Als Landrat wird er ihn sich nicht mehr leisten können. Dazu hat er nun zu viele Verpflichtungen.

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