Süddeutsche Zeitung

Miesbacher Affären:CSU-Basis wirbt wieder für Kreidl

Der Miesbacher Landrat Jakob Kreidl ist von allen Ämtern zurückgetreten, aber in der CSU mehren sich schon wieder die Stimmen für seine Wiederwahl. Das verärgert Horst Seehofer und Ilse Aigner.

Von Frank Müller, Heiner Effern und Christian Sebald

Es ist zwei Wochen her, dass sich der Miesbacher Affären-Landrat Jakob Kreidl (CSU) von allen Ämtern zurückgezogen hat, da mehren sich in der CSU die Stimmen, die bei der Kommunalwahl offen für seine Wiederwahl eintreten. So rief kürzlich Engelfried Beilhack, Chef der CSU in Warngau, auf, Kreidl die Stimme zu geben. Auch der Miesbacher CSU-Stadtrat Dirk Thelemann bekannte öffentlich, dass er für Kreidl stimmen werde. "Ich habe immer CSU gewählt", sagte er, "ich gebe auch dieses Mal meiner Partei die Stimme." In der Miesbacher CSU schätzt man, dass bereits ein Drittel der Funktionäre in Veranstaltungen und an Info-Tischen für Kreidls Wiederwahl werben.

Beilhack und Thelemann nennen für ihre Empfehlungen taktische Gründe. Sollte Kreidl wiedergewählt werden, aber das Amt wie öffentlich versprochen ausschlagen, wäre der Weg frei für eine Neuwahl. Die CSU könnte einen anderen Kandidaten präsentieren und den Landratsposten für sich retten. So sieht das auch der politische Gegner. "Die CSU testet, wie die Stimmung draußen ist", sagt SPD-Landratskandidat Robert Huber. Er glaubt, dass Kreidl in die Stichwahl kommt. "Es wird spannend, wie sich die CSU dann verhält."

Mit ihren Aktionen dürften sich CSUler im Oberland den Zorn von Parteichef Horst Seehofer zuziehen. Seehofer hatte Kreidl mit einem Machtwort zum Rückzug aus der Politik gezwungen. Er machte zudem deutlich, dass sich die CSU für Tricksereien nicht hergeben werde. Das gelte nach wie vor, betont der Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan, der die Kreis-CSU kommissarisch führt. "Es gib keine Gedankenspiele für eine Neuwahl, es werden keine Szenarios durchgespielt", sagt er. Ein Taktieren jedweder Art sei im Kreisvorstand "nullkommanull Thema. Es gib keinen Landratswahlkampf."

Auch Aigner ist verärgert

Auch Wirtschaftsministerin und Vize-Ministerpräsidentin Ilse Aigner, die als Chefin der Oberbayern-CSU Kreidl über Wochen so heftig wie vergeblich zum Rückzug gedrängt hatte, gibt sich wenig erfreut über die Empfehlungen. "Ich habe in mehreren Sitzung deutlich gemacht, dass ich von solchen Empfehlungen nichts halte", sagt Aigner, "aber ich kann sie nicht verhindern."

Kreidl musste seine Karriere nach einer Serie von Skandalen aus der Politik aufgeben. Er hat seine Doktorarbeit fast zur Gänze abgeschrieben, er ist in die Verwandtenaffäre der CSU verstrickt, und er hat sich das Fest zu seinem 60. Geburtstag mit 77 000 von der Kreissparkasse und weiteren 33 000 Euro von seinem Landkreis sponsern lassen. Für eine Absage seiner Landrats-Kandidatur war es im Februar schon zu spät.

Die Wahlwerbung für Kreidl ist derzeit nicht der einzige Ärger für Aigner In Miesbach. Die Grünen werfen ihr vor, ihr Ministeramt für Parteiarbeit zu missbrauchen. Der Grund ist ein Wahlwerbespot für den CSU-Bürgermeisterkandidaten in Holzkirchen, Olaf von Löwis. Der Spot, der im Internet zu sehen war, wurde erkennbar im Wirtschaftsministerium gedreht. "Das ist eine weitere Blüte im schwarzen Sumpf von Miesbach", sagte Grünen-Fraktionssprecherin Margarete Bause. Aigner weist das zurück. "Natürlich halte ich die Trennung zwischen meinem Ämtern und der Parteiarbeit ein, deshalb haben wir ja einen neutralen Hintergrund für mein Statement für Olaf von Löwis gewählt", sagt sie. Und den Sport hat Aigner sofort aus dem Netz entfernen lassen.

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SZ vom 12.03.2014/ahem
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