Süddeutsche Zeitung

Urteil im Untreue-Prozess:Bewährungsstrafen in der Miesbacher Amigoaffäre

Ex-Landrat Jakob Kreidl wird im Revisionsverfahren abermals zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Auch der frühere Sparkassenchef Georg Bromme muss nicht ins Gefängnis.

Von Matthias Köpf

Nach jahrelangen Ermittlungen und insgesamt dreijähriger Aufarbeitung vor Gericht ist die Amigoaffäre um die Miesbacher Kreissparkasse und den einstigen Landrat Jakob Kreidl (CSU) mit Bewährungsstrafen zu Ende gegangen. Das Landgericht München II verurteilte Kreidl am Mittwoch wie schon im ersten Prozess 2019 wegen Untreue zu elf Monaten Haft auf Bewährung. Der frühere Sparkassenchef Georg Bromme erhielt ein Jahr und acht Monate auf Bewährung und damit zwei Monate mehr als im ersten Prozess.

Bromme hatte damals ebenso wie die Staatsanwaltschaft Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Der BGH hatte allerdings große Teile des ersten Urteils bestätigt und den Fall nur in einigen Details zur Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gegenstand des neuerlichen Verfahrens waren daher vor allem Brommes regelmäßig verteilte Geschenke an Vorstände und Verwaltungsräte der Sparkasse, einige Dekostücke für Kreidls Büro wie eine versilberte Dose und ein teures Schreibset sowie vierstellige Spenden an Brommes Tiroler Jagdfreunde. Dass diese Jäger im Gegenzug tatsächlich Adlersichtungen an ein von der Sparkasse gesponsertes Steinadler-Projekt im Landkreis Miesbach gemeldet hätten, hatte sich im Prozess nicht gezeigt.

Die Verurteilungen von 2019 wegen mehrerer aufwendiger Feiern und luxuriöser Fahrten für Verwaltungsräte und Lokalpolitiker gingen auch in das neue Urteil ein. Allerdings wertete es die Kammer auf einen Hinweis des BGH hin als strafverschärfend, dass Bromme die Untreue als Amtsträger begangen habe, da der Vorstand einer Kreissparkasse in dieser Hinsicht als Behörde zu gelten habe.

Gegenstand des Verfahrens war auch eine Luxusreise inklusive "James-Bond-Tour"

Dies betrifft vor allem eine insgesamt 85 000 Euro teure Reise mit den versammelten Bürgermeistern des Landkreises Miesbach in ein Fünf-Sterne-Hotel im Schweizer Ort Interlaken inklusive fünfstelliger Weinrechnung und Begleitprogramm wie einer "James-Bond-Tour" auf das Schilthorn, wo Szenen des Films "Im Geheimdienst Ihrer Majestät" spielen.

Ebenfalls als Amtsträger hat Bromme demnach gehandelt, als er die Sparkasse im Jahr 2010 eine 53 000 Euro teure Geburtstagsfeier für Kreidls damaligen Stellvertreter Arnfried Färber (FW) ausrichten ließ. Die 120 000 Euro teure Feier zu Kreidls 60. Geburtstag im Jahr 2012 hatte ebenfalls zu großen Teilen die Sparkasse bezahlt. Das hatte die ganze Miesbacher Amigoaffäre zwei Jahre später überhaupt erst ins Rollen gebracht und Kreidl die Wiederwahl zum Landrat gekostet, vor Gericht aber bald keine Rolle mehr gespielt.

Kreidl und Bromme betonten, sie hätten nur eine übliche Praxis fortgeführt

Alle verhandelten Taten stammen aus den Jahren 2009 bis 2013. Was in Brommes langen Amtsjahren vor 2009 geschehen ist, war schon zum Zeitpunkt der ersten Ermittlungen verjährt. Sowohl Bromme als auch Kreidl hatten sich jedoch im Prozess darauf berufen, dass sie lediglich eine seit Jahrzehnten geübte Praxis übernommen und sich nicht bewusst gemacht hätten, dass die damaligen Usancen womöglich nicht mehr angemessen sein könnten.

Für Kreidl bedeutet die Bewährungsstrafe unter einem Jahr, dass er nicht zwingend den völligen Verlust seiner Pension als Landrat befürchten muss. Seine Bezüge wurden schon vor längerer Zeit vorläufig um 30 Prozent gekürzt. Bromme, der aus seiner langen Dienstzeit bei der Sparkasse ebenfalls Beamtenstatus genießt, muss eventuelle Konsequenzen für seine Altersversorgung direkt mit der Sparkasse aushandeln.

Brommes Verteidiger Robert Jofer nannte das Urteil "nicht unerwartet" und "maßvoll". Die Strafforderung der Staatsanwaltschaft von zweieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung sei "vollkommen überzogen" gewesen. Selbst hatten die Verteidiger für Bromme ein Jahr und drei Monate auf Bewährung gefordert. Kreidls Verteidiger Klaus Leipold, der selbst neun Monate auf Bewährung gefordert hatte, zeigte sich mit dem Urteil "zufrieden und einverstanden".

Auch gegen diesen neuerlichen Richterspruch wäre wieder eine Revision möglich. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft äußerte sich zur Revisionsfrage nicht, die Verteidiger wollen die Entscheidung der Ankläger abwarten.

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