Süddeutsche Zeitung

Miesbach:Staatsanwaltschaft fordert hohe Strafen in Amigoaffäre

Der frühere Sparkassen-Chef Georg Bromme und Ex-Landrat Jakob Kreidl sollen in Miesbach unrechtmäßige Geschenke und Spenden verteilt haben. Einen der beiden wollen die Strafverfolger nun im Gefängnis sehen.

Von Matthias Köpf

An der Buchführung jedenfalls soll es nicht gelegen haben. "Alle Ausgaben wurden bis auf den letzten Cent verbucht, intern und extern geprüft und auch testiert", sagt Georg Bromme bei seinem vermutlich vorletzten Auftritt wegen der Miesbacher Amigoaffäre vor dem Landgericht München II. Der frühere Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Miesbach muss sich zusammen mit dem ehemaligen Landrat Jakob Kreidl (CSU) wegen Untreue verantworten, wie schon in einem ersten Prozess vor drei Jahren.

Damals waren Bromme zu 18 und Kreidl zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden, weil die Sparkasse unter ihrer Führung teure Feiern und luxuriöse Fahrten für Vorstände, Verwaltungsräte und Lokalpolitiker spendiert hat.

Der Bundesgerichtshof hat dieses Urteil zum größten Teil bestätigt, will aber noch etliche Geschenke an Vorstände, Verwaltungsräte und an Kreidl selbst sowie großzügige Spenden an Brommes Tiroler Jagdfreunde bestraft sehen. Die Staatsanwaltschaft hat aus all dem aufs Neue eine Strafforderung gebildet und verlangt für Bromme zweieinhalb Jahre Gefängnis, Kreidl solle ein Jahr und drei Monate auf Bewährung erhalten. Die jeweiligen Verteidiger forderten für Bromme eine Bewährungsstrafe, was nur unter zwei Jahren Haft möglich ist, und für Kreidl neun Monate auf Bewährung.

Einige Tage zuvor hatten Kreidl und Bromme sich ein weiteres Mal bei der Sparkasse entschuldigt und die Vorwürfe eingeräumt, Bromme hat außerdem 25 000 Euro Schadensausgleich gezahlt. Unabhängig von diesen Entschuldigungen sieht Bromme die Schuld für "die Zerstörung meiner beruflichen Lebensleistung" jedenfalls nicht allein bei sich selbst.

Die Geschenke seien jahrzehntelange Praxis gewesen

Er habe eine schon zuvor jahrzehntelang gepflegte Praxis fortgeführt, die Sparkasse selbst "erfolgreich und verantwortungsbewusst" geführt und am Ende unter dem jahrelangen Verfahren und der damit verbundenen öffentlichen Aufmerksamkeit persönlich sehr zu leiden gehabt. Kreidl hatte sich schon früher im Prozess ähnlich geäußert. Er habe versäumt, die lang gepflegte Praxis zu hinterfragen, aber niemals für sich persönlich irgend etwas erwartet oder gar gefordert.

Losgebrochen war die ganze Affäre 2014, als bekannt geworden war, dass eine fast 120 000 Euro teure Feier zu Kreidls 60. Geburtstag im Jahr 2012 zum größten Teil von der Sparkasse bezahlt worden war. Diese Geburtstagsfeier, an der damals einige Prominenz aus Politik, Kirche und auch der Justiz teilnahm, hatte schon im ersten Prozess bald keine Rolle mehr gespielt. Zur Debatte standen Vorwürfe für die Zeit ab 2009, alles andere wäre ohnehin verjährt gewesen. Die von den Ermittlern für 2009 bis 2013 angenommene Schadenssumme war im ersten Prozess von 1,25 Millionen auf 250 000 Euro zusammengeschnurrt.

Diese Summe ist nun noch einmal etwas kleiner geworden, da der BGH es als zulässig ansah, dass die Sparkasse für einige Entenessen nach Kreidls Landrätetreffen aufkam. Verhandelt wurde im neuerlichen Prozess daher nur noch über Spenden von einigen Tausend Euro an die Tiroler Jäger, die Bromme mit deren Mitwirkung an einem von der Sparkasse gesponserten Adlerschutzprojekt begründete, sowie noch einige kleinere Geschenke an Vorstände und Verwaltungsräte.

Es geht auch um eine versilberte Dose im Wert von rund 1800 Euro

Das teuerste davon, eine versilberte Dose im Wert von rund 1800 Euro, zierte zeitweise Kreidls Schreibtisch. Solche und auch andere Geschenke für drei- und zweistellige Euro-Beträge seien jahrzehntelang absolut üblich gewesen, und erst "heute in dieser Form nicht zulässig", wie auch Brommes Verteidiger betonten. "Die Zeiten haben sich geändert, die Einstellung in der Öffentlichkeit hat sich geändert."

Aus ihrer Sicht gehe es ohnehin nur noch "um die juristische Resterampe dieses Verfahrens". Überhaupt werde all das nur deswegen verhandelt, "weil es ein politisches Verfahren ist", in dem auf Kosten der Angeklagten "Pflöcke eingeschlagen" werden sollten. Der frühere Landtagsabgeordnete Kreidl war 2014 nach Bekanntwerden der Vorwürfe bei der Staatsregierung und der CSU-Parteispitze in Ungnade gefallen, die Affäre hatte ihn seine Wiederwahl als Landrat gekostet.

Kreidl hatte im Lauf des Prozesses mehrmals von "Fehlern, die ich sehr bedaure" gesprochen und sich zugleich über die jahrelange öffentliche Aufmerksamkeit für die ganze Affäre beklagt. Seine Beamtenpension als ehemaliger Landrat wurde dem inzwischen 69-Jährigen schon vor einer Weile vorläufig um 30 Prozent gekürzt, eine Strafe ab zwölf Monaten zöge einen völligen Verlust dieser Altersversorgung nach sich.

Ähnlich ist die Situation beim 73 Jahre alten Bromme, der etwaige Konsequenzen für seine Pension dann aber im Detail mit der Sparkasse aushandeln müsste. Das Gericht will sein Urteil an diesem Mittwoch sprechen.

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