Süddeutsche Zeitung

Memminger Fischertag:Geschlechterstreit im Fischertagsverein

Eine Rechtsanwältin verlangt, dass bei der Veranstaltung auch Frauen Forellen fangen dürfen - dabei sind die Regularien des Vereins klar.

Von Florian Fuchs, Memmingen

Eigentlich haben sie in Memmingen beim Fischertag eher Probleme mit Tierschützern. Die Aktivisten von Peta zum Beispiel finden es gar nicht lustig, dass einmal im Jahr bis zu 1500 Männer in den Stadtbach springen und nach altem Brauch die Forellen mit einem Kescher aus dem Wasser ziehen. Jüngst hat sich die Debatte allerdings etwas gedreht, es geht jetzt weniger um Tierschutz, als um Diskriminierung. Und zwar von Frauen, nicht von Forellen. Frauen sind nämlich per Satzung ausgeschlossen von dem Treiben, sie dürfen auch am Samstag, wenn der Fischertag wieder stattfindet, nicht ins Wasser. Eine Frau aus Memmingen hat deshalb über ihre Rechtsanwältin Klage eingereicht beim Amtsgericht. Für den Fischertagsverein kann der Streit unangenehme Folgen haben: Es geht um seine Gemeinnützigkeit und damit um viel Geld.

Zehntausende Zuschauer säumen am Fischertag Jahr für Jahr die Straßen am Stadtbach und schauen zu, wie sich eine Forelle nach der anderen in den Keschern verfängt. Jeweils im Herbst und im Frühjahr setzt der Verein die Fische im Stadtbach aus. Ziel der Teilnehmer an dem Spektakel ist es, Fischerkönig zu werden: Wer den größten Fang hat, wird für ein Jahr gekrönt. Den Rekord hält noch immer "Werner I." aus dem Jahre 1975, genannt "der Schwiegersohn": Seine Beute wog 4750 Gramm. Fischerkönig 2018 ist bis Samstag noch "Jürgen IV., der Waschbär", mit einem vergleichsweise bescheidenen Fang von 1780 Gramm.

Unter Paragraf 8 "Sonstige Rechte und Pflichten der Mitglieder" des Fischertagsvereins heißt es nun aber unter Absatz 3 unmissverständlich: "Zur Wahrung der jahrhundertealten Tradition" haben nur männliche Mitglieder des Vereins, die seit mindestens fünf Jahren in Memmingen wohnen, das Recht zum Ausfischen des Stadtbachs. "Die Frauen dürfen aber Kübel tragen", sagt Michaela Link. Sie dürfen also die Fische aus den Keschern der Männer in Empfang nehmen und in Kübeln verwahren. Link schiebt schnell hinterher: "Aber das dürfen Männer ja auch." Die Geschäftsführerin ist Angestellte des Fischertagsvereins, insofern ist ihr Geschlecht nicht hinderlich. Es ist für Frauen aber auch kein Problem, einfach Mitglied im Verein zu sein.

Was gefangen wird, wird verspeist

Nur eben beim Fischertag ins Wasser zu springen und die Forellen zu haschen, das dürfen Frauen nicht. Da gibt es auch keine große Diskussion innerhalb des Vereins. Es ist ja nicht so, dass die Klägerin gleich den Rechtsweg beschritten hätte. Im vergangen Jahr hatte sie zunächst den Antrag gestellt, die Satzung zu ändern, aber da ist sie nicht ansatzweise durchgedrungen. Der Verein beruft sich auf die Historie. Es sei halt früher so gewesen mit den Frauen, das wolle man heute realistisch nachbilden. Die Tradition des Fischertags lässt sich bis ins Jahr 1597 zurück verfolgen.

Wie der Verein bestätigt, zielt die Klage gegen die Gemeinnützigkeit. Wer gezielt Frauen ausschließe, verliert diesen Status und damit auch steuerliche Vergünstigungen, so argumentiert die Klägerin. Damit aber würde dem Verein ein Teil seiner Einnahmen wegbrechen. In der Geschäftsführung des Fischertagsvereins ist die Stimmung trotzdem locker, einen Gerichtstermin gibt es noch nicht. Am Freitag steht nun erst einmal der Start des diesjährigen Fests an, mit Fanfarenzug durch die Stadt und Bewirtung. Am Samstag um acht Uhr morgens geht es dann los: Was gefangen wird, wird verspeist.

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SZ vom 17.07.2019/lfr
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