Flughafen Memmingen:Ein Drehkreuz für Besuche bei Verwandten und Freunden

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Ryanair ist am Allgäu Airport fest verwurzelt wie auch die ungarische Billigfluglinie Wizzair. (Foto: Flughafen Memmingen)

Der Allgäu Airport verzeichnet einen Rekord nach dem anderen. Die Erfolgsrezepte heißen osteuropäische Ziele, großes Einzugsgebiet, ausgezeichnete Verkehrsanbindungen und konsequenter Ausbau.

Von Florian Fuchs, Memmingen

Natürlich steht da ein schwarzer Geländewagen mit dem Kennzeichen MN für Mindelheim. Auch ein roter Kombi aus dem Oberallgäu rollt gerade weg. Aber es fahren auch viele Autos von weiter her vor am Flughafen Memmingen, aus München, Stuttgart, Liechtenstein und natürlich St. Gallen - sogar ein Auto aus Rumänien ist dabei. Der Allgäu Airport verzeichnet gerade einen Rekord nach dem anderen, er baut aus, er baut um, und wer den Erfolg verstehen will, der muss sich nur eine Weile auf den Parkplatz stellen und zuschauen.

Die Landebahn haben sie Ende September von 30 auf 45 Meter erweitert, dieses Jahr wird unter anderem die Gepäckhalle ausgebaut. 1,72 Millionen Fluggäste verzeichnete der Flughafen nahe Memmingen im vergangenen Jahr, deutlich über der Prognose. Seit 2017 schreibt er schwarze Zahlen. "Wir waren in unruhiger See", sagt Geschäftsführer Ralf Schmid, "wir fahren jetzt in ruhigerem Wasser." Das liegt unter anderem am großen Einzugsgebiet, Passagiere kommen auch aus Österreich, der Schweiz und Liechtenstein. Es liegt aber auch daran, dass der Allgäu Airport eine Nische besetzt hat. Kein anderer Flughafen in Süddeutschland bietet so viele Ziele in Osteuropa an. Auch solche, die der durchschnittliche Westeuropäer eher selten auf dem Radar hat: Ohrid in Nordmazedonien, Suceava in Rumänien oder neu von März an Gjumri in Armenien.

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Es ist schon ungewöhnlich, dass ein kleiner Flughafen solche Erfolgszahlen herausgibt. Nürnberg etwa hat gerade große Probleme, dort rechnet man in diesem Jahr mit einem Rückgang von 600 000 Passagieren. Friedrichshafen am Bodensee ist ebenso gebeutelt, gerade haben sie dort mit Warnstreiks zu kämpfen, die Zahl der Passagiere ist 2019 um 9,4 Prozent auf 489 921 zurückgegangen. Hauptgrund ist die Insolvenz der Fluggesellschaft Germania. Im Gegensatz dazu ist der Allgäu Airport mit Stabilität gesegnet. Ryanair ist fest verwurzelt in Memmingen, die ungarische Fluglinie Wizzair hat enormen Erfolg mit ihren Zielen in Osteuropa. Natürlich ist auch Memmingen abhängig davon, wie es seinen Fluglinien geht. "Unsere Lage kann sich in zwei Jahren wieder drehen", sagt Schmid. Aber er wüsste schon ein paar Faktoren zu nennen, warum 2020 vielleicht sogar das Ziel von zwei Millionen Fluggästen im Jahr erreicht wird - und es durchaus langfristig so weitergeht mit der jüngsten Erfolgsgeschichte.

So hat der höchstgelegene Verkehrsflughafen Deutschlands mit 4,50 Euro die niedrigsten Flugsicherheitskosten in Deutschland. Mit der A 7 und der A 96 ist der Flughafen bestens ans Verkehrsnetz angeschlossen, das Allgäu ist nicht nur eine Sommerdestination, die Touristen kommen auch im Winter zum Skifahren. Überhaupt hat der Flughafen bei den sogenannten Incoming Passagieren einen Anteil von 40 Prozent. Es ist also nicht so, dass nur all die Allgäuer, Münchner, Schweizer und Österreicher von hier aus in den Urlaub fliegen. Es kommen auch viele Touristen. Und dann kommen nicht nur Touristen, der Flughafen ist auch ein kleines Drehkreuz für Besuche bei Verwandten und Freunden. Viele Osteuropäer arbeiten in Süddeutschland, sie fliegen von Memmingen aus schnell nach Hause - oder bekommen eben Besuch. "Wir sind breit aufgestellt", sagt Schmid.

Deshalb macht dem Flughafenchef die Diskussion um den Klimaschutz auch keine allzu großen Sorgen. So gut sich die Zahlen des Allgäu Airports lesen, die allgemeine Diskussion zum CO₂-Ausstoß im Flugverkehr ist auch im Allgäu präsent, nicht nur durch "Fridays for Future". Gerade kleine Flughäfen mit ihren Billiglinien fördern ja, so die Argumentation der Kritiker, unnötige Reisen, die das Klima belasten. Schmid kontert so etwas mit seinem auf Ökopapier gedrucktem Nachhaltigkeitsbericht, vor allem aber damit, dass die Klimadiskussion "ein Modethema" einer Jugend mit sehr hohem Lebensstandard sei. "Das berührt uns, aber es wirkt sich nicht wirklich aus." Die Jugend in Osteuropa etwa werde es sich nicht verbieten lassen zu fliegen. "Da geht es um Freizügigkeit und Selbstverwirklichung. Die sind hungrig danach."

Schmid hat aber gar nichts dagegen, wenn sich auch am Flughafen Memmingen das Wachstum in den nächsten Jahren verlangsamt. "Das ist gesünder, dann kann die Infrastruktur mitwachsen." Innerdeutsche Flüge würde er sich für seinen Flughafen wieder wünschen, aber da schadet ihm nun wirklich die Diskussion über das Fliegen. Im Klimapaket hat die Bundesregierung gerade eine Anhebung der Luftverkehrssteuer beschlossen - und die wirkt sich bei innerdeutschen Flügen besonders drastisch aus.

© SZ vom 24.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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