Von einem „Paukenschlag“ war in den vergangenen Tagen in Nürnberg zu lesen und von „Schock-Zahlen“. Der angestrebte Neubau des Max-Morlock-Stadions, hieß es, stehe „auf der Kippe“. Ausgangspunkt dieser aufgeregten Wortmeldungen war ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) zur Finanzierung einer runderneuerten Heimspielstätte des 1. FC Nürnberg, aus dem vergangene Woche die Bild zitierte: 100 Millionen Euro fehlten demnach. Und das einigermaßen überraschend.
Denn zuvor war ein anderes Gutachten der Beratungsfirma Csight im Auftrag der Stadt zu dem Schluss gekommen, zur Finanzierung reichten neben Krediten und Erlösen aus Ticketverkäufen, zu erwartenden Zuschüssen externer Investoren und womöglich des Freistaats jeweils 30 Millionen Euro von Verein und Stadt. Dem widersprachen die Fachleute von EY. Etwa zehn Millionen pro Jahr über eine Laufzeit von zehn Jahren fehlten demnach. Ein Umstand, dessen Bekanntwerden im Nürnberger Rathaus für einiges Erstaunen sorgte.

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Eben dort fanden am Mittwoch die Spitzen der Rathauskooperation aus CSU und SPD bei einer Pressekonferenz zusammen, um sich und die Zahlen zu erklären. Er finde es „schade, dass wir heute hier sind“, sagte Bürgermeister Christian Vogel (SPD) und zielte dabei auf diejenigen ab, die nicht da waren: die Vertreter des 1. FC Nürnberg. Niels Rossow, kaufmännischer Vorstand, und Stefan Heim, Finanzvorstand, hatten das Rathaus nach Gesprächen am Morgen verlassen. Heim war es auch gewesen, der sich in der Bild zu den neuen Zahlen eingelassen hatte. Normalerweise, sagte Vogel, würden Fakten geschaffen, dann gehe man an die Öffentlichkeit.
Diesmal war das andersherum und trotzdem schufen Vogel und Kollegen dann noch Fakten. Der Neubau stehe nicht auf der Kippe, „das wollen wir ganz offen heute zurückweisen“, sagte CSU-Fraktionschef Andreas Krieglstein. „Wir halten daran fest: Wir bauen ein Stadion“, sagte SPD-Chef Nasser Ahmed, zugleich sportpolitischer Sprecher seiner Fraktion.
Es geht also weiter, nur anders als angedacht. Eine neue Spielstätte mitsamt umfangreicher Mantelbebauung, etwa einem Hotel und einem Tagungszentrum nebenan, soll es angesichts der schlechteren Finanzlage beim „Club“ und der ebenfalls angespannten der Stadt, die weitere Großprojekte wie den Neubau der Oper finanzieren muss, doch nicht geben. „Stadion pur“, lautete deshalb die neue Sprachregelung der Anwesenden. „Wir müssen abspecken“, sagte Bürgermeister Vogel, neben den Einsparungen beim Stadionumfeld etwa bei einer nun nicht mehr zu bauenden Tiefgarage.
Der 1. FC Nürnberg war bei seiner Schätzung „vielleicht etwas überambitioniert“
Selbst mehr investieren als die anvisierten 30 Millionen Euro wollen CSU und SPD jedenfalls nicht. „Wir machen kein Fass ohne Boden auf, sondern wir ziehen einen Boden ein“, sagte SPD-Chef Ahmed und meinte damit einen Kostendeckel für das Projekt. Wo dieser liegt, gilt es noch zu klären. Zuletzt hatte die Stadt mit Gesamtkosten von mehr als 300 Millionen Euro kalkuliert, von dieser Summe müsse man „jetzt runter“, sagte Vogel.
Die Verantwortung für das plötzliche Finanzloch sah Stadtkämmerer Thorsten Brehm (SPD) beim 1. FC Nürnberg, der für die zweite Studie seine Prognose für Ticketerlöse um ein Viertel gesenkt und dadurch jährlich neun bis zehn Millionen Euro weniger „im System“ habe. „Sie waren vielleicht etwas überambitioniert in der ersten Schätzung“, sagte Brehm.
Auf die Kapazität des neuen Stadions soll die neue monetäre Lage derweil keinen Einfluss haben. Die Verantwortlichen aus Politik und Verein streben weiterhin Platz für 40 000 bis 50 000 Fans an. Wie viele es wirklich würden, müssten aber Stadionplaner sagen. Bis zum Sommer sollen sie mit weiteren Fachleuten aus Rathaus und „Club“ ein konkretes Stadion-Konzept erarbeiten.
Die Planungen für den Neubau laufen bereits seit Jahren. Das fast 100 Jahre alte Max-Morlock-Stadion ist baufällig, seine Instandhaltung kostet die Stadt als Eigentümerin jährlich Millionen. Außerdem gilt es ob der weiten Entfernung zwischen Tribünen und Spielfeld wegen einer Laufbahn nicht eben als fanfreundlich. Nach den Vorstellungen von Stadt und Verein soll die Laufbahn aus dem Stadion verschwinden. Außerdem soll es barrierefrei werden und über mehr VIP-Logen verfügen.