Maskenaffäre:CSU verschärft Transparenzregeln - Sauter gibt Ämter ab

CSU Fraktionssitzung

Es brauche "eine neue CSU", sagte Parteichef Markus Söder bei einer Pressekonferenz am Sonntag in München.

(Foto: dpa)

Es brauche "eine neue CSU", sagt Parteichef Söder bei einer Pressekonferenz - und stellt einen Zehn-Punkte-Plan vor. Zuvor war der Landtagsabgeordnete Sauter einem Rausschmiss zuvorgekommen, aus der Fraktion austreten will er aber nicht.

Von Andreas Glas und Klaus Ott

Es ist rasch vorbei mit der Ruhe, die man von einem Sonntag erwarten würde. Um 7.57 Uhr schickt die CSU eine Einladung zur Pressekonferenz. Parteichef Markus Söder werde sich "zu grundlegenden Konsequenzen aus dem Fehlverhalten einzelner Mandatsträger" äußern. Wer noch einen Beleg für die Nervosität in der Partei brauchte, hat ihn spätestens jetzt bekommen. Als Söder um 13 Uhr vor die Journalisten tritt, fordert er nicht weniger als eine "neue CSU".

Söder ist unter Druck geraten in der Korruptionsaffäre um die Beschaffung von Corona-Schutzmasken. Nun will er zeigen, dass er den Skandal mit Macht aufklärt. "Wir stehen als CSU vor einer zentralen Waggebelung", sagt er - ein Versprecher, der als Sinnbild taugt, dass etwas gehörig in Unordnung geraten ist in der CSU. "Es geht jetzt um die grundlegende Glaubwürdigkeit, Integrität und das Vertrauen in die gesamte Partei", man müsse "klar Schiff machen", sagt Söder. Und: "Für eine neue CSU braucht es neue Regeln und einen neuen Geist."

Die neuen Regeln hat die CSU in einen Zehn-Punkte-Plan gepackt. Demnach werden nun alle ihre Abgeordneten zu Nebentätigkeiten und Beteiligungen an Unternehmen befragt. Jeder müsse in einer Integritätserklärung versichern, "dass alle Regeln des Verhaltenskodex erfüllt worden sind", sagt Söder. Er meint den Kodex, den sich die CSU nach der Verwandtenaffäre 2013 gegeben hat. Die Erklärung müsse jeder abgeben, der für ein Parlament kandidiere - also auch die Bewerber für die Bundestagswahl. "Kein Kandidat kann von der CSU kommen, der nicht diese Erklärung künftig unterschrieben hat."

Laut Söder wird der Kodex nun ergänzt, damit CSU-Abgeordnete bei Verstößen härter bestraft werden können, bis hin zum Parteiausschluss. Die Integritätserklärung werde von einem Compliance-Ausschuss geprüft, der laut Söder in der kommenden Woche eingesetzt wird. Der Ausschuss soll künftig alle drei Monate tagen, den Kodex "weiterentwickeln und weiterschärfen". Man wolle Nebentätigkeiten der CSU-Abgeordneten "grundlegend begrenzen und einschränken, sagt Söder.

Neben der Pflicht zur Offenlegung aller Nebeneinkünfte, möglicher Gegenleistungen und Beteiligungen sieht die CSU ein Verbot für Nebentätigkeiten aller Abgeordneten in parlamentarischen Führungsfunktionen vor. Die Partei plant zudem ein Tätigkeitsverbot für bezahlte Interessenvertretung. "Es geht nicht anders, für die CSU steht eine Menge auf dem Spiel", sagt Söder. In der Vergangenheit hat seine CSU noch gebremst, als es um umfassende Transparenzpflichten, den Umgang mit Spenden oder die Einführung eines Lobbyregisters ging. Nun, im Angesicht der Affäre, fordert auch die CSU "eine tief greifende Reform" des Abgeordnetenrechts. Zudem müsse Bestechlichkeit bei Abgeordneten vom Vergehen zum Verbrechen hochgestuft werden, sagt Söder. Die Regeln aus dem Zehn-Punkte-Plan soll der Parteivorstand am Freitag beschließen.

Das Mandat müsse "der Haupt- und nicht der Nebenjob sein", sagt Söder. Man darf das als Replik werten auf den berüchtigten Satz des CSU-Landtagsabgeordneten und früheren Justizministers Alfred Sauter, der einmal sagte: "Selbstverständlich habe ich einen Nebenjob: Abgeordneter." Nun ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München gegen Sauter wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Ankauf von Masken durch den Staat - und mit den Korruptionsvorwürfen gegen den mittlerweile aus der CSU ausgetretenen Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein.

Am Sonntag, kurz vor Söders Aufritt, teilt Sauter mit, dass er seine Parteiämter niederlegt. Er kommt damit wohl einem Rauswurf zuvor. In der CSU hat bislang Sauter diverse Ämter inne: Seit 2014 gehört er Präsidium und Vorstand an, den höchsten Gremien der Partei. Auch leitet er die CSU-Finanzkommission. Seit 2003 ist er Vizechef des Bezirksverbands Schwaben, sein Amt als Günzburger CSU-Kreischef lässt er bereits seit vergangener Woche ruhen. Aus der Landtagsfraktion hingegen will Sauter nicht austreten - obwohl Fraktionschef Thomas Kreuzer dies verlangt hatte. Er werde seine Mitgliedschaft in der Fraktion ruhen lassen, damit Fraktion und Partei nicht "wegen der mir gemachten Vorwürfe in Misskredit gebracht werden kann", schreibt Sauter in einem Brief an Kreuzer. Den endgültigen Austritt lehnt er jedoch ab - und macht deutlich, dass ein Rauswurf für ihn "rechtswidrig" und "völlig unverhältnismäßig wäre", solange die Vorwürfe nicht geklärt seien. Auch einen Parteiaustritt hält Sauter offenbar weiterhin nicht für geboten.

Darüber ärgert sich CSU-Generalsekretär Markus Blume ganz offensichtlich. Die Parteiämter niederzulegen und die Fraktionsmitgliedschaft ruhen zu lassen, sei "ein erster Schritt", sagte Blume, "aus unserer Sicht reicht der aber tatsächlich noch nicht". Man werde nun weitere Schritte prüfen und beraten. Vergangene Woche hatte Blume indirekt mit einem Parteiausschlussverfahren gedroht. "Wir reden über eine neue CSU. Eine CSU, die transparent und konsequent ist", sagt auch er. Moralisches Fehlverhalten dürfe keinen Platz haben in der Partei.

Jene "maximale Transparenz", die Söder nun verspricht, hat bei Sauter gleich an mehreren Stellen gefehlt. Ohne die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft München wäre die Provision in Höhe von 1,2 Millionen Euro für Maskendeals nicht bekannt geworden. Auch Nüßlein sollte bei den mutmaßlichen Schmiergelddeals insgesamt 1,2 Millionen Euro bekommen - zunächst war nur eine Zahlung von 660 000 Euro bekannt. Bei den Ermittlungen gegen ihn hat sich inzwischen herausgestellt, dass noch ein Nachschlag von 540 000 Euro vorgesehen war. Die Bank in Liechtenstein, über die der Nachschlag überwiesen werden sollte, stoppte jedoch die Zahlung. Nüßleins Anwalt wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern. Nüßlein weist den Schmiergeldverdacht ebenso zurück wie Sauter.

Dessen Honorar ging an die Firma Pecom, die seinen Kindern gehört. Sauter, der selbst an den Maskendeals beteiligt war, hätte die 1,2 Millionen Euro im Landtag also nicht als Nebeneinkunft angeben müssen. Hinzu kommt: Dass die Firma Pecom seinen Kindern gehört, war öffentlich nicht bekannt, weil Sauters schwäbischer Parteifreund Manfred Krautkrämer dort als Treuhänder fungiert. Landläufig gibt es dafür einen Begriff: Strohmann. Und noch etwas kommt hinzu: Auch die 1,2 Millionen Euro für Sauter flossen über eine Bank in Liechtenstein und zusätzlich über eine auf der Karibik ansässige Firma zu Pecom. Ergebnis: maximale Intransparenz.

Zu weiteren Details des Verfahrens wollte sich Sauter am Sonntag nicht äußern. In dem Brief an Kreuzer schreibt er: "Es entspricht allgemeiner Übung, dass Beschuldigte sich während laufender staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen nicht öffentlich äußern."

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