Maskenaffäre:Wie die CSU Alfred Sauter loswerden will

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(Foto: Sven Hoppe/picture alliance / dpa)

Der schwäbische Bezirksvorstand berät über Konsequenzen, die Landtagsfraktion prüft einen Ausschluss - und der Mann, um den es geht, bleibt stur. Für zusätzliche Unruhe sorgt eine Erklärung des CSU-Landtagsabgeordneten Karl Straub.

Von Andreas Glas und Klaus Ott, München

Am Freitag, 15.52 Uhr, zündet Thomas Kreuzer die nächste Eskalationsstufe. "Wer sich in einer Pandemiesituation bereichert", teilt der CSU-Fraktionschef per Presseerklärung mit, der "kann nicht Mitglied unserer Fraktion bleiben". Kommende Woche werde die Landtagsfraktion darüber beraten, ihren Abgeordneten Alfred Sauter aus der Fraktion auszuschließen. Eine letzte Deadline setzt ihm Kreuzer aber doch noch. Bis Sonntag, Punkt 12 Uhr, habe Sauter die Chance, die Vorwürfe gegen ihn "plausibel und nachvollziehbar auszuräumen", heißt es in der Mitteilung.

Die CSU erhöht also den Druck auf Sauter, gegen den wegen Schmiergeldverdachts ermittelt wird. Bisher bewegt sich Sauter ja nicht. In Parteikreisen ist am Freitag zu hören, dass er fest entschlossen ist, sein Mandat zu behalten. Ob er seine Parteiämter aufgibt, will er am Wochenende entscheiden. Sauter gehört seit 2014 dem Präsidium und dem Vorstand der CSU an, den höchsten Parteigremien. Zudem ist er seit 2003 Vizechef des Bezirksverbands Schwaben. Auf Sauters Homepage ist noch ein weiteres Amt vermerkt, das nun unfreiwillig ironisch wirkt: Vorsitzender der CSU-Finanzkommission.

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Noch bleibt Sauter stur. Diese Sturheit ist der Partei vertraut. Im Jahr 1999, in der Affäre um Millionenverluste der halbstaatlichen Wohnbaugesellschaft LWS, feuerte der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber den damaligen Justizminister Sauter. Doch der wollte das nicht akzeptieren. "Schafscheiß", sagte er über die Gründe für seine Entlassung. Erst als der Landtag die Demission in einer Plenarsitzung bestätigen sollte, legte Sauter sein Amt nieder. Nun lässt er die CSU wieder zappeln - und ärgert damit die Parteispitze.

"Wer sich bereichert, wer Geschäfte mit der Krise macht", sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume, "der fliegt." Das war am Mittwoch. Inzwischen hat Sauter indirekt eingeräumt, dass er im Zusammenhang mit Maskengeschäften mit dem Staat nicht nur ein Anwaltshonorar bekam, sondern auch Provision. Insgesamt geht es um 1,2 Millionen Euro. Doch statt ein Parteiausschlussverfahren anzustoßen, wartet die CSU-Spitze um Parteichef Markus Söder offenbar ab, ob Sauter die CSU von sich aus verlässt - und belässt es bei der Forderung, dass Sauter seine Ämter in der Partei niederlegen soll. Der Rauswurf aus der Fraktion immerhin könnte nun schnell gehen.

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Die Opposition im Landtag kostet die Krise der CSU derweil aus. Bei den Grünen, sagt Fraktionschefin Katharina Schulze, gebe es Regeln, "und wenn jemand gegen Regeln verstößt, gibt es den nächsten Schritt". Die CSU schwinge dagegen nur "große Worte". SPD-Fraktionschef Horst Arnold sieht in der Maskenaffäre um Sauter und den inzwischen aus der CSU ausgetretenen Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein gar Anzeichen für "organisierte Kriminalität". Beiden weisen die Korruptionsvorwürfe zurück. Auch Arnold betont die Unschuldsvermutung, sagt aber: "Die CSU hat ein langjähriges und strukturelles Amigo-Problem, das sie einfach nicht in den Griff bekommt." Er verlangt, wie Schulze, eine rasche Aufklärung des Maskengeschäfts mit dem bayerischen Gesundheitsministerium, an dem Sauter und Nüßlein beteiligt waren.

Bei dem Geschäft hat das Ministerium mehr als 14 Millionen Euro für rund 3,5 Millionen Masken bezahlt. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat zwar versprochen, die Dinge "rückhaltlos" aufzuklären. Doch zu den Umständen, wie das Geschäft genau lief, ob und wer im Ministerium mit Sauter und Nüßlein Kontakt hatte, dazu gibt man sich wortkarg in Holetscheks Haus und verweist auf die Ermittlungen. "Wer von reinen Tisch machen spricht, aber gleichzeitig mauert ohne Ende, ist nicht glaubwürdig", sagt Katharina Schulze.

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Zumindest in seiner schwäbischen Heimat hat Alfred Sauter nun erste politische Konsequenzen gezogen. Er lässt sein Amt als Günzburger CSU-Kreischef ruhen. Das bestätigt sein Vize Georg Schwarz am Freitagmorgen auf Nachfrage. "Er hat uns gebeten, dass wir die Geschäfte so lange weiterführen, bis das Ganze geklärt ist", sagt Schwarz, der nun vorerst Sauters Aufgaben übernimmt. Sauter habe seine Entscheidung damit begründet, dass er den Günzburger CSU-Kreisverband "schadlos halten" wolle.

Auch gegen den Abgeordneten Straub wird ermittelt - wegen einer Autohaus-Pleite

In der kommenden Woche trifft sich der Parteivorstand, um grundsätzliche Konsequenzen aus den aktuellen Affären zu beraten. Für zusätzliche Unruhe sorgt am Freitagabend eine schriftliche Erklärung des CSU-Landtagsabgeordneten Karl Straub, der einräumt, dass auch gegen ihn ermittelt wird - wegen Steuerhinterziehung und Insolvenzverschleppung im Zusammenhang mit der Pleite seines Autohauses in Pfaffenhofen. Entsprechende Vorwürfe sind bereits seit zwei Jahren bekannt. Wegen eines aktuellen Medienberichts von Correctiv sah sich Straub offenbar gezwungen, sich zu den Anschuldigungen zu äußern. "Die gegen mich erhobenen Vorwürfe weise ich zurück", schreibt Straub. Er könne "jeden Interessenkonflikt ausschließen".

Bereits am Sonntag berät der CSU-Bezirksvorstand Schwaben über Ordnungsmaßnahmen gegen Sauter. Wird er seine Parteiämter niederlegen? Falls nicht, wird der Bezirksvorstand ihn wohl zwingen. Man werde über den Fall reden "und gegebenenfalls Schlussfolgerungen ziehen", lässt Bezirkschef Markus Ferber auf Nachfrage wissen. "Wir haben natürlich nicht nur eine rechtliche Bewertung vorzunehmen, sondern auch eine politische und eine ethische."

Möglicherweise bleibt Sauter also nur das Landtagsmandat, das er CSU-Kreisen zufolge unbedingt behalten will. Die Forderung der CSU, Sauter solle das Mandat ruhen lassen, dürfte ohnehin ins Leere gehen. In der Bayerischen Verfassung ist ein solcher Fall nicht vorgesehen. Dort heißt es in Artikel 19: "Die Mitgliedschaft beim Landtag während der Wahldauer geht verloren durch Verzicht, Ungültigkeitserklärung der Wahl, nachträgliche Änderung des Wahlergebnisses und Verlust der Wahlfähigkeit."

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