Die durch einen zurückgezogenen Baukredit insolvent gegangene Maro hat inzwischen aus allen Lagern im Landtag politischen Zuspruch erhalten: SPD, Grüne, CSU und Freie Wähler haben öffentlichkeitswirksam erklärt, wie wichtig der Fortbestand der Genossenschaft sei, die mit ihren Mehrgenerationenhäusern, unter anderem in Dietramszell, Wolfratshausen und Penzberg, wegweisende Modelle für das selbstbestimmte Wohnen anbiete und damit einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leiste. Im Landkreis München hat die Genossenschaft Häuser in Oberhaching, Unterhaching und Ottobrunn errichtet. Ob die Bekenntnisse allerdings helfen, die Maro vor der Auflösung zu retten, ist fraglich. Denn ihren Mitgliedern läuft die Zeit davon.
Die Genossen müssen schneller als von vielen gedacht viel Geld aus Eigenmitteln aufbringen: Damit überhaupt ein Insolvenzplan auf den Tisch kommt, müssen noch im August Zusagen für etwa fünf Millionen Euro vorliegen, die dann auf ein Treuhandkonto eingezahlt werden sollen. Sonst wird die Maro liquidiert. Bislang liegen Absichtserklärungen für den Erwerb neuer Anteile im Wert von knapp zwei Millionen vor. Macht also einen Rest von etwa drei Millionen Euro, den die Genossenschaft in wenigen Wochen aufbringen muss.
„An Maria Himmelfahrt sollen alle Absichtserklärungen abgegeben sein“
Erklärt wird das in einem Rundbrief der Maro, der in der dritten Juli-Woche an die Mitglieder ging. „Um in der Abschlussrunde am Verhandlungstisch bestehen zu können, muss die Maro jetzt rund 5 Millionen Euro einsammeln“, erklärt Inge Schmidt-Winkler vom Vorstand der Genossenschaft in dem Anschreiben. „Nur damit können wir die Abwicklung der Maro erfolgreich verhindern.“ Das neunseitige Rundschreiben erläutert die Schritte der am 28. Mai eröffneten Regelinsolvenz. Insolvenzverwalter Ivo-Meinert Willrodt von der Münchner Kanzlei Pluta habe den gesetzlichen Auftrag, die Forderungen der Gläubiger – Banken, Handwerker und Dienstleister – „gegen die Maro möglichst umfassend zu gewährleisten“. Gleichzeitig versuche er, die Genossenschaft zu retten. „Es wird eine Tabelle mit allen geprüften Forderungen angelegt und schließlich der Insolvenzplan erstellt“, heißt es in dem Rundbrief. „An Maria Himmelfahrt am 15. August sollen alle Absichtserklärungen abgegeben sein.“
Insolvenzverwalter Willrodt erklärt auf Anfrage, der Beitrag der Maro-Mitglieder müsse „laut insolvenzrechtlicher Regelungen in Summe für die Insolvenzgläubiger wirtschaftlich zu einem besseren Ergebnis führen als ein zugrunde gelegtes Liquidationsszenario“. Dafür seien vier bis fünf Millionen Euro nötig, derzeit seien Absichtserklärungen in Höhe von rund 1,8 Millionen Euro vorhanden. „Der Zeitplan ist bindend“, erklärt Willrodt. „Die benötigten Gelder werden ab September eingesammelt, damit diese zur Rettung bei Einreichung des Insolvenzplans bei Gericht im Herbst zur Verfügung stehen.“
„Wir leeren unsere Sparschweine“
Die knappe Frist, über die der Rundbrief sie informierte, traf viele Maro-Mitglieder wie ein Schock. „Wie aber sollen wir das schaffen, in so kurzer Zeit? Noch dazu kurz vor den Sommerferien, wo viele wichtige Ansprechpartner in Urlaub gehen?“, fragen die Genossen in einem Schreiben an die Presse. „Wir versuchen jetzt, aus eigener Kraft und sehr schnell fünf Millionen Euro auf den Tisch zu legen“, erklärt Gertrud Banholzer, die in Seefeld in einem Maro-Haus lebt, in der Mitteilung. „Wir leeren unsere Sparschweine, Bekannte und Freunde helfen, vermögendere Mitglieder zahlen für weniger vermögende mit. Doch ob wir so die geforderte Summe schaffen, steht in den Sternen. Zu viel Geld in zu wenig Zeit.“
Dass derlei Eile geboten ist, war wohl auch nicht allen politisch Verantwortlichen bewusst. Noch am vergangenen Montag hatte der Fraktionschef der Freien Wähler im Landtag und Stimmkreisabgeordnete Florian Streibl das Mehrgenerationenhaus der Maro in Wolfratshausen besucht und den Bewohnern erklärt, dass seine Fraktion für eine Rettung der Genossenschaft eintrete. In einem gemeinsam mit der CSU im Landtag eingereichten Dringlichkeitsantrag begrüße man den Einsatz der Staatsregierung für den Fortbestand der Maro ausdrücklich und fordere einen Bericht über die Aktivitäten. Mit diesem rechne man im Herbst, bis Jahresende könne man dann hoffentlich eine Lösung zur Rettung der Maro finden, berichtete Streibl. Auf den Einwand einer Bewohnerin, dass es dann eventuell zu spät sei, entgegnete er nur, dass er da „noch mal nachfragen“ müsse.
„Die Staatsregierung macht es hier sich zu einfach“
Die Grünen-Fraktion im Landtag hatte ebenfalls einen Dringlichkeitsantrag gestellt, in dem die Staatsregierung aufgefordert wird, „umgehend alle staatlichen Hilfsmöglichkeiten zu prüfen und offenzulegen“, mit denen die Maro erhalten werden könne, „sei es über die LfA Förderbank oder andere staatliche Institutionen und Instrumente“. Beide Anträge landeten zunächst auf der Tagesordnung der Plenumssitzung des Landtags am 18. Juli. Da sie aber jeweils die zweiten Dringlichkeitsanträge ihrer Fraktionen waren, wurden sie, wie in solchen Fällen üblich, in den zuständigen Ausschuss verwiesen. Und der tagt erst wieder nach der Sommerpause im September.
Die Landtagsabgeordnete der Grünen Claudia Köhler erklärt, ihre Fraktion habe den Antrag eingebracht, um die Staatsregierung in die Pflicht zu nehmen. Diese müsse jetzt dringend handeln und das könne sie auch in der Sitzungspause tun, so die Abgeordnete aus Unterhaching. Dass die rechtlichen Möglichkeiten zur Rettung der Maro durch den Staat begrenzt seien, wie es der Kochler CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Holz erklärt hatte, „stimmt definitiv nicht“, so Köhler. „Die Staatsregierung macht es sich hier zu einfach.“ Selbstverständlich könne schnelle Hilfe durch staatliche Institutionen, Bürgschaften, Kredite oder andere Instrumente möglich gemacht werden. Es handle sich um eine Überbrückungshilfe im einstelligen Millionenbereich, sagt die Unterhachingerin. „Die Staatsregierung kann was tun. Der Baywa hilft sie ja auch.“ In der Untätigkeit sieht sie eher ein Indiz für den niedrigen Stellenwert, dem man dem Thema beimesse. „Herr Söder und die Fraktionen von CSU und Freien Wählern werden nicht aktiv, weil bezahlbarer Wohnraum für sie keine Priorität hat. Schon vor Monaten hätte das Bauministerium sämtliche Möglichkeiten ausloten können und müssen!“
Die „Maro 2.0“ soll schuldenfrei, aber ohne Rücklagen starten
Die Maro-Mitglieder suchen nun auch nach neuen Unterstützern, die etwas zum Erhalt der Genossenschaft beitragen wollen. Auf der Website www.maro-retten.de erklären sie, wie das möglich ist. So kann man Anlegeranteile mit Dividendenanspruch à 500 Euro erwerben, Stiftungen und Vereine können auch vergünstigte Darlehen von mindestens 100 000 Euro zur Verfügung stellen. „Politik, Parteien und gleichartige Institutionen“ dürften die Maro grundsätzlich „nicht durch finanzielle Mittel direkt unterstützen“, heißt es von der Insolvenzverwaltung. Dabei würde es sich um „unzulässige Beihilfen“ handeln. „Dennoch ist politische Unterstützung wichtig, um die Notwendigkeit der Rettung zu betonen, da ein gesamtgesellschaftliches Interesse am Erhalt dieser sozial geprägten Wohnformen besteht“, erklärt Insolvenzverwalter Willrodt. Er begrüße daher jede Unterstützung und sei zuversichtlich, dass „gemeinsam eine Lösung erreicht werden kann“.
Laut Angaben der Maro hat die Genossenschaft insgesamt circa 2100 Mitglieder. Etwa 300 davon sind Mieter in einem der 18 Objekte, die bislang realisiert wurden. Drei angefangene Bauprojekte, in Andechs und Wielenbach, sowie das in Landsham im Landkreis Ebersberg, das mit dem geplatzten Kredit die Pleite ausgelöst hat, liegen derzeit wegen der Insolvenz auf Eis. Sollte das nötige Eigenkapital akquiriert werden und aus dem Insolvenzverfahren die angestrebte „Maro 2.0“ hervorgehen, sollen sie fertiggestellt werden. Die Genossenschaft, so der Plan, starte dann schuldenfrei neu, Rücklagen müssten indes über Jahre wieder aufgebaut werden. „Wichtig ist, dass die Mitglieder langfristig zur Maro 2.0 stehen“, heißt es deswegen in dem Rundschreiben. „Würden bei der ersten Gelegenheit Anteile der Maro 2.0 in großem Stil gekündigt, so wären alle Bemühungen der vergangenen Wochen und Monate umsonst.“