Unter Bayern:Kleider machen Politiker

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Schlecht sitzende Anzüge, Stopselhut, Pilotenjacke: Was Klamotten über ihre Träger aussagen.

Von Katja Auer

Die Kabarettistin Luise Kinseher hat jüngst wieder einmal bedauert, dass aus Markus Söder doch kein Kanzlerkandidat geworden ist, denn dann hätte er sich vielleicht einen fähigen Anzugschneider zugelegt. Tatsächlich fällt Bayerns Ministerpräsident nicht ob der grandiosen Passform seiner Klamotten auf, dass dies aber anderen auffällt, muss er sich in seiner Position wohl gefallen lassen.

Günther Beckstein kann sich dessen mutmaßlich gut erinnern, seine steingrauen Anzüge hatten in all den Jahren als Innenminister niemanden interessiert, doch als er Ministerpräsident wurde, war es auf einmal Thema, ob der Mann nicht besser Maßkonfektion tragen sollte. Und tatsächlich saßen die Anzüge dann besser, was auf seine Amtszeit keinen wesentlichen Einfluss haben sollte.

Früher war es einfacher, da waren die mit den schmalen Krawatten (ja, alles schon mal da gewesen) von der FDP, die Grünen trugen selbstgestrickte Pullover und die CSU-Politiker gerne Trachtenjanker. So typisch war das, dass das vom früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber bevorzugte Modell einen eigenen Modebegriff geprägt hat. Der leichte Sommerstoiber, die helle Ausführung der Trachtenjoppe nicht aus Loden, sondern aus Leinen oder Baumwolle, ist seither anerkannte Berufsbekleidung für Abgeordnete, Wellnesshotel-Betreiber und Oberkellner.

Freilich ist die politische Mimikry längst fortgeschritten, alleine am Outfit lässt sich die Parteizugehörigkeit nicht mehr erkennen. Zumal sich die politische Arbeit nicht mehr in nur einem Janker erledigen lässt. Es braucht inzwischen ein angemessenes Kostüm für den Frankenfasching, um Humor und Selbstironie zu demonstrieren. Für Heimatverbundenheit steht der Stopselhut, der bei den Gebirgsschützen aufzusetzen ist, ebenso der lange Mantel des Wanderschäfers beim Lamm-Abtrieb im Altmühltal.

Ein Fußballtrikot zeigt sportliches Interesse und wenn Innenminister Joachim Herrmann, zugleich Oberstleutnant der Reserve, im Flecktarn an einer Wehrübung teilnimmt, dann suggeriert das maximales Sicherheitsgefühl. Jetzt muss nur noch geklärt werden, wofür Söders Pilotenjacke steht, mit der er kürzlich mit gerecktem Daumen im Eurofighter posierte. Dass er - ganz wie Tom Cruise in "Top Gun" - weder Tod noch Teufel fürchtet? Ja nicht einmal den Spott der Kollegen? Dass er ein Überflieger ist? Oder war es einfach zu kalt für den Sommerstoiber? Wir bleiben da dran.

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