Süddeutsche Zeitung

CSU-Parteitag:In der CSU gibt es noch immer große Vorbehalte gegen Markus Söder

87,4 Prozent ist ein maues Ergebnis für einen Vorsitzenden, der die CSU zu alter Stärke führen soll. Söder muss nun beweisen, dass er Stimmungen nicht mehr ziellos hinterherläuft.

Kommentar von Sebastian Beck

87,4 Prozent - für einen neuen CSU-Vorsitzenden, der die Partei wieder zu alter Stärke führen soll, ist das Wahlergebnis eher mau ausgefallen. Es war weder Stimmungskiller noch Aufbruchssignal. Man könnte auch sagen: 90 plus X hat Markus Söder derzeit ebenso wenig verdient wie die CSU 40 plus X in Bayern. Söder konnte seine Enttäuschung nur schwer verbergen: "Wir wählen wieder im Oktober, dann werden wir uns weiterentwickeln", sagte er in den matten Applaus der Delegierten hinein.

In der CSU gibt es eben immer noch große Vorbehalte gegen ihn, auch bei jenen, die mangels Alternative für ihn gestimmt haben. Sie wissen nur zu genau, dass der neue Parteichef zu den Verantwortlichen der Niederlage bei der Landtagswahl im Oktober gehört. Seitdem hat sich Söder abermals politisch gehäutet. Im Juni hatte er noch vom Ende des geordneten Multilateralismus geredet und getönt: "Wir müssen auch an die einheimische Bevölkerung denken und nicht nur immer an ganz Europa." In der Kleinen Olympiahalle dagegen klang Söder am Samstag, als sei nicht Manfred Weber, sondern er selbst der Spitzenkandidat der CSU für die Europawahl: "Wir sind die proeuropäische Partei und wollen dies auch klar sagen und zeigen."

Kann man ihm das abnehmen oder ist das wieder nur der alte Söder, der auf Opportunismus als politische Hauptstrategie setzt? Den Beweis dafür, dass er Stimmungen nicht dauernd ziellos hinterher läuft, muss der neue CSU-Chef noch antreten. Er übernimmt eine Partei, die in den vergangenen Jahren intellektuell und politisch verödet ist: Gerade die liberalen Vertreter der Kirchen und Umweltpolitiker haben der denkfaulen CSU den Rücken gekehrt. Ihr Führungspersonal stürzte sich stattdessen mit manischer Besessenheit in die Flüchtlingsdebatte und phantasierte vom konservativen Aufbruch. Dem Anspruch einer fortschrittlichen Volkspartei wird das nicht gerecht.

Eine Rede aus dem Satzbaukasten

Das scheint Söder inzwischen kapiert zu haben. In seiner Rede gab es sich deshalb gleichermaßen moderat wie demütig: "Die bayerischen Wählerinnen und Wähler haben uns eine zweite Chance gegeben, wir sollten sie nachhaltig nutzen", sagte er. Das Problem dabei ist nur, dass er das schon seit der Wahlniederlage im Oktober dauernd wiederholt. Seine Rede vor dem Parteitag wirkte deshalb ein bisschen wie aus dem Satzbaukasten, bundespolitische und internationale Themen kamen darin so gut wie überhaupt nicht vor.

Am Ende bleibt die Frage, ob ausgerechnet der Landespolitiker Söder der geeignete Politiker ist, um der verunsicherten CSU wieder eine Vision und eine Richtung zu geben. In München stahl ihm Manfred Weber mit seinem sympathischen Plädoyer für Europa schon mal die Show. Das könnte Söder in den nächsten Jahren noch öfter passieren.

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