Markenstreit vor dem EuGH:Wem gehört "Neuschwanstein"?

Restaurierte Marienbrücke

Schloss Neuschwanstein ist einer der Besuchsmagneten in Bayern. Von dem Geschäft mit den Touristen will nicht nur der Freistaat profitieren.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Über diese Frage entscheidet nun der Europäische Gerichtshof. Es geht um viel Geld.

Von Wolfgang Janisch

Klar, als Geschäftsführer eines Bundesverbandes mit dem schönen Namen "Souvenir Geschenke Ehrenpreise e.V." sieht man sich schnell dem Verdacht ausgesetzt, bei so einer Klage gehe es allein ums Geld. Deswegen betont Klaus Derbe ausdrücklich: "Es geht ums Prinzip."

Seit zehn Jahren liegt sein Verband mit dem Freistaat Bayern im Clinch, wegen nichts Geringerem als Neuschwanstein. Bayern hat dieses Juwel unter seinen Schlössern als Marke eintragen lassen, zuerst 2005 in Deutschland und dann, im Jahr 2011 beim Europäischen Markenamt. Versteht sich, dass auch Bayern hier ans Grundsätzliche denkt, "weil unser Kulturgut als solches geschützt werden soll", sagt eine Sprecherin des für die Schlösser zuständigen Finanzministeriums.

Am Mittwoch geht es in die entscheidende Runde. Der Europäische Gerichtshof verhandelt über die Markenklage. Sollte der Gerichtshof sich dem EU-Gerichtsurteil erster Instanz anschließen, dann hätte Bayern doch noch gewonnen. Das Gericht hatte nämlich vergangenes Jahr den Markenschutz für "Neuschwanstein" bejaht, und zwar für eine lange Liste von Warengruppen, von Schmuck über Porzellan und Bekleidung bis zu Regenschirmen und Brettspielen.

Das kam damals etwas überraschend, weil der Bundesgerichthof fünf Jahre zuvor noch andersherum entschieden hatte. Neuschwanstein tauge nicht als Markenwort für Reiseandenken, weil es nun mal als Sehenswürdigkeit bekannt sei und nicht als Produktkennzeichen.

Nun räumt Klaus Derbe natürlich freimütig ein, dass seine Verbandsmitglieder schon auch aufs Geschäft aus sind. Die Bierkrüge mit dem Relief von Neuschwanstein zum Beispiel: "Amerikaner sind ganz scharf drauf." Auch das Bayerische Finanzministerium dementiert nicht, dass - wenn schon mit dem von Ludwig II. erdachten Schloss Geschäfte gemacht würden - man diese ungern andern überlassen möchte. Zumal der Freistaat für die immensen Unterhaltskosten des Schlosses einstehe. So sind auch im offiziellen Shop T-Shirts, Kaffeebecher und Kugelschreiber mit dem Schloss verziert, zum Schutze des Kulturguts, wenn man so will. Bayern sei der Hüter des Schatzes der Wittelsbacher, sagt das Ministerium.

Die grundsätzliche Frage hinter dem Streit ist aber schon: Wer darf sich via Markenschutz das Geschäft mit einer weithin bekannten Sehenswürdigkeit reservieren? Das Metropolitankapitel Köln hatte vor Jahren beantragt, eine Grafik der Front des Kölner Doms als Marke eintragen zu lassen. Das Bundespatentgericht entschied zwar, dass das mit dem Wahrzeichen einer Stadt nicht möglich sei. Aber ein klein wenig Schutz gewährte es dennoch. Eine grafisch stilisierte Darstellung des Doms sei durchaus schützenswert. Es gebe keinen Grundsatz, dass man Kulturgüter nicht als Marke benutzen dürfe. Auch um das Ulmer Münster gab es schon einmal einen Markenstreit, geklagt hatte ein Bierbrauer. Und beim Thema Kulturgut nicht zu vergessen: Auch die Stadt München möchte gern das Oktoberfest europaweit als Marke schützen lassen.

Ein Urteil ist erst in einigen Monaten zu erwarten. Es könnte in der Tat wichtige Grundsätze enthalten. Zum Thema Kultur und Kommerz.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: