Mariä Himmelfahrt und der Zensus:Bayerische Gemeinden fürchten um Feiertag

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Laut Zensus leben in Bayern nicht so viele Katholiken wie angenommen. Deswegen müssen manche Gemeinden um einen Feiertag fürchten - Mariä Himmelfahrt ist nämlich nur dort arbeitsfrei, wo die Katholiken in der Überzahl sind. Wo genau der freie Tag entfallen könnte, bleibt vorerst ein Geheimnis.

Von Anna Fischhaber

Der Zensus hielt viele Überraschungen bereit: In Hamburg etwa leben 4,6 Prozent weniger Einwohner als bisher angenommen, deshalb muss der Stadtstaat künftig pro Jahr etwa 70 Millionen Euro mehr in den Länderfinanzausgleich einzahlen. Auch Nürnberg ist kleiner als gedacht und könnte Geld verlieren. In anderen bayerischen Gemeinden ist die Aufregung aus einem anderen Grund groß: Dort müssen die Bürger um einen Feiertag bangen.

In Deutschland wird der Freistaat gerne um seine zahlreichen arbeitsfreien Tage beneidet. Grund dafür sind die vielen Katholiken, die es in Bayern gibt. Oder besser gesagt: gab. Der Zensus 2011 hat nun ergeben, dass die Zahl der Katholiken gegenüber der letzten Volkszählung 1987 um etwa 12,5 Prozent geschrumpft ist. Und das hat auch Auswirkungen auf die Feiertage. Mariä Himmelfahrt am 15. August ist in Gefahr - also ausgerechnet jener Feiertag zu Ehren der bayerischen Schutzpatronin Maria.

Mariä Himmelfahrt ist laut Feiertagsgesetz nur arbeitsfrei, wenn in einer Gemeinde mehr Katholiken als Protestanten leben. Wobei die Mehrheit nicht entscheidend ist - andere Religionen oder die Zahl der Atheisten spielen nämlich bei der Zählung keine Rolle. "Auch wenn in einer Gemeinde 97 Muslime, zwei Katholiken und ein Protestant leben würden, gäbe es Mariä Himmelfahrt", erläutert Gunnar Loibl, Sprecher des Bayerischen Landesamtes für Statistik.

In 1700 von 2056 bayerischen Gemeinden - etwa in ganz Ober- und Niederbayern - waren bislang die Katholiken in der Überzahl. Folglich feiern sie Mariä Himmelfahrt. Auch in den meisten oberpfälzischen, schwäbischen und unterfränkischen Gemeinden bleiben die Geschäfte am 15. August geschlossen. In 356 vor allem mittel- und oberfränkischen Gemeinden, darunter Nürnberg, Erlangen oder Bayreuth, wird dagegen gearbeitet.

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:Angezählt - die Zensus-Ergebnisse

Wieviele Menschen leben in welchem Bundesland? Welche Bevölkerungsentwicklung wird bis 2030 erwartet? Und welchen Einfluss haben die Ergebnisse des Zensus auf den Länderfinanzausgleich? Die Daten in der interaktiven Übersicht.

In Warmensteinach bei Bayreuth war das Ergebnis bei der Volkszählung 1987 besonders knapp: Dort lebten damals nur 22 Protestanten mehr als Katholiken - es musste also gearbeitet werden. Es könnte sein, dass im kommenden Jahr zehn weitere Gemeinden auf den Feiertag verzichten müssen.

Ein Trost bleibt Katholiken

Waren bei der Volkszählung 1987 noch 67,2 Prozent der Bayern Katholiken, sind es laut Zensus 2011 nur noch 54,8 Prozent. Auch die Protestanten sind weniger geworden - die Zahl schrumpfte von 23,9 auf 20,7 Prozent im Freistaat. Sprunghaft gewachsen ist dagegen die Gruppe, die keiner oder einer anderen Religion angehört: Waren es 1987 noch 8,9 Prozent (970.000 Menschen) sind es inzwischen 24,4 Prozent und damit knapp drei Millionen.

Dass fast ein Viertel der Bevölkerung bei der Feiertagsfrage keine Rolle spielt: Ob das noch zeitgemäß ist? "Wir zählen nur", heißt es dazu beim Bayerischen Landesamt für Statistik. Alles andere sei eine politische Frage.

"2013 bleibt sowieso erst einmal alles wie gehabt", sagt Loibl. Bislang beruhen die veröffentlichten Ergebnisse des Zensus 2011 nur auf vorläufigen Zahlen. Bis Anfang 2014 sollen diese mit den Melderegistern verglichen werden - und dann neue Zahlen veröffentlicht werden.

In welchen Gemeinden womöglich der Feiertag wegfällt, will man beim Landesamt für Statistik noch nicht verraten - nur, dass viele davon im Raum Mittel- und Oberfranken liegen. "Da geht es manchmal um eine Familie hin oder her, da kann sich noch viel ändern. Deshalb haben wir die betroffenen Gemeinden noch gar nicht informiert", sagt Loibl.

Ein Trost bleibt den Katholiken, in deren Gemeinde Mariä Himmelfahrt bald kein Feiertag mehr sein könnte: Laut Gesetz haben sie das Recht, an diesem Tag von der Arbeit fernzubleiben. Allerdings müssen sie dafür Urlaub nehmen.

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