Brauchtum in Bayern:Mariä Himmelfahrt - der große Frauentag der Katholiken

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Zum Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel werden traditionell in den katholischen Kirchen die Kräuterweihen begangen. (Foto: Andreas Gebert/picture alliance/dpa)

Kräuterbuschen, Prozessionen, Wundereier – was es mit dem Feiertag Mariä Himmelfahrt am 15. August in Bayern auf sich hat.

Von Hans Kratzer

Im irdischen Jammertal bedarf es manchmal eines Trostes und einer Ablenkung, die heute viele Menschen zum Beispiel bei den Heimspielen des FC Bayern suchen. Früher, als der Fußball noch keine Religion war, war vor allem die Gottesmutter Maria für Tröstungen aller Art zuständig. Welch eine herausragende Tradition die Marienverehrung in Bayern hat, zeigen allein schon die zahllosen Wallfahrtsorte und Kirchen, die unter dem Patronat der Gottesmutter stehen, ganz abgesehen von all den Ortsnamen, die ihren Namen tragen (Maria Thalheim, Maria Steinbach, Mariaposching).

Der höchste Marienfeiertag im Jahreslauf ist das am 15. August gefeierte Fest Mariä Himmelfahrt. An diesem Tag begehen folgerichtig zahlreiche Kirchen ihr Patrozinium. Zum Beispiel die berühmte Zisterzienserkirche „Mariä Himmelfahrt“ der Brüder Asam in Aldersbach, die gewiss zu den schönsten Marienkirchen Bayerns zählt. Abgesehen davon sind Barock, Bier und Braukunst in Aldersbach aufs Trefflichste vereint. Ein Kuriosum ist auch die Kirche Mariä Himmelfahrt im niederbayerischen Sammarei. Wo gibt es das sonst noch, dass quasi zwei Kirchen in einer stecken? In Sammarei wurde die 1631 vollendete frühbarocke Kirche Mariä Himmelfahrt einfach über die ursprüngliche Holzkirche drübergebaut.

Das ehemalige Zisterzienserkloster in Aldersbach mit seiner berühmten Kirche. (Foto: Armin Weigel/dpa)

In Bayern ist das Fest Mariä Himmelfahrt auch unter der Bezeichnung Großer Frauentag bekannt. Als Kleiner Frauentag gilt das Fest Mariä Geburt am 8. September. Am Großen Frauentag beginnt ein Zyklus, der den seltsamen Namen „Frauendreißiger“ trägt. Das Rätsel ist aber leicht aufzulösen. Der Frauendreißiger dauert 30 Tage und endet am Fest Mariä Namen (12. September).

Für Sprachinteressierte ist erwähnenswert: Frauentag und Frauendreißiger sind nicht als Plural zu verstehen, sondern es handelt sich um einen alten Genitiv („einer Frauen“), wie der Dialektologe Ludwig Zehetner weiß. Der Münchner Dom heißt genau deshalb Frauenkirche („unserer lieben Frauen Kirche“). Im Übrigen waren die Eier, die die Hühner in diesem Zeitraum gelegt haben, sehr begehrt. Sie hießen Frauendreißigereier und standen im Ruf, besonders haltbar zu sein.

Nach einem wechselhaften Sommer mit heißen Temperaturen werden die Nächte nun langsam kühler. Um Mariä Himmelfahrt herum schwindet die Kraft des Hochsommers spürbar, es beginnt der Spätsommer, der auch die Zeit der großen Volksfeste einläutet, deren Zelte üppig dekoriert sind. Dieser Zierrat wiederum erinnert an die Kräuterbuschen und die Kräuter- oder Büschlweihe, die am Fest Mariä Himmelfahrt zelebriert wird. Das hat eine lange Tradition. Schon aus dem 10. Jahrhundert sind Segensformeln für Kräuter bekannt. In diesen Tagen soll ein besonderer Segen auf Wurzeln und Kräutern liegen.

Die Beschäftigung mit geweihten Büscheln ist eine Wissenschaft für sich. Häufig bildet eine Königskerze das Zentrum des Büschels. Die meisten Kräuter, die um die Mitte herumdrapiert werden, stammen aus dem klassischen Bauerngarten, der früher oft von italienischen Klostergärten inspiriert war. Vor allem heilkräftige Kräuter fanden sich in den Buschen, etwa Wermut, Kamille, Schafgarbe, Tausendgüldenkraut, Johanniskraut, Pfefferminze, Holunder und Haselzweige. Auch Getreide durfte nicht fehlen, also Hafer-, Roggen-, Gersten- und Weizenähren.

Kräuterweihe zu Mariä Himmelfahrt
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Miriam Crämer ist Kräuterexpertin. Sie weiß, wo man Johanniskraut, Schafgarbe, Beifuß und Rainfarn findet und wofür sie gut sein können. Einst hat man die Kräuter schweigend oder nur bei Mondschein gesammelt. Ihr ist vor allem wichtig, die Pflanzen mit Respekt zu behandeln.

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Nach der Weihe wurde und wird der Kräuterbuschen zum Trocknen aufgehängt, er soll schließlich ein ganzes Jahr herhalten und Mensch und Vieh vor Unbill schützen. Farbenpracht und schwerer Geruch zeichnen einen Kräuterbuschen besonders aus. War ein Vieh krank, mischte man früher Teile des Büschels ins Futter. Stand ein Gewitter am Horizont, warf die Bäuerin ein geweihtes Kräutlein in das Herdfeuer, um Haus und Hof vor Blitz und Hagelschlag zu schützen. Das Ziel lautete in einem Dreisatz: Wachstum fördern, Krankheit abwehren, Geister vertreiben.

Die Pflanzen wurden vor allem wegen ihrer Nützlichkeit gepflegt. Eine besondere Beachtung fand das Schmeckerl, also die stark duftende Eberraute, die in das Mieder gesteckt wurde. Das Wissen um die Heilkraft der Kräuter war in Zeiten ohne Arzt und Apotheke überlebenswichtig. Deshalb hat auch der Hauswurz nirgends gefehlt, das Wunderkraut, wie es im Chiemgau hieß. Den Saft hat man mit Schweinefett verrieben, und schon hatte man eine Salbe gegen alle möglichen Gebrechen.

„Jessasmaria!“

Die heilige Maria wurde aber nicht nur in Notzeiten angefleht, ihr Name wird heute noch in Momenten der Verwunderung oder gar des Unglücks ausgerufen. „Heilige Maria“, ruft der Betroffene in solchen Fällen, wobei er das Adjektiv stark betont und in die Länge zieht: „Heiiiilige Maria“. Noch beliebter ist die Verbindung mit dem Namen ihres Sohnes Jesus: „Jessasmaria“. Hier legt der Sprecher das Gewicht vor allem auf das Jessas, wenn er sein Erschrecken zum Ausdruck bringt: „Jessasmaria, jetzt wird’s schon wieder Herbst.“

Aus emanzipatorischer Sicht ist die Stellung Marias ebenfalls interessant. Ihre besondere Position in der Glaubenslehre wurde erstmals beim Konzil von Ephesos im Jahr 431 bestätigt, aber erst im 20. Jahrhundert bekam das Dogma von der Himmelfahrt Mariens den Segen des Vatikans.

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