Süddeutsche Zeitung

Manfred Weber:Hoffnungsträger aus Niederbayern

In der CSU wünschen sich etliche den neuen Partei-Vize Manfred Weber als Vorsitzenden - wenn Markus Söder nach Horst Seehofers Rückzug Ministerpräsident wird.

Von Frank Müller und Wolfgang Wittl

Der Wahlleiter hat die endgültige Prozentzahl noch gar nicht verkündet, schon setzt rechts von der Bühne Jubel ein. Es ist das Eck, in dem die niederbayerischen Delegierten sitzen. Es sind die Leute von Manfred Weber. 90,8 Prozentpunkte erhält Weber bei der Wahl zum stellvertretenden CSU-Chef - mehr als alle anderen im engsten Parteivorstand. Mehr als Horst Seehofer.

Wenn Seehofers 87,2 Prozent ein Signal sind, dass die Partei ihn nur noch zwei Jahre an ihrer Spitze sehen will, aber wohl nicht darüber hinaus, so enthält auch Webers Resultat eine Botschaft: Die CSU ist offensichtlich nicht bereit, Markus Söder schon jetzt den Weg freizumachen. Auch Weber, Fraktionschef der Christdemokraten im Europaparlament, soll künftig eine wichtige Rolle spielen.

Bezirkschefs mit starker Hausmacht

Zwei Gründe nennt Weber für seinen Erfolg: Er sei Sachpolitiker und Teamplayer - nicht wenige in der CSU sehen darin einen diametralen Unterschied zu Söder. Dass Weber, 43, und der fünf Jahre ältere Söder nicht miteinander können, ist kein Geheimnis. Etliche auf dem Parteitag wünschen sich, dass die beiden nach Seehofers Rückzug in der Lage sind, einen Burgfrieden zu schließen: Weber als Parteichef, Söder als Ministerpräsident. Es wäre nicht das erste Mal, dass in der CSU die wichtigsten Ämter getrennt würden, wenn eine dominante Figur Abschied nimmt. Siehe Strauß. Siehe Stoiber. Doch selten war dieses Modell von Erfolg gekrönt.

Nur auf Seehofers Wunsch ließ Weber sich zum Partei-Vize wählen. Dafür gibt er sogar seinen Bezirksvorsitz auf, ein Amt, das in der CSU besondere Unabhängigkeit und Macht bedeutet. Die Oberbayerin Ilse Aigner, der Mittelfranke Joachim Herrmann, der Nürnberger Markus Söder - sie alle zählen zu den wichtigsten Figuren in der CSU, alle drei sind Bezirkschefs mit starker Hausmacht. Auch deswegen sind diese Posten wichtiger als die Vizechefs.

Niebler soll den weiblichen Part stärken

Mehr als andere Parteien achtet die CSU in ihren Führungskreisen auf den Proporz. Deshalb hat Seehofer den Vorstand auf fünf Stellvertreter erweitert. Neu außer Weber ist der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl, Schwabe und Kommunalvertreter. Angelika Niebler als Chefin der Frauen-Union soll den weiblichen Part stärken. Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt wurden im Amt bestätigt.

Seehofer hat viele Gedanken auf dieses Tableau verwendet, doch richtig rund ist es nicht geworden. Niemand kann genau erklären, warum mit Niebler und Weber gleich zwei Europapolitiker im engeren Zirkel sitzen. Es fehlt ein gewichtiger Landespolitiker jenseits des Auslaufmodells Barbara Stamm und auch ein bundespolitischer Kopf von Format, wie ihn das Führungsgremium bislang mit den doppelten Peterfiguren hatte: mit Peter Ramsauer und Peter Gauweiler. Beide waren Seehofer bei früheren Vorstandswahlen ganz wichtig. Diesmal langte es nur zu einem schmallippigen Dank an Ramsauer. Und einem Fußtritt für Gauweiler, der nicht einmal eine Einladung zum Parteitag erhielt.

Auch die erweiterten Vorstandswahlen enthielten interessante Aspekte. Dass die stellvertretende Ministerpräsidentin Ilse Aigner einen immer schwereren Stand hat, zeigte sich, als sie bei der Wahl der Bezirksvertreter von Platz eins auf vier zurück fiel - trotz ihrer großen Zahl an Delegierten aus Oberbayern. Ihr Rivale Markus Söder dagegen machte einen Rang gut: von Platz sechs auf fünf.

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SZ vom 23.11.2015/kbl
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