Süddeutsche Zeitung

Erwin Huber über Manfred Weber:"Polterer haben nicht die Zukunft"

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Wird Manfred Weber heute zum Spitzenkandidaten für die EU-Kommission gewählt? Oder wird er als Nachfolger Seehofers benötigt? Parteifreund Erwin Huber über einen neuen Politikertypus: den freundlichen.

Interview von Ingrid Fuchs

Manfred Weber gilt als einer, der lange nachdenkt, bevor er sich entscheidet - Anfang September hat er sich entschieden: Er will Chef der EU-Kommission werden. Am heutigen Donnerstag wählt die Europäische Volkspartei EVP ihren Spitzenkandidaten - Weber oder seinen Kontrahenten Alexander Stubb. Das Amt ist anspruchsvoll. Der neue Kommissionspräsident muss die zerrissene EU wieder vereinen, zusammenhalten und um Europas Platz in der Welt kämpfen. Webers Chancen stehen nicht schlecht. Einer, der den 46-jährigen Niederbayern schon lange kennt und gefördert hat, ist der CSU-Politiker Erwin Huber. Am Mittwochnachmittag ist Huber gerade auf dem Weg zum Flieger Richtung Helsinki, die wichtige Entscheidung will er nicht verpassen.

SZ: Herr Huber, es heißt, wer in der CSU groß geworden ist, ist allein dadurch schon gestählt. Manfred Weber könnte nun als erster Deutscher seit 50 Jahren an die Spitze der Kommission rücken - obwohl er als zu nett gilt. Selbst Sie haben ihm schon zu mehr Machtbewusstsein geraten. Könnte er sich in diesem Amt überhaupt durchsetzen?

Huber: Wir haben eine schwierige Situation in Europa, da braucht es ein frisches Gesicht an der Spitze. Ich kann mir keinen besseren Kandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten vorstellen. Manfred Weber ist ein Mann der Mitte: wertkonservativ, gut vernetzt, verbindlich, pragmatisch, auch von kirchlichen Vertretern akzeptiert.

Aber ist er nicht ein wenig zu leise?

Polterer haben nicht die Zukunft, sondern die, die zuhören und abwägen. Wenn man sieht, wie sich beispielsweise Trump verhält und wie das bei den Menschen hier ankommt, ist Weber genau der richtige Zukunftstypus. Und er steht ja schon eine Weile an der Spitze der EVP-Fraktion. Wer Politiker aus 28 Ländern zusammenhalten muss, ist mehr als ein Zirkusdirektor. Da gehört schon einiges dazu: integrieren, ausgleichen, Kompromisse finden, aber man muss sich auch durchsetzen können. Manfred Weber hat es da seit seinen Tagen als JU-Chef zu einer wahren Meisterschaft gebracht.

Sie trauen ihm das Amt als Kommissionspräsident also zu. Aber fehlt Weber dann nicht in der CSU? Da ist er derzeit stellvertretender Parteivorsitzender - der Chefposten dürfte bald neu besetzt werden und viele in der Partei wünschen sich Weber dahin.

Es gibt gerade viele Spekulationen über den CSU-Vorsitz. Horst Seehofer hat eine Erklärung abgegeben, nächste Woche werden wir sehen, wie es weitergeht. Aber so viel ist klar: Die CSU ist eine Partei der Mitte mit einem konservativen Flügel, da braucht es beide. Weber und Markus Söder sind keine Gegensätze, sie ergänzen sich ganz gut.

Weber wird auch als "Anti-Söder" bezeichnet.

Aktuell ist er einer der Stellvertreter des CSU-Vorsitzenden und für den Ausgleich in der Partei sehr wichtig. Er wird, egal welches Amt er künftig bekleidet, weiter in der Partei präsent sein. Man muss sich keine Zukunft der CSU ohne Weber vorstellen. Außerdem sind Volksparteien ja Organisationen mit der Fähigkeit zum Kompromiss. Anders als linke oder rechte Splitterparteien sind wir dazu in der Lage, die ganze Breite abzudecken.

Und kann er Menschen begeistern? Niederbayern wird oft nachgesagt, dass sie nicht unbedingt zu Emotionen und Überschwang neigen.

Ich bin ja selbst Niederbayer.

Ja eben. Wie würden Sie Manfred Weber in drei Worten beschreiben?

Nachdenklich, kompetent, umgänglich.

Das klingt solide. Und wie kann ihn seine Partei nun unterstützen?

Die CSU muss sich nun darauf besinnen, dass sie von Anfang an eine Europapartei war, und Manfred Weber den Rücken stärken.

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