Süddeutsche Zeitung

Manching:Söder eröffnet Asyl-Landesamt - und geht auf Flüchtlinge zu

  • Bei der Eröffnung des neuen Landesamts für Asyl hat Ministerpräsident Markus Söder eine "bessere Balance" im Umgang mit integrationswilligen Asylbewerbern angekündigt.
  • Künftig werde der Freistaat "deutlich offener sein und alle Ermessensspielräume nutzen", um deren Zugang zu Arbeit und Ausbildung zu erleichtern, sagte Söder.
  • Während der Eröffnung fand einige hundert Meter entfernt eine Demonstration des Bayerischen Flüchtlingsrats statt. Zudem kritisierte die Opposition die Eröffnung des Landesamts für Asyl.

Von Andreas Glas, Ingolstadt

Bei der Eröffnung des neuen Landesamts für Asyl und Rückführungen hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine "bessere Balance" im Umgang mit integrationswilligen Asylbewerbern angekündigt. Künftig werde der Freistaat "deutlich offener sein und alle Ermessensspielräume nutzen", um deren Zugang zu Arbeit und Ausbildung zu erleichtern, sagte Söder am Freitag am Sitz der Behörde in Manching bei Ingolstadt. Er betonte zugleich aber auch, dass das Asyl-Landesamt abgelehnte Asylbewerber konsequenter und zügiger abschieben werde. Die schnelle Ausreise von Straftätern und Gefährdern habe dabei "oberste Priorität".

Während Söder und Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die neue Behörde eröffneten, fand einige hundert Meter entfernt eine Demonstration des Bayerischen Flüchtlingsrats statt. Der Protest der rund 80 Aktivisten und Asylbewerber richtete sich gegen die Flüchtlingspolitik der Staatsregierung. Ebenfalls gegen den Kurs der CSU waren in München zuletzt mehr als 20 000 Menschen auf die Straße gegangen. Die Veranstalter der Münchner Demo hatten die CSU für eine "Politik der Spaltung" kritisiert.

Diese Stimmung griff Söder in Manching auf. Auch er sagte, die Migrationsdebatte habe "zu Spaltungen geführt in der Gesellschaft". Mit Blick auf die neue Asylbehörde sprach Söder davon, eine "breitest mögliche Akzeptanz" erreichen zu wollen. Dabei helfen soll nun offenbar seine Ankündigung, großzügiger mit jenen Asylbewerbern umzugehen, die bereits länger und gut integriert in Deutschland leben. "Keine Änderung des Rechts, aber eine offenere Anwendung", sagte Söder, der bessere Chancen für Asylbewerber ausdrücklich an eine "erbrachte Integrationsleistung" knüpft. Worin diese besteht und anhand welcher Kriterien das Asyl-Landesamt diese Leistung künftig messen und berücksichtigen wird, dazu äußerte sich Söder nicht. "Das muss jetzt in der Praxis diskutiert werden", sagte er.

Dass sich die CSU nicht festlegen will, welche Kriterien ein Asylbewerber erfüllen muss, um als "integrationswillig" zu gelten, dürfte mit dem sogenannten Pull-Effekt zu tun haben, den in der Partei viele fürchten. Ihre Sorge: Gesteht der Freistaat etwa jenen Asylbewerbern ein Arbeitsrecht zu, die bereits gut integriert sind, könnte es zur Folge haben, dass diese Aussicht weitere Asylbewerber anlockt. Wie also will die CSU den Konflikt lösen, keinen Pull-Effekt zu produzieren, aber den Wählern zu signalisieren, dass sie Asylbewerber, die sich bereitwillig integrieren, auch dafür belohnt?

Denkbar ist eine Art Amnestieregelung, die kürzlich Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) gefordert hatte - allerdings ohne feste Kriterien. Demnach könnte die neue Asylbehörde die Anträge derer einfach zurückstellen, die bereits länger auf ihren Bescheid warten und diese Zeit genutzt haben, um etwa Deutsch zu lernen oder sich fortzubilden. Diejenigen, deren Asylanträge bereits abgelehnt wurden, "aber müssen die Regeln unseres Rechtsstaats respektieren und das Land verlassen", sagte Söder.

Dabei stehen die Behörden häufig vor dem Problem, dass abgelehnte Asylbewerber gegen ihre Abschiebung klagen und es monatelang dauert, bis ein Gericht über diese Klagen entscheidet. Deshalb, sagte Söder, solle das Asyl-Landesamt dafür sorgen, mehr Menschen zu einer freiwilligen Ausreise zu bewegen. Wie genau dies gelingen soll, erläuterte Söder ebenfalls nicht konkret. In diesem Fall dürfte die Strategie aber klar sein: Neben einer Ausreiseprämie könnten abgelehnte Bewerber künftig mehr zusätzliche Sachleistungen bekommen, wenn sie auf eine Klage gegen den Abschiebebescheid verzichten und freiwillig ausreisen.

Die Opposition kritisiert derweil die Eröffnung des Landesamts für Asyl. Weil die finale Entscheidung über das Bleiberecht eines Asylbewerbers beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BamF) liegt, sei es "nicht nachvollziehbar, dass bayerische Steuermittel in klassische Bundesaufgaben gelenkt werden", sagte die Grünen-Landtagsabgeordnete Christine Kamm. Während Kamm von einer "großen Söder-Show" sprach, sagte Söder über die neuen Chancen, die das Asyl-Landesamt integrationswilligen Asylbewerbern biete: "Bayern ist barmherzig."

Insgesamt sind für das Asyl-Landesamt 150 neue Stellen vorgesehen. Um Abschiebungen zu beschleunigen, sollen in Manching alle beteiligten Behörden an einem zentralen Ort vernetzt werden. Zu den Aufgaben der Mitarbeiter gehört es unter anderem, Heimreisedokumente für abgelehnte Asylbewerber zu beschaffen sowie Einzel- und Sammelabschiebungen, aber auch die freiwillige Heimreise von Asylbewerbern zu organisieren und zu koordinieren.

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SZ vom 28.07.2018/huy
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