Der Prozess um den gestohlenen Goldschatz von Manching könnte bald auf die Zielgerade gehen. Theoretisch sind am Ingolstädter Landgericht zwar noch mehr als 15 Verhandlungstage angesetzt, doch am Dienstag regte der Vorsitzende Richter Konrad Kliegl an, den seit Januar laufenden Prozess gegen eine mutmaßliche Einbrecherbande abzukürzen.
Neben dem spektakulären Einbruch ins Manchinger Kelten- und Römermuseum im November 2022 werden in Ingolstadt rund 30 weitere Diebeszüge durch Supermärkte und an Geldautomaten verhandelt, die die Ermittler den vier Angeklagten vorwerfen. Die Staatsanwaltschaft möge prüfen, ob die Beweisaufnahme zu sieben ausstehenden Fällen „wirklich erheblich“ ist, sagte Kliegl.
Der in Teilen zähe Prozess hat bislang keine neuen Erkenntnisse über den Verbleib des archäologisch bedeutenden Keltenschatzes hervorgebracht, der in der Nacht auf den 22. November 2022 gestohlen wurde. Damals verschafften sich die Täter unbemerkt Zutritt in die Ausstellung des Manchinger Museums, nachdem sie Kabel eines örtlichen Telekom-Verteilers sabotiert und so sämtliche Alarmanlagen lahmgelegt hatten.

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Rund um Manching fiel stundenlang das Internet aus. Um 1.26 Uhr begannen die Täter, zwei verriegelte Türen sowie eine Bodenvitrine aufzuhebeln. Sie erbeuteten den größten keltischen Goldfund des 20. Jahrhunderts und verschwanden. Der Einbruch dauerte nur neun Minuten.
Am 18. Juli 2023 nahm die Polizei die Verdächtigen aus dem Raum Schwerin und Berlin fest und stellte einen kleinen Teil des rund 500 Goldmünzen umfassenden Schatzes sicher. Das Gold lag in einem Plastikbeutel und war zu 18 Goldklumpen eingeschmolzen worden. Vom Rest des Schatzes, etwa 400 Münzen, fehlt bislang jede Spur.
Vor dem Ingolstädter Landgericht haben die vier Angeklagten bislang nicht ausgesagt, sie sitzen in Untersuchungshaft. Vergangene Woche schlugen die Männer zudem einen vom Gericht in Aussicht gestellten Deal aus. Dieser hätte im Falle eines Geständnisses ein geringeres Strafmaß vorgesehen. Für Hinweise auf den Verbleib des Schatzes hätte es eine weitere Reduzierung gegeben. Den Angeklagten drohen im Falle einer Verurteilung wegen schweren Bandendiebstahls bis zu zehn Jahre Haft.
Einen großen Teil der Verhandlung nehmen Einbruchsdiebstähle ein, die das Quartett vor dem aufsehenerregenden Einbruch ins Manchinger Museum begangen haben soll. Am Dienstag sichtete das Gericht unter anderem Beweise aus dem April 2016, als die Tresore eines Rewe-Marktes im unterfränkischen Maßbach geplündert wurden. 18 000 Euro verschwanden.

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Kaputte Kameras und eine fehlerhafte Alarmanlage: 2022 stahl eine Diebesbande den keltischen Goldschatz von Manching und vor Gericht entsteht der Eindruck, als hätte man es ihnen leicht gemacht. Nur einer widerspricht.
Das Vorgehen soll dort wie in vielen anderen angeklagten Fällen stets ähnlich gewesen sein: Erst seien Kabel gekappt worden, um den Alarm zu stören. Dann seien mit einem hellblauen Brecheisen Türen aufgehebelt und mit einem Winkelschleifer Tresore aufgeflext worden. Die Werkzeuge wurden später in einem nahegelegenen Bach gefunden. In Manching fischte die Polizei zwei blaue Brecheisen aus dem Fluss Paar. Auch ein Mietfahrzeug, das die Ermittler mit einem der Angeklagten in Verbindung bringen, soll bei dem Raubzug in Maßbach, wie auch bei anderen Fällen, zum Einsatz gekommen sein. Kurios: Am zerstörten Tresor im Rewe-Markt fanden die Ermittler Tomatensoße, die mutmaßlich zur Kühlung beim Aufschneiden diente.
Am Dienstag versuchte Richter Kliegl mehr über die mutmaßlichen Mitglieder der Bande zu erfahren. Etwa über den 45-jährigen Maximilian S., der in Schwerin geboren und aufgewachsen ist. Der gelernte Hotelbetriebswirt arbeitete als junger Mann ein paar Jahre im Service eines Kreuzfahrtschiffs und war von 2015 bis zu seiner Festnahme als Weinhändler tätig. Vor Gericht erschien er an diesem Tag mit einem weißen Hemd unter einer blauen Strickjacke, sein Gesicht frisch rasiert, die dunklen Haare sind nach hinten gekämmt.
Sein Verteidiger gab zu Protokoll, dass S. zwei Söhne habe. Bis zu seiner Festnahme habe er in geordneten Verhältnissen gelebt. Seine Mutter sei Ärztin. Als der Richter wissen wollte, warum die Mutter ihm laut Anklage „immer mal wieder größere Geldbeträge zukommen“ habe lassen, gab die Verteidigung zunächst keine Auskunft. Auch die Frage, ob S. Schulden habe, blieb an diesem Tag unbeantwortet.
Die Annäherung an einen zweiten Angeklagten war ebenfalls mühsam. Ursprünglich wollte das Gericht am kommenden Donnerstag die Lebensgefährtin von Robert K. befragen, er soll mutmaßlich der Kopf der Bande sein. Doch sie hat sich bereits vorab auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen, wegen einer Verlobung. „Sind Sie verlobt?“, wollte Richter Kliegl nun von K. wissen. „Ja“, sagte er. „Mit der Frau P.“, fragte Kliegl. „Ja.“, sagte K., seit ungefähr zehn Jahren. „Warum hat es mit der Eheschließung nicht geklappt?“, fragte der Richter. „Möchte ich keine Angaben dazu machen“, antwortete K. „Gibt’s konkrete Pläne?“ Der Angeklagte süffisant: „Ich bin ja etwas länger schon in Haft, das hat die Pläne verschoben.“ Auch bei ihm war an diesem Tag nicht viel zu holen.