Mallersdorf:Die letzte Klosterbrauerei Deutschlands

Mallersdorf: Das Kloster Mallersdorf liegt nahe der niederbayerischen Stadt Landshut.

Das Kloster Mallersdorf liegt nahe der niederbayerischen Stadt Landshut.

(Foto: imago/Michael Westermann)

Schwester Doris ist deutschlandweit die einzige Ordensfrau, die noch selbst Bier braut. Am Reinheitsgebot gibt es für sie nichts zu rütteln.

Von Johanna Pfund

Bier kann man durchaus kaufen im Kloster Mallersdorf. "Aber mein Leergut muss ich zurückbekommen", sagt Schwester Doris. Selbstverständlich. Einer Braumeisterin widerspricht man nicht. Noch dazu, wenn sie zum blauen Arbeitskittel einen Ordensschleier trägt. Schwester Doris Engelhard gehört der Ordensgemeinschaft der Armen Franziskanerinnen an, die im niederbayerischen Mallersdorf seit 1869 ihr Mutterhaus hat. Sie ist "deutschlandweit und vermutlich auch international", wie sie sagt, die letzte Nonne, die eine Klosterbrauerei leitet.

Mallersdorf ist kein großer Braubetrieb. Das Bier dient teils der Eigenversorgung der 500 Schwestern. Ein Teil wird verkauft. Wenn man den in Zusammenhang mit Bier beliebt gewordenen englischen Begriff "Craft" mit Handwerk übersetzt, dann erfüllt das Reich von Sr. Doris alle Kriterien, die sich eine Craft-Brauerei gern auferlegt, hier in diesem Betrieb auf dem Klosterberg zwischen Landshut und Straubing, nur ein paar Meter von der Kirchentür entfernt.

Einmal pro Woche wird gebraut, zwei Sud à 38 Hektoliter. "Das ganze Jahr über geht das so", sagt Schwester Doris. Sie und zwei Angestellte halten den Laden am Laufen, sie brauen, sie füllen das Getränk ohne Pasteurisierung ab und sie verkaufen. Eine Seltenheit.

Die Rohstoffe kommen aus der Region. Die Gerste bauen die Armen Franziskanerinnen in der eigenen Landwirtschaft an, der Hopfen kommt aus der Hallertau, aus einem Betrieb, den Schwester Doris natürlich kennt. Das Wasser kommt aus der öffentlichen Wasserversorgung des Ortes Mallersdorf-Pfaffenberg.

Bis 1990 hatte das Kloster sogar eine eigene Mälzerei. Das geht nicht mehr. "Ich bin ja keine Grüne, aber das Klima hat sich geändert, es ist nicht mehr kalt genug." 18 Wochen lang bräuchte man in der Mälzerei Temperaturen unter null Grad Celsius. Geht nicht mehr. Das macht jetzt eine Mälzerei - wenige Kilometer vom Kloster entfernt.

"Weißbier gibt es nicht, weil ich es nicht mag"

Die Sortenauswahl ist überschaubar: Vollbier, Zoigl - Vollbier mit Hefe -, und je nach Saison Bockbier. "Weißbier gibt es nicht, weil ich es nicht mag, ein Dunkles mag ich auch nicht, darum gibt es das nicht", lautet die resolute Auskunft. Doch die Auswahl - die auch in Märkten der Region vorrätig ist - genügt den Kunden: Hauptsache, sie haben ihr Klosterfrauenbier, und dürfen wie an diesem Dienstag vor Ostern beim Einladen der Bierkästen ein Foto mit der Braumeisterin machen.

Bier

Hier braut Schwester Doris, die dem Orden der Armen Franziskanerinnen angehört, seit 50 Jahren Bier. In einem Sudhaus mit moderner Ausstattung, natürlich.

(Foto: Pfund)

Die 67-jährige Ordensfrau hat in Mallersdorf ihr Handwerk gelernt, vor 50 Jahren. Schwester wollte die Jüngste von sieben Geschwistern, die in Herrieden in Mittelfranken aufgewachsen ist, schon als Kind werden. Als sie zu den Mallersdorfer Schwestern in Realschule und Internat kam, war der Weg in den Orden nicht mehr weit. Doch es war zunächst nicht die Brauerei, die sie interessierte, sondern die Landwirtschaft. "Da wurde aber gerade niemand gebraucht, so wurde ich Brauerin."

Ein Beruf, den sie heute nicht missen will. Eine Nonne unter angehenden Brauern und Braumeistern, das sei im Laufe der Ausbildung vielleicht manches Mal eigenartig gewesen, erzählt die Ordensschwester. Doch das hat sich gelegt. "Ich wurde immer akzeptiert."

Eine Frau als Braumeisterin, das ist in ihren Augen auch nichts Besonderes. In Franken gibt es ja eine ganze Reihe von Frauen, die familieneigene Brauereien übernommen haben. Abgesehen davon sei Brauen also Teil der Ökonomie, der Versorgung, ja immer schon Frauensache gewesen - zuerst wurde gebraut, die Wärme hat man dann beim Backen genutzt.

"Man muss dem Bier Zeit geben, das ist das Wichtigste"

Wer aber bei Klosterbrauerei an eine altmodische nostalgische Einrichtung denkt, der wird enttäuscht. Schwester Doris pendelt am Brautag zwischen PC - "wenn alles funktioniert, ist es gut" -, Maischebehälter und Läuterbottich, kontrolliert im Nebenraum, ob das Bier genügend runtergekühlt wird.

Die Kessel sind aus Edelstahl, 2005 wurde das Sudhaus neu ausgestattet. Die Wände sind vorschriftsmäßig gefliest. Nicht vorgeschriebene Attribute sind aber das große Kruzifix, das über die Anlage wacht, und die himmelblau gestrichene, mit Blütenranken verzierte Gewölbedecke. Der Rest ist ganz normale Brauerei.

Die Edelstahlbehälter haben zur Freude der Braumeisterin die Kupferkessel ersetzt. "Ich habe genug Kupfer geputzt in meinem Leben." Wobei das Reinigen immer noch einen großen Teil der Zeit verschlingt, die die Braumeisterin in der Brauerei zubringt. "Es muss alles ganz sauber sein."

Darum stehen in jeder Ecke Schrubber und Gummistiefel. Ein Großteil der Leitungen wird automatisch gesäubert. Mit einem Nachteil. "Alles, was automatisch ist, frisst viel Lauge und Säure." Es braucht wie gesagt Zeit - wie das Bier auch. "Man muss dem Bier Zeit geben, das ist das Wichtigste", sagt die Braumeisterin.

Das ist nur ein Argument, das sie mit kleinen lokalen Brauereien und Craft-Brauern verbindet. Regionalität, Qualität, konsequente Ehrlichkeit, dafür steht die Ordensfrau ein. "Qualität aus Bayern ist, wenn die Bauern für die Gerste, die wir brauchen, das Geld bekommen, das sie brauchen."

Am Reinheitsgebot gibt es für Schwester Doris nichts zu rütteln

Doch den Diskussionen über Reinheitsgebot, über Craft-Bier und neue Hopfensorten begegnet die Nonne mit gesunder Skepsis. Mit Aromahopfen hat sie kein Problem, sagt sie. Früher wurde der nicht nachgefragt und auch nicht produziert. Das Beste an den Craft-Brauern sei, dass über Bier wieder gesprochen werde. "Aber wenn die Herren uns vorsagen, was wir zu tun haben, dann hört der Spaß auf."

Keinen Spaß gibt es für sie auch beim Thema Reinheitsgebot. "Es ist doch ganz klar, dass ich ein Getränk nicht mehr Bier nennen darf, wenn ich andere Rohstoffe verwende." Überhaupt sei Bier ein Kulturgut, das man nicht verschleudern solle, man solle es genießen und den nötigen Preis dafür bezahlen. Zur Kultur des Brauens gehört auch, dass sie eng mit der Geschichte der Klöster verknüpft ist.

Jahrhundertelang betrieben die meisten Orden Landwirtschaft wie Brauerei. In Erinnerung an diese Tradition haben sich dieses Jahr zwölf bayerische Klosterbrauereien zusammengetan, um zum 500-jährigen Bestehen des Reinheitsgebots gemeinsam Bier zu brauen.

Ausgeschenkt wird es zur Landesausstellung im Kloster Aldersbach - wo sich alles ums Bier dreht. Schwester Doris ist die einzige Beteiligte, die nicht nur in einer Klosterbrauerei arbeitet, sondern auch einem Orden angehört. Und wie sieht die Zukunft aus? Man weiß es nicht. Eine Nachfolgerin hat die Ordensfrau bislang noch nicht gefunden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: