In der Disziplin „liebevoller Spott-Kosename“ gilt der Berliner als kaum zu schlagen. In der Bundeshauptstadt haben sie das so perfektioniert, dass manche die eigentlichen Namen hinter der Liebkosung gar nicht mehr kennen („Schwangere Auster“ etwa heißt das Ding ja nur im sogenannten Volksmund, die offizielle Bezeichnung lautet „Kongresshalle im Haus der Kulturen der Welt“). Dass auch die Franken ein Talent haben zum, hm, von Grundsympathie getragenem, sprachschöpferischen Verhohnepiepeln, dürfte weniger bekannt sein – zeigt sich aber beim zwischen Würzburg und Volkach durchaus gängigen Begriff „Säuferbähnle“.
Da geht das Kopfkino gleich an, in einer Weingegend braucht man da nicht mehr viel zu sagen. So viel regionale Erklärung aber muss sein: Ja doch, Würzburg ist auch von Weinstöcken umgeben, für gelebte Trinkkultur müsste man sich im Grunde nicht fortbewegen von dort. Die sanften Hügel rund um Volkach aber, die Mainschleife, sind gewissermaßen der Inbegriff fränkischer Reben-Kunst.
Und das Vehikel der Wahl, diese ausschweifend würdigen zu können, war von Würzburg aus immer das „Säuferbähnle“.
Warum war? Nun, schon in den Sechzigerjahren wurde der Verkehr dort stark ausgedünnt, in den Neunzigerjahren schließlich gefiel sich die Deutsche Bahn darin, diesem schienengebundenen Kleinod von Seligenstadt (bei Würzburg) bis zur Mainschleife kurzerhand den Garaus zu machen. Angeblich unrentabel. Die Gleise hätte man am liebsten auch noch gleich abmontiert, lediglich ein paar Unverdrossenen gelang es, wenigstens das zu verhindern.
Jenen, zusammengeschlossen in der „Interessengemeinschaft Mainschleifenbahn“ und gerne belächelt, war’s auch zu verdanken, dass seit 2003 wieder eine Bahn unterwegs ist in Richtung mainfränkischer Garten Reben: ein historischer Schienenbus. Mit Hingabe privat betrieben, wenn auch hauptsächlich in den warmen Monaten und an Sonn- und Feiertagen. Für Liebhaber und Ausflügler eben. Und trotzdem mit durchschlagendem Erfolg: Ganz in Vergessenheit konnte das „Säuferbähnle“ seither nicht mehr geraten.

Die Freunde der Mainschleifenbahn waren auch klug genug, mit dem historisch überlieferten, aber halt arg alkoholaffinen Kosenamen sparsam umzugehen. Sie nennen die Verbindung lieber „Volkacher Bähnle“. Und stehen nun vor einem historischen Triumph: Wenn nicht alle Zeichen trügen, könnte die Bahn Ende 2028 wieder fahren.
Die Wiedergeburt vom Säuferbähnle? Selbstverständlich nicht: Offizielles Ziel ist die Reaktivierung einer regelhaft und barrierefrei verkehrenden Mainschleifenbahn über Prosselsheim, Eisenheim bis Volkach mit modernen Hybridfahrzeugen.
Schon möglich, dass der tradierte Name „Säuferbähnle“ auch noch reaktiviert wird. Sicherheitshalber aber erst nach 2028.