Süddeutsche Zeitung

Machtkampf:Herrmann oder Söder? Die CSU erwartet auf jeden Fall eine Katastrophe

Denn egal wer den Zweikampf gewinnt, von der absoluten Mehrheit im Landtag kann sich die Partei so gut wie sicher verabschieden. Welche Szenarien jetzt denkbar sind.

Kommentar von Sebastian Beck

Wer wählt eigentlich den bayerischen Ministerpräsidenten? Die CSU-Fraktion? Der CSU-Parteitag? Viele in der Partei tun inzwischen so, als könnten sie untereinander ausraufen, wer Horst Seehofers Nachfolge in der Staatskanzlei antreten soll. Es ist daher wieder einmal Zeit, an den Artikel 44 der Bayerischen Verfassung zu erinnern. Darin heißt es: "Der Ministerpräsident wird von dem neu gewählten Landtag spätestens innerhalb einer Woche nach seinem Zusammentritt auf die Dauer von fünf Jahren gewählt."

Die zehn Monate bis zum Wahltermin im September 2018 werden sich aber schon deshalb in die Länge ziehen, weil die CSU den Begriff Wahlkampf neuerdings nur noch als Streit zwischen Parteifreunden interpretiert. Egal, welcher Kandidat sich am Ende durchsetzen wird: Von der absoluten Mehrheit der Mandate im Landtag kann sich die CSU im nächsten Jahr so gut wie sicher verabschieden.

Zu groß ist schon jetzt der Imageverlust bei den Wählern, die seit Wochen mitverfolgen müssen, dass sich ihre Regierungspartei ausschließlich mit Machtfragen beschäftigt. Auch in Berlin macht die CSU mit ihrem Glyphosatminister Christian Schmidt gerade Anti-Werbung. Es könnte also gut sein, dass die CSU sich nach der Landtagswahl einen Koalitionspartner suchen muss und erst danach das Parlament den Ministerpräsidenten wählt. Ob dieser dann Markus Söder heißen wird, steht keineswegs fest.

Varianten für die Zukunft der CSU: keine überzeugt

Denn im Kampf um die Spitzenkandidatur wird in der CSU-Fraktionssitzung am Montag aller Voraussicht nach Joachim Herrmann gegen Söder antreten: Der bayerische Innenminister wirkt zwar nach außen wie ein biederer Politikhandwerker, aus Sicht der Söder-Gegner hat er aber den Vorteil, dass er ebenfalls Franke ist. Zwei Franken an der Spitze von Partei und Regierung, das erscheint im Proporzstaat Bayern ausgeschlossen.

Sollte sich Herrmann also gegen Söder durchsetzen, wäre Söder politisch erledigt. Die CSU würde dann von einem Spitzenduo Seehofer (Parteichef und Bundesminister in Berlin) und Herrmann (Spitzenkandidat) geführt, das auf ungute Weise an Günther Beckstein und Erwin Huber im Jahr 2008 erinnert: Die beiden hatten damals nach 46 Jahren die absolute Mehrheit der CSU verspielt und 17,3 Prozentpunkte verloren.

Die zweite Variante erscheint kaum verlockender: Falls Söder doch sein Ziel erreicht und zum Spitzenkandidaten ausgerufen wird, könnte sich Seehofer auf dem Parteitag als CSU-Vorsitzender bestätigen lassen, als Minister in Berlin mitregieren und von dort aus noch eine Weile seinen Erzfeind in Bayern schikanieren. Das Spitzenduo Seehofer und Söder könnte auf diese Weise die würdige Nachfolge von Theo Waigel und Edmund Stoiber antreten, die sich auch nie ausstehen konnten.

Die dritte Variante: Es passiert noch irgendetwas anderes, was bei der CSU sehr wahrscheinlich ist. Das hat zwar einen gewissen Unterhaltungswert, bloß allein damit kann die Partei selbst in Bayern keine Wahlen mehr gewinnen.

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SZ vom 30.11.2017/mmo
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