Luxushotel in Waakirchen:Fünf-Sterne-Diät mit Seeblick

Lanserhof in Waakirchen

Saftiges Grün, schillerndes Wasser und ein grandioser Ausblick - auf einer Animation des Lanserhofes ist schon zu sehen, welches Panorama sich den Gästen bieten soll.

(Foto: PR)

Hoch oben über dem Tegernsee thront das neue 70 Millionen Euro teure Gesundheitshotel Lanserhof. Das Konzept: bescheiden speisen zu stolzen Preisen und runderneuert in den Alltag zurückkehren. Die Region erhofft sich einen Schub, Umweltschützer sind empört.

Von Heiner Effern

Die Neuen am Berg hoch über dem Tegernsee beurteilen den Menschen nach einer eigenen Skala: Bei null ist er tot. Bei zehn topfit. Genau in der Mitte, bei fünf, fühlt er sich so krank, dass er zum Arzt geht. "Wir wollen Leute ansprechen, die zwischen fünf und zehn liegen", sagt Christian Hollweck, der Direktor des neuen Hotels Lanserhof-Tegernsee. Am Donnerstag ist das 70 Millionen Euro teure "Gesundheitsresort", wie es die Eigentümer nennen, eröffnet worden. Die offiziellen Feierlichkeiten finden zwar erst am Sonntag statt, aber die ersten 30 Gäste, deren Wehwehchen gerade unter der Arzt-Grenze liegen, sind schon da. Und was Hollweck so direkt nicht sagt: deren Geldbeutel gut gefüllt sein muss. Das Doppelzimmer kostet pro Tag 350 Euro, die teuerste Suite 1550. Aufenthalte unter einer Woche sind nicht erwünscht.

Nach dem Vorbild des Stammhauses in Lans in Tirol, in den Boulevard-Medien auch "Abspeck-Klinik" der Reichen und Schönen genannt, verspricht das Resort am Tegernsee dafür umfangreiche Hilfe für geschundene Körper, die zum Beispiel Manager, Politiker oder Showstars renovierungsbedürftig finden.

BMW-Erbin Susanne Klatten lernte im Lanserhof in Tirol einst den Mann kennen, der ihr nach einer Affäre zuerst Millionen abpresste, dann aber nach dem Outing und der Strafanzeige der scheuen Wirtschaftsfrau im Gefängnis landete. Oliver Pocher beschrieb seine Kur dort in der Bunten so: "Da triffst du den Ex-Kanzler, der im Bundeswehrtrainingsanzug vor trockenen Kartoffeln mit Leinsamen sitzt und die Bild-Zeitung liest." Um dann nachzulegen. "Und du weißt, dass der genau die gleichen Abführmittel bekommt wie du."

Wuchtig, viereckig, sündhaft teuer

Oberhalb vom Tegernsee, direkt am Golfplatz Sankt Margarethen, steht nun das neue Lanser-Haus. Wuchtig, viereckig, mit Flachdach. Es hat mit 70 Zimmern nur acht mehr als die Zentrale in Tirol, verfügt aber mit 21.000 Quadratmetern über das Dreifache an Fläche. Neben dem Haupthaus liegt der Wellness-Bau mit dem Meerwasser-Außenpool.

Lanserhof in Waakirchen

Außen wuchtig und viereckig, innen luftig und luxuriös.

(Foto: PR)

Im Parterre befinden sich die Behandlungsräume für die "Volkskrankheiten", wie Hotelchef Hollweck die Beschwerden seiner Kunden nennt: schlechtes Schlafen, Erschöpfung, Rückenschmerzen. Alles eine Sache des Darms, der hier wieder fit gemacht werde, sagt er. Dabei könne es natürlich auch vorkommen, dass ein Gast "in kurzer Zeit viel Gewicht verliert und dies dann über einen langen Zeitraum hält".

Die Gastronomen im Tegernseer Tal werden also eher vergeblich auf neue solvente und berühmte Kundschaft hoffen. Die Gäste des Lanserhofs zahlen zwar Fünf-Sterne-Preise, sind aber streng auf Diät: Sie erhalten im Speisesaal eine sogenannte energy-cuisine. Alkohol und Kaffee sind tabu. Die Gesundheitsurlauber werden wohl schon mal auf den hauseigenen Golfplatz oder auf die Piste gehen, sonst das Haus aber eher selten verlassen, räumt Hotelchef Hollweck ein. Aber ein Einkaufsbummel in Rottach-Egern sei allemal drin.

Hoffnung auf die Verlockungen der Natur

Der Tourismuschef im Tegernseer Tal, Georg Overs, sieht trotz der Abkapselungstendenz das neue Haus als positiven Schub. "Das bringt jede Menge Aufmerksamkeit. Gerade vom Segment Gesundheit versprechen wir uns viel Wachstum." Er hofft, dass die "Schönheit der Natur" die Gäste aus ihrem Hotel herauslockt. Auch Waakirchens Bürgermeister Josef Hartl (Freie Wähler), in dessen Gemeinde die Bergkuppe liegt, glaubt an positive Auswirkungen. "Wir erwarten neue Arbeitsplätze und hoffen auch auf Einnahmen wie zum Beispiel durch die Gewerbesteuer."

Das vom Lanserhof miterworbene Vier-Sterne-Hotel Margarethenhof, ebenfalls auf der Anhöhe in 900 Metern Höhe gelegen, laufe schon deutlich besser. Was allerdings keine große Kunst ist, denn der Voreigentümer, die Deutsche Bank, fiel in der Gemeinde mehr durch intensive Feiern denn durch tatkräftiges Wirtschaften auf. "Das hat nie was abgeschmissen für uns. Ich habe immer das Gefühl gehabt, da waren andere Gäste eher nicht willkommen", sagt der Bürgermeister. Er freut sich über die Neuen. "Was sie versprechen, halten sie."

Hotel Lanserhof Tegernsee

Wenige Tage vor Weihnachten konnte man sich noch kaum vorstellen, dass hier bald Gäste kuren sollen. Doch seit Donnerstag ist der Lanserhof eröffnet.

(Foto: Manfred Neubauer)

Entsetzen bei den Umweltschützern

Wer kurz vor Weihnachten die Baustelle in seiner Gemeinde besuchte, konnte allerdings kaum glauben, dass bald Gäste einziehen würden. "Ich habe schon einige enge Neueröffnungen erlebt. Eine so enge aber noch nicht", sagt Direktor Hollweck. Im Gebäude wuselten da noch mehr Handwerker als das Hotel Gäste aufnehmen kann, draußen pflügten Radlader und Bagger die Landschaft um wie auf einer Autobahnbaustelle - zum Entsetzen der Umweltschützer.

"Der Lanserhof ist so überdimensioniert, dass der Margarethenhof daneben wie ein Zuhäusl aussieht", sagt Angela Brogsitter-Fink, Sprecherin der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal. Von eingehaltenen Versprechen habe sie nichts bemerkt. "Die haben da oben gemacht, was sie wollen. Das Hotel hat mit den Plänen nichts mehr zu tun, die man der Bevölkerung gezeigt hat."

Natürlich weiß Hotel-Manager Hollweck, dass am Tegernsee auch Kritik an seinem Haus laut wurde. "Die Leute hier sind Neuem gegenüber gerne mal skeptisch. Diese Barrieren lösen sich aber, die Stimmung kippt ins Positive", ist er überzeugt. Wenn ins Tegernseer Tal mal frischer Wind blase, sei das gut für die Region. Am Ende hätten alle was vom neuen Hotel: die Einheimischen neue Arbeitsplätze und die Hotelbesucher eine Körperkur, die alle Wünsche erfüllen sollte. Schließlich wollten insbesondere "die Damen nicht nur gesünder nach Hause reisen, sondern auch schöner".

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