Lou Bega:Der Mambo-König tanzt wieder

GERMAN SINGER LOU BEGA SIGNS AUTOGRAPHS AT 54TH CANNES FILM FESTIVAL

Lou Bega mit Fans 2001. Jetzt versucht er sich erneut an einem Sommer-Schlager

(Foto: REUTERS)

Millionen Menschen sangen mit, wenn Lou Bega von Monica, Erika, Rita oder Tina schwärmte: 1999 gelang dem Sänger aus München mit "Mambo No. 5" ein One-Hit-Wonder. Jetzt tritt er wieder an zum Rennen um den Sommerhit des Jahres.

Von Melanie Staudinger

Es ist Nachmittag in Berlin, die Sonne knallt vom Himmel, und im Innenhof eines Hostels am Alexanderplatz lassen sich ein paar Mit-Zwanziger gehörig volllaufen. Zwischen all dem Prosten, Grölen und Nachschubholen lässt die wahre Entspannung aber auf sich warten. Der Grund sitzt einige Meter weiter hinten, im Schatten einer Hotelbar, und gibt dort Interviews. Irgendwoher kennen die jungen Männer den Typen mit seinem pinken T-Shirt, seiner ebenso grellen Kappe und den silberschimmernden sportlichen Slip-Ons an den Füßen. Nur woher? Das will ihnen gerade nicht einfallen, weshalb sie sich recht intensiv darüber austauschen.

Das alkoholbedingt durchaus zu laut geratene Getuschel bleibt auch dem vermeintlich Unbekannten nicht verborgen. Er muss darüber lachen, denn er weiß: Würde man seinen größten Song jetzt spielen, würden sich die Rätselnden sofort an ihn erinnern. Wie es Heino nicht ohne Sonnenbrille gibt oder Udo Lindenberg nur schwer ohne seinen schwarzen Schlapphut vorstellbar ist, definiert sich Lou Bega über seinen Welthit "Mambo No. 5".

Wenn dieses Lied läuft, denkt jeder sofort an den 1,75 Meter großen, ein wenig kompakten Frauenhelden mit seinem schmalen Oberlippenbart und dem weißen Borsalino, den er auch von einem Mafiaboss gestohlen haben könnte. 14 Jahre später hat er sich äußerlich kaum verändert: kein Gramm schwerer, noch immer derselbe Oberlippenbart und eine unerschütterliche Grundlässigkeit, die er alleine schon durch sein gemütliches Flätzen im Stuhl ausdrückt.

1999 sangen Millionen Menschen mit, wenn Lou Bega von Monica, Erika, Rita oder Tina schwärmte. Aus dem Münchner Musiker David Lubega wurde über Nacht der Superstar Lou Bega, dessen "Mambo No. 5" elf Wochen lang Platz eins der deutschen Single-Charts belegte und sich millionenfach verkaufte. Er begeisterte das Publikum in Europa, in den USA, Südamerika oder Australien.

"Das ist der Unterschied zwischen meinen Songs und einem Ballermann-Hit", sagt Lou Bega heute. Mit "Mambo No. 5" könnte er die Jungs im Hostel-Innenhof genauso unterhalten wie den König von Marokko, dem er 2001 mal ein einstündiges Geburtstagsständchen vortragen durfte. Die echte Herausforderung sei es, schlichte, aber keinesfalls banale Musik zu machen, sagt Lou Bega. Damit meint er tanzbare Mitsing-Mucke, deren Texte die Wortfamilie der Fäkalausdrücke auslassen und gleichzeitig höchstphilosophische Ergüsse meiden.

Entmutigen ließ er sich nicht

Bisher allerdings ist das Lou Bega nur einmal so richtig gelungen. Seit dem Jahrtausendwechsel kam nicht mehr viel von ihm. Entmutigen ließ er sich von der Durststrecke allerdings nicht. Er ist zurück - obwohl er behaupten würde, dass er nie wirklich weg gewesen sei - und tritt wieder an zum Rennen um den Sommerhit des Jahres.

Dieses Mal versucht er es mit einer bewährten Strategie: 1999 begab er sich zurück ins Kuba der Fünfzigerjahre, ließ sich von Pérez Prados "Mambo No.5" inspirieren. Mit seinem neuen Album, das diesen Freitag erscheint, ist er nicht ganz so weit in die Vergangenheit gereist, dafür aber in seine eigene. Für "A little bit of 80s" covert Lou Bega seine Lieblingslieder aus einer Zeit, in der er in München heranwuchs. "Vamos a la playa" von Righeira sei der erste Pophit gewesen, den er bewusst wahrgenommen habe, "Smooth Operator" von Sade der erste richtig coole Love-Song. Zu Snaps "Keep it up" habe er auf seiner ersten Kinderparty getanzt. "München hat mich sehr geprägt", sagt Lou Bega.

Der Sohn einer Sizilianerin und eines Uganders verbrachte Kindheit und Jugend in der bayerischen Landeshauptstadt. In Schwabing zwischen Bonner Platz und Münchner Freiheit, um genau zu sein. Er wurde im April 1975 in der Klinik in der Maistraße geboren und besuchte die Grundschule an der Simmernstraße. David Lubega erinnert sich an Dinge, an die man sich eben so erinnert:

"Wie die Wilden"

Er erzählt vom Sportplatz mit der 50-Meter-Bahn, auf der die Jungs und Mädels aus der Nachbarschaft gerannt seien "wie die Wilden". Und von der Schule, in der Musik kaum eine Rolle gespielt habe. In seinem Privatleben aber war er schon immer verrückt danach. Zuerst sang er Lieder nach, später begann er, deren Texte umzudichten oder eigene Songs zu schreiben. Er denkt noch gerne an die gelben Telefonzellen: "Die 80er waren die letzte komplett analoge Dekade." Keine Smartphones, kein Internet, keine Tablets. "Aber wahrscheinlich romantisiere ich die Zeit auch ein wenig. Ich war ein unschuldiger, naiver, kleiner Junge", sagt Lou Bega. Dann lehnt sich vor und spricht leiser, fast so, als wolle er gerade ein Geheimnis verraten: "Das bin ich schon lange nicht mehr."

Als Jugendlicher geht er nach Miami, weil er dort größere Chancen für sich sieht. Er versucht sich im Studio, gründet Bands, löst sie wieder auf. "Einen eigenen Stil zu haben, das war mir das Wichtigste", sagt er. Seine Zeit in den USA bezeichnet er als Lehrjahre. Das Business dort sei "schneller, wilder, chaotischer", die Erfahrungen, die er dort gesammelt habe, hätte er in München in 20 Jahren nicht machen können. Der große Durchbruch aber bleibt ihm verwehrt.

Zurück in München spezialisiert er sich auf eine Nische. Er nimmt Instrumentalsamples aus den Fünfzigerjahren und vermischt sie mit eigenen Texten. Doch selbst "Mambo No. 5" kommt am Anfang nicht gut an. Die Hamburger Repertoire-Manager des amerikanischen Musikverlags Peer, der angeblich für mehr als 500.000 Oldies die Rechte hält, graben für Lou Bega den Song aus.

Noch im Herbst 1998 putzt er vergeblich Klinken, selbst ein paar Monate, bevor sich der große Erfolg einstellt, winken einige Plattenfirmen noch ab. Im Sommer wird das Lied dann ein Welthit. Zwei Wochen vor der Veröffentlichung stirbt Lou Begas Vater an einem Gehirntumor. "Er hat seinen Sohn leider nur als erfolglosen Musiker mitbekommen", sagt Lou Bega. Nach dem Überraschungserfolg hat er noch ein paar kleinere Hits. Lou Bega erhält den Stempel "One-Hit-Wonder". Doch anders als Kevin Rowland ("Come on Eileen", 1982) oder Vanilla Ice ("Ice Ice Baby", 1990) stürzt er nicht ab.

Er verliert sich nicht in zahllosen Affären mit semi-prominenten Schönheiten, er fährt nicht betrunken Auto und fällt auch nicht durch exzessiven Drogenkonsum auf. Der mittlerweile 38-Jährige arbeitet weiter, absolviert unzählige Live-Shows, singt für Cartoons und Computerspiele. "Es war mir immer klar, dass man an ,Mambo No. 5' nicht anknüpfen kann", sagt er. Deshalb will er auch jetzt nicht von einem Comeback sprechen: "Ich war nie weg, nur eben nicht ständig im Rampenlicht."

Der Frauenheld ist erwachsen geworden

Der Frauenheld von einst ist gelassener, ruhiger, ja erwachsener geworden. Während er früher durch ständiges Telefonieren auffällt (zumindest ist das in alten Zeitungsberichten so vermerkt), wimmelt er Anrufer jetzt souverän ab, wenn er gerade beschäftigt ist. All den hübschen Mädels hat er längst den Rücken gekehrt. Lou Bega lebt mit Frau und Tochter Jada, fünf Jahre alt, in Berlin-Zehlendorf. "Früher habe ich das Reisen genossen und auch, dass ich ständig neue Frauen kennengelernt habe", erzählt er. Heute sei seine Familie seine Kraftquelle.

Es hat sich also ausgefeiert im Leben des Mambo-Königs? Nicht ganz. Lou Bega wäre nicht Lou Bega, wenn er sich keine Hintertür offen gehalten hätte. Sein neues Album wird er auch in Australien und Brasilien vorstellen, inklusive mehrwöchiger Reisen. Geborgenheit in der Familie und Abenteuer auf Promotion-Fahrten, das unkomplizierte Leben des David Lubega im Privaten und die schillernde Persönlichkeit Lou Bega auf der Bühne - dass er sich überall das Beste herausgreift, ist ihm bewusst: "Ich bin halt ein Buffet-Typ."

Lou Bega blickt noch einmal zu den jungen Männern, die ihre Party inzwischen vom Innenhof auf die angrenzenden Zimmer ausgeweitet haben. Manchmal feiert man mit Stil, manchmal ohne. "Wichtig ist, dass man Spaß hat an dem, was man macht", sagt Lou Bega. Den hat er offensichtlich. Und die Mit-Zwanziger auch, obwohl sie das Rätsel um den unbekannten Prominenten im Schatten an diesem Nachmittag nicht mehr lösen werden.

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