Lohr am Main:Die drei Wittchens

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Wer ist die Schönste? Die Skulptur von Peter Wittstadt, die züchtigste Dame der Künstlerin Bettina Seitz oder das Horrorwittchen von Valentin Lude (v.l.)? (Foto: dpa, Touristinformation Lohr a.Main)

Wie sieht eigentlich Schneewittchen aus? In Lohr am Main gibt es neben dem Spaghettiwittchen und dem Horrorwittchen jetzt noch eine Variante: das Biederwittchen.

Von Katja Auer, Lohr am Main

Im unterfränkischen Lohr am Main, also kurz vor den sieben Bergen bei den sieben Zwergen, da lebte bekanntlich Schneewittchen. Warum sie sich dieser Sache so sicher sind in Lohr, das soll an dieser Stelle nicht näher erläutert werden, auf jeden Fall sind sie es - und deswegen hat sich der Ort selbst zur Schneewittchen-Stadt erklärt. Die Schaufenster sind entsprechend dekoriert, das Warenangebot ist angepasst, überall in der Stadt sieht man Zwerge. Mehr als sieben.

Im Schloss, wo, logisch, Schneewittchen geboren wurde, ist das Spessartmuseum, wo, klar, immer noch der Spiegel hängt. Der Spiegel, welcher der bösen Stiefmutter mitteilte, dass sie zwar schön sei, aber das Schneewittchen hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen noch tausendmal schöner sei als sie. Auf der Schlossmauer sind länger schon die eisernen Silhouetten der schönen Königstochter und der sieben Zwerge zu sehen, aber jetzt hat Lohr noch ein Schneewittchen dazu bekommen.

Horrorwittchen
:Jagdszenen in einer Kleinstadt

Lohr am Main will die Heimatstadt des lieblichen Schneewittchen sein - doch seit ein Künstler eine moderne Skulptur geschaffen hat, hadern die Menschen mit dem hässlichen "Horrorwittchen". Das sprühte ein Gymnasiast nun auf eine Wand - und landete einen Hit.

Die Hände um den verhängnisvollen vergifteten Apfel geschlossen, die Beine sittsam unter einem langen Rock versteckt, sitzt es auf einer Bank in einem kleinen Park. Nicht rot wie Blut und schwarz wie Ebenholz, wie es die Brüder Grimm beschrieben haben, sondern von oben bis unten weiß wie Schnee, beziehungsweise wie der Beton, aus dem es modelliert wurde.

Ganz und gar züchtig sieht dieses Schneewittchen aus, dabei ist es vielleicht gerade deswegen eine Provokation. Oder wenigstens eine Reaktion. Der artige Gegenentwurf zum Horrorwittchen, der brave Protest gegen die allzu wilde Kunst.

Man erinnere sich kurz, es war einmal ein Bildhauer, der den Kunstpreis der Stadt gewann und ein Schneewittchen schaffen sollte, das allerdings in den Augen vieler Lohrer zur Lachnummer geriet. Unförmiger Körper, abstehende Spaghetti-Haare, eine Anmut wie eine Seekuh an Land. Gerade wird das Kunstwerk in Bronze gegossen. Die Karikatur der Statue, die ein Schüler auf eine Wand sprühte, wird inzwischen auf T-Shirts gedruckt: Mit einem Messer in der Hand macht das Horrorwittchen Jagd auf die Zwerge.

Umstrittene Skulptur in Lohr am Main
:Mit Horrorwittchen zum Erfolg

Ein Gymnasiast hat in Lohr am Main einen Überraschungscoup gelandet: Während die fränkische Kleinstadt um eine allzu moderne Schneewittchen-Skulptur streitet, ist sein Graffito eines zwergemordenden "Horrorwittchens" plötzlich der Hit.

Von Katja Auer

Der Arbeitskreis, der nun die brave Schwester von Horror- und Spaghettiwittchen anfertigen ließ, gründete sich kurz nach der Kunstpreis-Verleihung. Einen Zusammenhang gebe es freilich nur bedingt, heißt es bei der Stadt, vielmehr soll das Märchenmädchen einer von sieben Spielpunkten in der Stadt werden. Für Kinder vor allem. Denn die, nun ja, die würden im Horrorwittchen vielleicht nicht gleich die Märchenfigur erkennen.

© SZ vom 02.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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