Süddeutsche Zeitung

Landwirt in Oberbayern:Wo die Ostereier herkommen

Den 4300 Hühnern von Landwirt Karl Betzinger werden die Eier per Maschine aus dem Nest geholt. Derzeit landen die meisten direkt in der Färberei, um dann bunt bemalt im Hofladen verkauft zu werden.

Von Markus Wolf, Lochham

Der stämmige Mann drückt das grüne Knöpfchen und die Maschine rattert los. Das regelmäßige Tack-Tack-Tack des Förderbands erfüllt den kleinen Raum, der vollgestopft ist mit Kartons und Paletten voller Eier. Vereinzelt laufen die ersten Eier auf dem Förderband ein. Immer mehr werden es, fast läuft das Band schon über. Der Mann und seine Tochter müssen immer schneller sortieren.

Der Mann ist Landwirt Karl Betzinger aus Lochham bei Warngau. In einem Nebengebäude seines Hofes sortiert er mit Tochter Josefa, 14, die Eier aus seinem Hühnerstall. Viel Zeit hat der 51-Jährige nicht. In der Osterzeit ist die Nachfrage nach Eiern besonders groß. Etwa 3000 rollen täglich über das Förderband, das mit dem Hühnerstall verbunden ist, in dem Betzingers 4300 Hühner leben. Die Eier rollen über den schrägen Boden in den Nestern direkt aufs Band. Die Maschine stempelt und sortiert die Eier. Nur in die Paletten müssen sie von Hand gelegt werden.

Gaggerl-Bowle und Ostereier

Aus den Eiern macht Betzinger etwa Nudeln oder verkauft sie im hofeigenen Laden. Derzeit geht's für einen Teil der Eier woanders hin, denn aus dem Großteil werden Ostereier. Er bringt sie in eine Färberei: kochen, abschrecken, färben - ruckzuck gehe das, sagt Betzinger. Dann geht's zurück in den Hofladen. Immer mehr Leute kaufen bei ihm direkt am Hof ein. Ihn wundert das nicht. "Im Supermarkt bekommst die Eier nie so frisch. Die kommen ja weiß der Teufel woher und werden quer durch ganz Deutschland transportiert", sagt er. Und dann seien die oft aus industrieller Produktion und voller Antibiotika. Betzinger hält davon nichts. Er beschränke sich auf die Pflichtimpfungen, wie er sagt. Statt auf Antibiotika setze er auf regelmäßiges und gründliches Reinigen des Stalls. Das beuge Krankheiten am besten vor.

Im Hofladen steht Marianne Betzinger, 49, und verkauft Ostereier. Ringel-, Spiral- und Spaghettinudeln stapeln sich im Regal, neun Sorten. Ein paar Flaschen Gaggerl-Bowle stehen daneben. Das ist Eierlikör, doch sowohl der Begriff Eierlikör als auch der Begriff Likör sind geschützt, sagt Betzinger. Deswegen heißt es Gaggerl-Bowle. Auf dem Tisch stehen Paletten mit bemalten und unbemalten Eiern. Günter Schwaiger aus München lädt sich seine beiden Körbe voll. Der 74-Jährige kommt seit mehr als 30 Jahren. Eier aus dem Supermarkt kommen für ihn nicht infrage: "Hab ich schon getestet, kannst vergessen. Das ist ein Riesenunterschied vom Geschmack her", sagt er und nickt Betzinger zu.

Einkaufen im Hofladen - oder beim "Regiomat"

Hof und Laden sind ein Familienbetrieb. Betzinger, seine Frau Marianne, die vier Töchter und die Oma sortieren, verarbeiten und verkaufen die Produkte. In der dritten Generation geht das bereits so. Der Großvater hatte Anfang der Sechzigerjahre den Hofladen eröffnet. Die ersten Küken wurden auf dem Dachboden gezüchtet. Später baute Betzinger einen Hühnerstall. Nachdem er auf Bodenhaltung umgestellt hatte, kam die Maschine mit dem Förderband dazu. Inzwischen ist nicht nur die Produktion, sondern auch der Verkauf automatisiert.

An der Straße steht unter einem Holzverschlag der "Regiomat", ein Automat für die Produkte: Die Kunden können Tag oder Nacht hingehen, Geld einwerfen und Eier, Nudeln oder Fleisch aus dem gekühlten Automaten holen. Betzinger ist überrascht, wie gut der Regiomat ankommt: "Am Sonntag ist's besonders brutal. Da kommt's mir fast vor, als ob die Leut' beim Frühstück einfällt, dass sie ja noch Eier brauchen." Doch: Den Hofladen und den persönlichen Kontakt ersetze der Regiomat natürlich nicht, sagt Betzinger.

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SZ vom 02.04.2015/vewo
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