Verkehrspolitik:Die Drei-Länder-S-Bahn

Verkehrspolitik: "Die neue S-Bahn ist ein sehr gelungenes Gemeinschaftsprojekt dreier Länder", sagt Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter über das neue S7-Angebot zwischen Lindau und Romanshorn.

"Die neue S-Bahn ist ein sehr gelungenes Gemeinschaftsprojekt dreier Länder", sagt Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter über das neue S7-Angebot zwischen Lindau und Romanshorn.

(Foto: Thurbo)

Von Lindau aus fährt eine S-Bahn durch Österreich in die Schweiz - solch ein Projekt gab es noch nie.

Von Florian Fuchs, Lindau

Natürlich hat die Elektrifizierung der Bahnstrecke von München nach Lindau im vergangenen Dezember viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Züge des Anbieters Go-Ahead fahren seitdem weitgehend problemfrei an den Bodensee und binden so auch die Metropole Zürich besser an. Die Verbesserung im Kleinen am Bahnangebot in Lindau ist deshalb überregional noch gar nicht so angekommen, dabei hat es so etwas noch nicht gegeben: Im Zwei-Stunden-Takt verkehren seit Mitte Dezember S-Bahnen zwischen dem Haltepunkt Lindau-Reutin und Romanshorn in der Schweiz. Die Verbindung führt am Bodensee entlang durch Österreich. Es ist, sagt Verkehrsminister Christian Bernreiter, "die erste durchgehende Verbindung im Nahverkehr bis in die Schweiz" - und soll gleichzeitig eine Alternative zum Autoverkehr bieten.

Wobei Ralf Derwing von der Initiative Bodensee-S-Bahn schon noch einige Schritte einfallen würden, bis das Bahnnetz am Bodensee wirklich so gut ausgebaut ist, dass die Leute scharenweise vom Auto auf die Bahn umsteigen. Die neue S 7, die Lindau mit der Schweiz verbindet und dabei auch St. Margrethen und Rorschach anfährt, verkehrt vorerst nur am Wochenende, im Zweistunden-Takt. Auch lässt die Bahn notgedrungen einige Halte aus, etwa Staad, Lustenau, Hard-Fussach und Bregenz-Hafen, sonst würde sie sich im Nahverkehr mit dem Eurocity zwischen Zürich und München in die Quere kommen. "Es ist trotzdem ein guter Schritt und hoffentlich der Startschuss dafür, dass wirklich eine Bodensee-S-Bahn kommt", sagt Derwing. Auf eine trinationale Verbindung zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz - einmal rund um den Bodensee - arbeitet die Initiative aus Bahnfreunden aller drei Länder schon lange hin.

"Für den Bund in Berlin ist der Bodensee immer der letzte Zipfel", klagt Derwing, auch wenn sich nun einiges getan hat im Nahverkehr rund um den See. Für eine echte Bodensee-S-Bahn müssten allerdings noch viele eingleisige Strecken ausgebaut und auch elektrifiziert werden. "Bei einer einspurigen Autobahn wäre der Aufschrei riesengroß", sagt Derwing. "Einspurige Bahngleise haben trotz dringlicher Verkehrswende offenbar immer noch nicht solch eine Lobby." Die Initiative Bodensee-S-Bahn beklagt, dass ein zweispuriger Ausbau von Bahngleisen mehr Kapazität hätte als eine vierspurige Autobahn. "Und Straßenbau ist viel teurer."

Allerdings, das hat Verkehrsminister Bernreiter bei der offiziellen Eröffnung der S-Bahnstrecke betont, habe der Freistaat vor allem in den vergangenen Jahren sehr viele Bahn-Investitionen im Raum Lindau gefördert. Neben der Elektrifizierung von München nach Lindau betrifft dies auch den neu gebauten Bahnhof in Lindau-Reutin - den ersten neuen deutschen Fernverkehrsbahnhof außerhalb Berlins seit 15 Jahren. "Für die Fahrgäste in der Bodenseeregion bedeutet die S 7 eine große Verbesserung", sagt Bernreiter. "Die neue S-Bahn ist ein sehr gelungenes Gemeinschaftsprojekt dreier Länder."

Tatsächlich, attestiert Ralf Derwing, habe Bayerns Initiative großen Anteil, dass die länderübergreifende S-Bahn überhaupt realisiert wurde. Da trifft die Kritik der Bahnfreunde schon eher die Politik in Baden-Württemberg. Die dortige Bodenseegürtelbahn ist laut Derwing in grauenhaftem Zustand, einspurig und nicht elektrifiziert. Auch auf bayerischer und Schweizer Seite kann sich Derwing allerdings schon kurzfristige Verbesserungen vorstellen.

2023 soll die S-Bahn auch werktags fahren

So wäre es gerade für den Tourismus wichtig, dass die S-Bahn nicht nur den neuen Bahnhof in Reutin auf dem Festland ansteuern, sondern noch weiterfahren würde zum alten Bahnhof auf der Insel Lindau. Dem stehen allerdings noch Hindernisse an einem Bahnübergang in Lindau im Weg, der momentan für die S-Bahn nicht überfahren werden kann. Ein Halt an mehreren Haltestellen, die momentan ausgelassen werden, würde zudem eher dem Charakter einer S-Bahn entsprechen. Vor allem aber sieht Derwing Potenzial beim Ausbau des Fahrplantakts über das Wochenende hinaus. "Es gibt viele Pendler, die das Angebot nutzen würden", da ist sich Derwing sicher. Angedacht ist eine Ausweitung des Angebots auf die Werktage momentan beim Fahrplanwechsel im Jahr 2023. Und dann hat Derwing von der Initiative Bodensee-S-Bahn noch einen ganz eigennützigen Wunsch, die Verlängerung der S-Bahn nach Konstanz nämlich. Das wiederum wäre ebenfalls für Pendler und vor allem Touristen interessant - und außerdem wohnt Derwing dort. Er könnte die neue trinationale S-Bahn durch Deutschland, Österreich und die Schweiz dann auch gut selbst nutzen.

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