Rätsel um Ablassurkunde in Lenting:Erbitterter Streit um ein Stück Papier aus dem Mittelalter

Lesezeit: 1 Min.

Im idyllischen Lenting wird erbittert über ein Stück Papier gestritten. (Foto: Gert Salewsky)

Die Kirchengemeinde ist zutiefst gespalten, und das wegen einer Ablassurkunde aus dem Jahr 1500. Sie soll im Glockenturm der Kirche gehangen haben – sagen die einen. Die anderen sagen, das Dokument sei schon ewig weg. Jetzt hat sich die Staatsanwaltschaft geäußert.

Von Lisa Schnell

Die Kirchgengemeinde von Lenting bei Ingolstadt ist seit geraumer Zeit gespalten und zutiefst zerstritten. Grund ist das vermeintliche Verschwinden einer alten Ablassurkunde aus dem Jahr 1500. Sie habe bis vor Kurzem im Glockenturm der Lentinger Kirche gehangen und sei verschwunden, gestohlen vielleicht sogar. So lauten die Vorwürfe der einen Seite im Ort. Die andere behauptet, die Urkunde sei schon ewig weg und wer etwas anderes sage, müsse „Wahnvorstellungen“ haben.

Nun hat sich die Staatsanwaltschaft Ingolstadt zu dem Fall geäußert. Die Ermittlungen wegen eines möglichen Diebstahls seien eingestellt worden. Es sei „sehr fraglich“, ob die historische Urkunde „jemals in dem Nebenraum der Kirche aufgehängt war“, teilt die Staatsanwaltschaft mit. Die Beamten hätten mehrere Zeugen zu dieser Frage vernommen, darunter auch den Pfarrer. „Keiner dieser Zeugen konnte die Existenz der Urkunde bestätigen“, schreibt die Staatsanwaltschaft.

In diesem Turm soll die Ablassurkunde gehangen haben. Hinweise darauf konnte die Polizei aber nicht finden. (Foto: Stefan Weyergraf Streit)

Auch den Mesnern der vergangenen 25 Jahre sei ein solches Schriftstück nicht bekannt gewesen. Zudem gehe der Archivar der Diözese davon aus, „dass die fragliche Urkunde seit mehr als 100 Jahren nicht mehr in der Kirche verwahrt worden ist“. Auch eine Besichtigung und fotografische Dokumentation des Nebenraums in der Turmsakristei habe keine Anhaltspunkte oder Hinweise auf frühere Befestigungen oder Aufhängungen ergeben. Der Verdacht des Diebstahls sei durch einen Zeugen erhoben worden.

Stefan Weyergraf Streit, Theologe und Künstler in der Region, berichtete der SZ, die Urkunde noch im April 2021 gesehen zu haben und sie schon seit seiner Zeit als Oberministrant zu kennen. Als er sie bei seinem nächsten Besuch nicht mehr vorfand, soll die zuvor rußige Wand neu gestrichen gewesen sein.

Seine Unterstützer warfen der Kirche vor, dem Verschwinden der Urkunde nicht ernsthaft nachzugehen und stellten die Frage, warum sich Weyergraf Streit das alles hätte ausdenken sollen. Diese Frage ist weiterhin ungeklärt. Genau wie die, ob die Urkunde nun im Turm hing oder nicht. Sicher ist, dass die Staatsanwaltschaft nicht weiter ermittelt. Ob das den Streit in Lenting befrieden kann, ist dagegen ungewiss.

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