Lebensmittelüberwachung:Die Staatsregierung wagt nur ein Reförmchen

Sie überlässt die Lebensmittelüberwachung den Landratsämtern. Der aktuelle Skandal um die Firma Sieber zeigt, wie verheerend das ist.

Kommentar von Christian Sebald

In Bayern kommt der Verbraucherschutz wieder einmal nur einen winzigen Schritt voran. Dabei war die Ansage des Obersten Rechnungshofes Mitte Februar überdeutlich: Wenn der Freistaat eine moderne, unabhängige und effektive Lebensmittelüberwachung haben will, dann muss er die Zuständigkeit dafür endlich von den 71 Landratsämtern abziehen und an eine oder zwei zentrale Behörden übertragen.

Was aber tut die Staatsregierung unter dem Druck der Landräte? Sie belässt die Lebensmittelüberwachung an den 71 Landratsämtern. Einzig die Kontrolle sogenannter Risikobetriebe will sie den sieben Bezirksregierungen übertragen. Damit wird aus einer überfälligen Reform, die alle Experten schon seit Jahren anmahnen, ein Reförmchen. Wie schon in der Vergangenheit kapituliert die Staatsregierung vor den Landräten, die so wenig wie möglich von ihrer sprichwörtlichen Allmacht abgeben wollen.

Dabei zeigt der aktuelle Lebensmittelskandal um die Metzgerei Sieber, dass echter Verbraucherschutz nur unter der Führung zentraler Überwachungsbehörden möglich ist. Es waren das Robert-Koch-Institut, eine Bundesbehörde also, und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, die aufgeklärt haben, dass der Listeriose-Ausbruch in Süddeutschland seit 2012 mit 76 zum Teil sehr schwer Erkrankten und acht Toten offenkundig auf kontaminierte Lebensmittel aus der Geretsrieder Metzgerei zurückgeht.

Die Veterinäre und Lebensmittelkontrolleure am zuständigen Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen hätten diesen hochkomplexen Fall von sich aus niemals lösen können. Der Grund ist nicht, dass sie versagt haben. Der Grund ist ausschließlich, dass sie als Mitarbeiter einer lokalen Behörde weder die Mittel noch die Kompetenzen hatten, um den Listerien-Skandal aufklären zu können.

Die Staatsregierung hat jetzt die Chance, den Erfolg im Fall Sieber zur Blaupause für den Verbraucherschutz in Bayern zu machen. So wie es aussieht, verspielt sie diese Chance wieder einmal.

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