Lebensmittel-Skandal:Salmonellen in ganz Europa, trotzdem alles richtig gemacht

Sitzung des Untersuchungsausschusses 'Ei'

Der frühere Umweltminister Marcel Huber bezog am Mittwoch im U-Ausschuss Stellung.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Im Bayern-Ei-Ausschuss erklären Umweltministerin Ulrike Scharf und ihr Vorgänger Marcel Huber, die Behörden hätten sich nichts vorzuwerfen.

Von Christian Sebald

Marcel Huber bedauert sehr, dass nach einem europaweiten Salmonellen-Ausbruch im Sommer 2014 Menschen erkrankt und womöglich sogar welche gestorben sind. Das beteuert der Staatskanzleichef und frühere Verbraucherschutzminister am Mittwoch im Landtag gleich zu Beginn seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss Ei. Zugleich betont er, dass "ich hier einen Beitrag leisten will, dass die richtigen Schlüsse gezogen werden", damit sich so ein Skandal möglichst nicht wiederhole. Huber erklärt aber auch, dass es "in so einem Bereich hundertprozentige Sicherheit nicht geben kann", noch dazu, wenn möglicherweise kriminelles Handeln im Spiel sei.

Ansonsten ist der Staatskanzleichef überzeugt, dass im zuständigen Umwelt- und Verbraucherschutzministerium seinerzeit alles korrekt gelaufen sei. Er selbst sei nur am Ende seiner Amtszeit als zuständiger Minister mit dem Salmonellen-Ausbruch befasst gewesen. Erstmals erfahren habe er davon durch einen Aktenvermerk am 13. August 2014. Am 5. September 2014 sei er zum Staatskanzleichef berufen worden, bis 15. September 2014 habe er das Umweltministerium nur noch kommissarisch geleitet. Der erste und zwei weitere Aktenvermerke zu Bayern-Ei hätten ihm keinerlei Anlass gegeben, daran zu zweifeln, dass sein Haus und andere damit befasste Stellen "nicht alle gebotenen Maßnahmen" ergriffen hätten.

Gut ein halbes Jahr arbeitet der Untersuchungsausschuss Ei nun schon. Das Gremium hat sich eine gewaltige Aufgabe vorgenommen. Bis zum Sommer will es den Skandal um die Firma Bayern-Ei aufklären, einen der größten Lebensmittelskandale im Freistaat. Der niederbayerischen Firma und ihrem damaligen Geschäftsführer Stefan Pohlmann wird vorgeworfen, 2014 fortlaufend Hühnereier ausgeliefert zu haben, obwohl in ihren Großställen wiederholt Salmonellen nachgewiesen worden waren. Dadurch soll Bayern-Ei einen europaweiten Salmonellen-Ausbruch mit mindestens 187 Erkrankten und womöglich einem Toten verursacht haben.

Pohlmann wird sich deshalb vor dem Landgericht Regensburg verantworten müssen. Nach Überzeugung von SPD, Grünen und Freien Wählern trifft auch die Staatsregierung eine große Verantwortung für den Bayern-Ei-Skandal. Ihr zentraler Vorwurf: Er sei nur möglich gewesen, weil die staatlichen Lebensmittelkontrollen komplett versagt hätten. Dies will die Opposition in dem U-Ausschuss nachweisen.

Verbraucherministerin Ulrike Scharf (CSU), die vor Huber aussagt, ist sich indes keiner Schuld bewusst. Zwar sagt die CSU-Politikerin das nicht wörtlich. Aber es ist die Quintessenz ihrer Aussage. Zum einen, weil sie im Sommer 2014 noch gar nicht im Amt gewesen ist, wie sie gleich zu Beginn erklärt. Zum anderen, weil sie nach Bekanntwerden des Skandals im Mai 2015 alle nötigen Maßnahmen zu seiner Aufklärung ergriffen und später eine umfassende Reform der Lebensmittelkontrolle eingeleitet habe. Detailliert referiert Scharf, wann sie welche Aktenvermerke zu dem Skandal erhalten hat, wie oft sie im Landtag Rede und Antwort gestanden hat, wann eine Sperre der Bayern-Ei-Ställe und ein Rückruf von Eiern angeordnet worden sind, dass öffentliche Warnungen aus Sicht ihres Hauses nicht möglich waren und anderes mehr.

Die Vernehmung von Scharf und Huber ist der bisherige Höhepunkt des U-Ausschusses. Denn es sagen die Minister aus, welche während des Skandals und danach die politische Verantwortung für den Verbraucherschutz in Bayern inne hatten oder haben. Für den SPD-Abgeordneten Florian von Brunn ist nach Scharfs Aussage klar, dass die Ministerin "mit ihrem Amt völlig überfordert ist". Sie selbst hätte von sich aus keine Konsequenzen aus dem Lebensmittelskandal gezogen, sagt Brunn. "Sie wurde von den Medien und der Opposition dazu getrieben." Für die Grünen-Abgeordnete Rosi Steinberger steht fest: "Die Behörden bekamen Bayern-Ei nicht in den Griff. Bis ins Jahr 2017 kam es immer wieder zu massiven Verstößen gegen den Tierschutz und Hygienevorschriften." Wie Brunn wirf Steinberger Scharf vor, dass sie von sich aus nicht tätig geworden sei, sondern sich "blind auf die Informationen ihrer Mitarbeiter verlassen hat". Ausschuss-Vize Bernhard Pohl von den Freien Wählern nennt Scharfs Aussage "sehr dünn".

Ein Ergebnis hat der U-Ausschuss derweil schon erbracht: An den Landratsämtern gab es viel zu wenige Lebensmittelkontrolleure und Veterinäre, um Großbetriebe wie Bayern-Ei effektiv zu überwachen. Besserung soll nun die neue "Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen" (KBLV) bringen. Das betont auch Verbraucherministerin Scharf vor dem U-Ausschuss ein ums andere Mal. Die neue Behörde hat mit 90 Mitarbeitern und Dienstsitzen im oberbayerischen Erding und im oberfränkischen Kulmbach am 1. Januar 2018 die Arbeit aufgenommen. Sie ist bayernweit für die Überwachung von 600 sogenannten komplexen Lebensmittelbetrieben zuständig - große Geflügelhalter wie Bayern-Ei, aber auch Schlachthöfe, Großmetzgereien, Molkereien oder Bäckereien. Für sie alle waren bisher die Landratsämter zuständig. Ob die KBLV effektivere Kontrollen bringt und den Schutz der Verbraucher vor Lebensmittelskandalen verbessern wird, muss sich erst erweisen.

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