Süddeutsche Zeitung

Landwirtschaft:AfD bandelt mit den Bauern in Bayern an

  • Der Chef des Milchbauernverbandes hat zugesagt, bei einer Diskussion der AfD im Allgäu teilzunehmen.
  • Nicht nur Landwirte fragen sich deshalb, was plötzlich in die Milchbauernorganisation gefahren ist.
  • Die AfD will offenbar ihr agrarpolitisches Profil schärfen - bislang kommen die Bauern im Programm kaum vor.

Von Christian Sebald

Natürlich hat Romuald Schaber gewusst, dass er bei etlichen Bauern auf Widerspruch stoßen wird. "Aber was hätte ich tun sollen", sagt der Chef des Milchbauernverbands BDM. "Wenn ich die Einladung zu der Podiumsdiskussion ausgeschlagen hätte, hätten mir andere genauso stark vorgeworfen, das kannst du doch nicht machen, so stark wie die womöglich noch werden, können wir sie nicht ignorieren."

Also hat Schaber die Einladung angenommen. Am 27. Januar wird der BDM-Chef in Lauben bei Kempten auf einer Podiumsdiskussion mit den AfD-Politikern Franz Bergmüller (Rosenheim) und Peter Felser (Bundestagskandidat, Oberallgäu) über Landwirtschaftspolitik debattieren.

Der BDM-Chef debattiert mit der AfD: Seit die Veranstaltung bekannt geworden ist, fragen sich nicht nur Landwirte, was plötzlich in die Milchbauernorganisation gefahren ist. So berichtet es auch der Verbandssprecher und Schaber-Vertraute Hans Foldenauer. Wie viele in der Bevölkerung seien die Rechtspopulisten den meisten Bauern bisher nur im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik und womöglich der Kritik am Euro und der EU präsent.

Aber mit der Landwirtschaft oder dem Milchpreis? 95 Seiten umfasst das Grundsatzprogramm der AfD - eine halbe Seite widmet sich den Bauern. Ihr Titel: "Landwirtschaft: Mehr Wettbewerb. Weniger Subventionen". Die Aussagen: "Die Landwirte brauchen wieder mehr Entscheidungsfreiheit" oder "Der Beruf des Landwirts muss wieder attraktiver werden". Schaber und Foldenauer wissen sehr genau, wie schmal der Grat ist, den sie gehen. "Natürlich liegt es nahe, dass sich die AfD nur mit uns profilieren will", sagt Foldenauer. "So wie alle möglichen anderen Parteien auch, gerade jetzt in den anlaufenden Wahlkämpfen."

Gleichwohl steht Foldenauer zu Schabers Zusage. "Als Interessensverband sprechen wir mit allen Parteien, die in einem Landtag oder im Bundestag sitzen", sagt er. "Wie sonst sollen wir politischen Einfluss ausüben." Das gelte seit jeher - für CDU und CSU genauso wie für SPD, Linke und Grüne. Und jetzt eben auch für die AfD. Der Vorsitzende des Agrarausschusses im Brandenburger Landtag, Sven Schröder, etwa gehört der AfD an. "Deshalb haben wir uns auch schon mit Schröder getroffen", sagt Foldenauer.

Die AfD will ihr agrarpolitisches Profil schärfen

Eine Einschränkung machen Foldenauer und Schaber aber. "Wir führen keine Gespräche mit Parteien oder Politikern mit eindeutig menschenverachtenden Positionen", sagt Foldenauer, "selbst wenn sie in einem Landtag sitzen." Die NPD etwa, die bis 2016 mit fünf Abgeordneten im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern vertreten war, habe man strikt gemieden. "Und wir werden auch in Zukunft nie mit Vertretern der NPD oder anderer rechtsextremer Parteien sprechen", sagt Foldenauer. "So wie wir das auch nicht mit offen linksextremen Parteien tun werden."

Eingefädelt hat die Podiumsdiskussion übrigens der Oberallgäuer AfD-Bundestagskandidat Felser. Der 47-jährige Pädagoge und Ex-Bundeswehroffizier führt dort eine Agentur, die auf PR-Projekte für Landmaschinenhersteller spezialisiert ist. Von daher ist Felser seit Jahren mit der Agrarszene in der Region verbandelt und kennt auch Schaber, der ebenfalls im Oberallgäu daheim ist.

Felser sagt, er sei von Parteichefin Frauke Petry persönlich aufgefordert worden, das agrarpolitische Profil der AfD zu schärfen. Als Petry unlängst im Allgäu zu Besuch gewesen sei, habe sie im Gespräch mit Bauern festgestellt, dass es da viel aufzuholen gebe. Die Podiumsdiskussion mit Schaber sei ein erster Schritt dazu.

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SZ vom 18.01.2017/vewo
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