Landwirt per Haftbefehl gesucht:Verhungert im Kuhstall

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Ein Bauer hat in seinem Stall im Allgäu mehrere seiner Rinder verhungern lassen. Als der wegen Tierquälerei angeklagte Landwirt vor Gericht erscheinen soll, versteckt er sich. Nun wird er per Haftbefehl gesucht.

Ulrike Heidenreich

Was sich in den letzten Monaten des vergangenen Jahres auf einem großen, unübersichtlichen Anwesen in Niedersonthofen im Oberallgäu abgespielt hat, bezeichnet der zuständige Richter am Amtsgericht Kempten als einen "sehr seltenen Fall". Ein Landwirt hatte im Stall mehrere seiner Rinder verhungern lassen. Als der wegen Tierquälerei angeklagte 54-Jährige am Dienstag vor Gericht erscheinen sollte, versteckte er sich. Nun wird er per Haftbefehl gesucht.

"99,9 Prozent der Landwirte behandeln ihre Tiere so wie es sein muss": Der Fall von Tierquälerei in Niedersonthofen gilt am Amtsgericht Kempten als Ausnahme. (Foto: dpa)

Aufmerksamen Mitarbeitern einer Tierkörperbeseitigungsfirma waren Mitte Januar die ausgemergelten Körper von drei toten, offensichtlich verhungerten Kühen aufgefallen. Anhand der Ohrmarkennummern konnte der Landwirt aus dem Oberallgäu als Halter identifiziert werden. Als die Veterinäre des Landratsamtes Kempten wenige Tage später dessen Hof kontrollierten, fanden sie eine vierte Kuh im stinkenden Stall vor, die so entkräftet war, dass sie eingeschläfert werden musste. Die Zustände auf dem Hof beschrieben die Beamten als übel.

"Wer Wirbeltieren länger anhaltende Leiden zufügt, macht sich laut Tierschutzgesetz strafbar", sagt Christian Roch, Richter am Amtsgericht Kempten, "Tiere nicht ausreichend zu füttern, gehört ganz klar dazu." Als Ausnahme wird dieser Fall von Tierquälerei in Niedersonthofen bewertet, denn, so Roch: "99,9 Prozent der Landwirte behandeln ihre Tiere so wie es sein muss." Die Staatsanwaltschaft erhob Klage und stellte den Antrag auf Verhängung eines Tierhalteverbots.

Bereits zum ersten Prozesstermin im Juni war der Bauer, der alleine auf seinem großen Hof lebt, nicht erschienen. Nachdem das Gericht einen Vorführbefehl erlassen hatte, versuchten Polizeibeamte in Zivil, den Angeklagten festzunehmen. "Sie fanden einen maroden Hof, aber keinen Angeklagten vor. Er hat sich wohl irgendwo auf der Weide versteckt", sagt Roch.

13 weitere Rinder stehen noch im Stall, der Angeklagte hält sie ohne "wirtschaftlichen Nutzen" wie es von Seiten des Landratsamtes heißt. Sollte der Bauer verhaftet werden, kümmere sich das Veterinäramt um die Tiere.

Auf Betreiben des Landratsamtes hatte der Bauer seinen Viehbestand von 28 auf 13 Tiere reduziert. "Man erlebt diese Fälle auf Bauernhöfen, in denen es die Leute aus Altersgründen nicht mehr schaffen, die Tiere zu versorgen. Oder wenn die Bauern isoliert leben und eigenbrötlerisch geworden sind", so der Richter.

© SZ vom 12.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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