Süddeutsche Zeitung

Grüne:"Wir wollen unser Land gestalten"

Die Grünen schließen vor der Vorstellung ihres Wahlprogramms eine Koalition mit der CSU nach der Landtagswahl nicht aus.

Von Lisa Schnell

So deutlich wie jetzt haben die Grünen ihren Regierungswillen selten in einem Wahlprogramm formuliert. "Unser Ziel ist klar: Wir wollen unser Land gestalten! Und das können wir am besten, wenn wir regieren", steht da. "Bei vielen Sachen läuft uns die Zeit davon, wie beim Schutz unserer Lebensgrundlagen", sagt Ludwig Hartmann, der die Grünen zusammen mit Katharina Schulze in den Wahlkampf führt und mit ihr an der Spitze der Landtagsfraktion steht.

Noch nie habe man so viel Aufwand betrieben für ein Wahlprogramm, sagt Hartmann. Kurz und konkret soll es sein, kein Grundsatzprogramm sondern ein Fahrplan für die nächsten fünf Jahre. 2013 breiteten die Grünen ihre Positionen auf 159 Seiten aus, jetzt sind es 72.

Hartmann will sich nicht am politischen Gegner abarbeiten, mit dem er vielleicht koalieren will, sondern die eigenen Ziele in den Vordergrund stellen, um neue Wähler zu gewinnen. Zum einen richtet sich das Wahlprogramm an konservative Bürger auf dem Land. Hier hoffen die Grünen mit ihrem Kernthema, dem Umweltschutz, durchzudringen, den sie als Schutz der Heimat präsentieren. Vor allem von ihrer Forderung, beim Flächenverbrauch eine Obergrenze von fünf Hektar pro Tag einzuführen, und ihrem Ziel, den Pestizideinsatz auf den Feldern bis 2030 zu halbieren und damit die Wasserqualität zu verbessern, erhoffen sie sich Zustimmung.

Die Lebensqualität auf dem Land wollen die Grünen durch eine Mobilitätsgarantie steigern. Mindestens stündlich sollen alle Orte von fünf Uhr in der Früh bis Mitternacht angebunden sein. Und das zu einem einheitlichen Tarif, der in ganz Bayern für alle Verkehrsmittel - inklusive Leihangebote für Räder oder Autos - gelten soll. Kinder bis 18 Jahre und Schüler, Azubis und Studierende bis 28 sollen gar nicht mehr für Bus oder Bahn zahlen müssen.

Andere Forderungen könnten die Vorstellungen konservativer Wähler auf dem Land weniger treffen. Die Grünen setzen sich für eine Legalisierung von Cannabis ein, Theater und Museen sollen verpflichtet werden, die gesellschaftliche Vielfalt abzubilden. Auf dem Land wollen sie Beratungsstellen für Homosexuelle, in der Stadt keine Plastiktüten und dafür mehr saubere Luft. Dafür möchten sie über die blaue Plakette Fahrverbote für Autos einführen, die Grenzwerte nicht einhalten.

Hartmann glaubt, dass es in den Städten noch einiges zu holen gibt für die Grünen. Dann wohl auf Kosten der SPD, deren Thema Gerechtigkeit die Grünen zum zweiten Schwerpunkt im Wahlkampf machen wollen. Sie fordern 50 000 Wohnungen mit Sozialbindungen in den nächsten fünf Jahren. Die SPD will 25 000 pro Jahr. Ähnlich wie die Genossen wollen die Grünen mit einem erhöhten Grundsteuersatz gegen Bodenspekulationen vorgehen. Mehr Betreuungsplätze in den Kitas und längere Öffnungszeiten bis 20 Uhr sollen Alleinerziehende entlasten.

Besonders betonen die Grünen die Gleichstellung von Frauen. Dabei vermuten einige, dass CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident Markus Söder gerade bei Frauen besondere Überzeugungsarbeit leisten muss. Die Grünen wollen gesetzlich festlegen, dass Parteien ihre Kandidatenlisten paritätisch besetzen müssen. In der Asylpolitik fordern sie vor allem Verbesserungen für Zuwanderer. Alle Arbeits- und Ausbildungsverbote sollen entfallen. Sie sind für eine dezentrale Unterbringung, in der nicht nach Bleibeperspektive unterschieden wird. Zudem wollen sie das Weisungsrecht der Staatsregierung gegenüber der Justiz abschaffen.

Fast die Hälfte der Bayern befürwortet eine schwarz-grüne Koalition laut einer Umfrage von Infratest dimap für den BR. Ministerpräsident Söder aber hat sie bereits ausgeschlossen. In der letzten Umfrage verloren die Grünen an Zustimmung, sie liegen bei elf Prozent.

Am 5. Mai soll das Programm bei einem Parteitag beschlossen werden. Bis dahin sind Änderungen noch möglich.

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SZ vom 26.03.2018/imei
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