Landtagswahl: Der Nachwuchs:Streibl gegen Stoiber gegen Stamm

Ihre CSU-Eltern regierten Bayern. Jetzt wollen Florian Streibl, Dominic Stoiber und Claudia Stamm es ihnen gleichtun - in verschiedenen Parteien.

Laura Weißmüller

Mit dem Vornamen ihrer Mutter angeredet zu werden, war für Claudia Stamm früher "grausam". Mitten in der Pubertät will man eben nicht unbedingt mit jemandem verwechselt werden, von dem man sich gerade abgrenzt. Aber das war schwierig im unterfränkischen Würzburg Ende der achtziger Jahre: Ein weiblicher Staatssekretär wie ihre Mutter war ein Novum, noch dazu in der CSU, den Namen Stamm setzte man damit automatisch mit Barbara gleich.

Landtagswahl: Der Nachwuchs: Die Eltern waren sich bei der Parteiwahl noch einig, ihre Kinder kämpfen für unterschiedliche Parteien.

Die Eltern waren sich bei der Parteiwahl noch einig, ihre Kinder kämpfen für unterschiedliche Parteien.

(Foto: Fotomontage:sueddeutsche.de)

Heute hat die 38-jährige Journalistin mit der Namensverwechslung kein Problem mehr. Zumal die politischen Positionen der beiden Frauen so unterschiedlich sind, dass ein Namenstausch wohl kaum mehr vorkommen dürfte: Claudia Stamm wird bei der kommenden bayerischen Landtagswahl für die Grünen antreten, ihre Mutter sitzt dort bereits seit 1976 für die CSU; sie war Ministerin und unter Edmund Stoiber von 1998 bis 2001 stellvertretende Ministerpräsidentin.

Ärger für den familiären Farbwechsel soll es im Hause Stamm trotzdem nicht gegeben haben: "Ich bin seit ewigen Zeiten grün. Meine politische Wahl war total klar", sagt Claudia Stamm, die sich nun zum ersten Mal um einen Sitz im Landtag bemüht.

Am 28. September werden in Bayern einige Kinder ihren Eltern folgen und für ein politisches Amt kandidieren. Neben Claudia Stamm sind Florian Streibl und Dominic Stoiber prominente Beispiele für die Generationenfolge. Der Nachwuchs geht höchst unterschiedliche Wege: Claudia Stamm hat sich für grün entschieden, Florian Streibl für orange, also die Freien Wähler - nur Dominic Stoiber hält es wie sein Vater und will für die CSU reüssieren.

Allein der Wunsch, Politiker zu werden, ist bei ihnen identisch - und das, obwohl alle drei auch die Schattenseiten des Politikerdaseins unmittelbar miterlebt haben.

Das harte Spiel der Politik

Die sogenannte Amigo-Affäre kostete Max Streibl nicht nur das Amt, sondern auch das Vertrauen in so manchen CSU-Freund. Edmund Stoiber wurde recht unschön aus der eigenen Partei gekippt, die gerade noch einstimmig versicherte, sie stehe vor, neben und hinter ihm, und Barbara Stamm musste im Zuge der BSE-Krise als Gesundheitsministerin abdanken - Stoiber hatte sie 2001 zum Bauernopfer in der Krise auserkoren.

Trotz dieser moralischen Tiefschläge wollen alle drei Politikerkinder jetzt ihren Eltern nachfolgen und kandidieren - Bestimmung?

Lesen Sie auf Seite zwei, was Claudia Stamm von einem Politiker-Gen hält.

Streibl gegen Stoiber gegen Stamm

An ein Politiker-Gen glaubt Claudia Stamm nicht, eher an Sozialisation. Sobald die Familie Stamm zusammen war, seien politische Themen eine Selbstverständlichkeit gewesen: "Politik hat bei uns die Rolle gespielt, die in anderen Familien vielleicht das Fernsehen übernommen hat."

Landtagswahl: Der Nachwuchs: Claudia Stamm hat sich für die Grünen entschieden.

Claudia Stamm hat sich für die Grünen entschieden.

(Foto: Foto: Claus Schunk)

Trotzdem erschien Claudia Stamm das Leben ihrer Mutter als Politikerin nicht unbedingt als Traumberuf: "Ich habe von Kindesbeinen an mitbekommen, was es für ein Gerangel innerhalb der Partei geben kann - darauf kann man keine Lust haben."

Aber schlussendlich war der Wunsch, etwas bewegen zu wollen, einfach größer. Ihre Ziele unterscheiden sich dabei meistens von denen der Mutter, in ihrer politischen Prägung hat sich der Onkel und damit "das grüne Schaf" in der schwarzen Familie durchgesetzt. Als sie 14 Jahre alt war, arbeitete dieser als Entwicklungshelfer in Afghanistan, später in Berlin verzichtete er demonstrativ auf ein Auto. "Er hat mir gezeigt, dass es nicht immer schwarz sein muss", erinnert sich Stamm.

Lesen Sie auf Seite drei, was Florian Streibl mit Stoibers Wahlkreis vorhat.

Streibl gegen Stoiber gegen Stamm

Landtagswahl: Der Nachwuchs: Florian Streibl kandidiert für die Freien Wähler.

Florian Streibl kandidiert für die Freien Wähler.

(Foto: Foto: Gerhard Blank)

Auch Florian Streibl ist durch seinen Vater mit der Politik aufgewachsen. "Da gab es keine Lehrstunde, die Politik fließt eher ins Leben ein", erinnert sich der Sohn des ehemaligen Ministerpräsidenten.

Ob beim Fernsehen oder am Esstisch - der Beruf des Vaters Max bestimmte das Familienleben der Streibls und führte zu einer ausgeprägten Diskussionskultur: "Wir haben nächtelang über ein Thema diskutiert, Kontrapositionen aufgebaut und am Schluss ein gemeinsames Ergebnis gefunden", sagt Streibl. Obwohl ihm das heimische Debattieren gefiel, wollte er nicht in die Fußstapfen seines Vaters treten und Politiker werden. Florian Streibl studierte Theologie, "um sich abzugrenzen und einen Freiraum zu finden, in den die Eltern nicht zu sehr reinreden können".

Streibl will Stoibers Wahlkreis

Wie Claudia Stamm hat sich Florian Streibl für eine andere Partei als der Vater entschieden, obwohl er selbst einige Jahre Mitglied in der CSU war. Aber die Freien Wähler spiegeln für ihn heute stärker die Stimmung der Bürger wider und repräsentieren damit das, "für das mein Vater gekämpft hat".

Mit seiner Kandidatur möchte Streibl junior nun Edmund Stoiber in seinem Stimmkreis Bad Tölz-Wolfratshausen beerben. Der Gedanke, dem Mann zu folgen, der damals seinen Vater entmachtet hat, gefällt ihm. Nein, persönliche Rache sei das nicht, versichert der 45-Jährige, aber eine gewisse Genugtuung würde es ihm schon bereiten "diese Ironie des Schicksals".

Lesen Sie auf Seite vier, was Dominic Stoiber zum Erbe seines Vaters sagt.

Streibl gegen Stoiber gegen Stamm

Landtagswahl: Der Nachwuchs: Dominic Stoiber arbeitet für die gleiche Partei wie sein Vater.

Dominic Stoiber arbeitet für die gleiche Partei wie sein Vater.

(Foto: Foto: Hartmut Pöstges)

Dominic Stoiber hält nichts von dieser "logischen Folge" auf das Amt seines Vaters: "Das ist ein unangebrachter Ansatz, den ich nicht nachvollziehen kann." Auch er ist durch den Beruf seines Vaters mitten in der Politik aufgewachsen. Ihm gefällt, dass man mit Engagement dort etwas bewegen kann. Gleichzeitig sind ihm auch die Schattenseiten des Betriebs bewusst: "Die Rangeleien und Ellenbogeneinsätze gehen ja schon in der Jungen Union los", sagt der JU-Ortsvorsitzende von Wolfratshausen. Außerdem sollte man in dem Job Lob nicht unbedingt erwarten.

Mit seinem Vater Edmund Stoiber will Dominic sich nicht vergleichen - es war am Anfang schwer genug, den Leuten "auf einer Wahlkampfveranstaltung zu vermitteln, dass hier Dominic Stoiber steht und nicht der Sohn des ehemaligen Ministerpräsidenten". Schon in der Schulzeit ist er für die Politik seines Vaters verantwortlich gemacht worden. "Man legt sich deswegen relativ schnell ein dickes Fell an, das schützt ein Stückweit von mancher Anfeindung", sagt der 28-jährige Produktmanager.

Trotzdem nützt der prominente Nachname nun im Kampf um einen Sitz im Bezirkstag. Einmal hat ihn sein Vater auf einer Veranstaltung persönlich unterstützt. Die Aufmerksamkeit war entsprechend groß. Das "Weiter so!" des ehemaligen Ministerpräsidenten hörte Sohn Stoiber gern.

Haben die anderen Politikerkinder Stamm und Streibl eine andere Partei gewählt als ihre Eltern, so ist es für Dominic Stoiber nicht schwer gewesen, sich für die CSU zu entscheiden: In der Partei, innerhalb der er dank seines Vaters aufgewachsen ist, fühle er sich einfach "zu Hause".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: