Landtagswahl: Debakel für die CSU:Fassungsloses Entsetzen

CSU unter Schock: Ein politisches Erdbeben hat die Ära der Alleinherrschaft der CSU in Bayern beendet. Nach mehr als 40 Jahren müssen die Christsozialen angesichts verheerender Stimmenverluste die Macht im Freistaat teilen.

P. Fahrenholz

Die CSU hat bei der Landtagswahl in Bayern eine dramatische Niederlage erlitten. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kam die Partei nur noch auf 43,4 Prozent.

Landtagswahl: Debakel für die CSU: Glückloses Tandem: Huber und Beckstein

Glückloses Tandem: Huber und Beckstein

(Foto: Foto: dpa)

Damit verpasst die CSU zum ersten Mal seit 1966 die absolute Mehrheit; auch eine Alleinregierung ist unmöglich. Ministerpräsident Günther Beckstein kündigte an, auch für eine Koalition zur Verfügung zu stehen.

Bei der CSU wurden die Zahlen mit fassungslosem Entsetzen aufgenommen. Für die Partei ist das Resultat eine Katastrophe. Sie hatte bei der Wahl 2003 mit 60,7 Prozent noch eine Zweidrittelmehrheit gewonnen. Jetzt dagegen ist selbst die absolute Mehrheit der Mandate im Landtag verlorengegangen.

Großer Gewinner der Wahl sind die Freien Wähler, die nach der Hochrechnung auf 10,2 Prozent kamen. Daneben profitieren auch FDP und die Grünen stark von den Verlusten der CSU. Die Grünen lagen der Hochrechnung zufolge bei 9,4, die FDP bei 8 Prozent. Die SPD kann dagegen überhaupt keinen Nutzen aus der Schwäche der CSU ziehen. Sie liegt bei 18,6 Prozent und damit noch unter ihrem historischen Tiefstand von 19,6 Prozent im Jahr 2003. Für die Linken war der Wahlabend eine Zitterpartie, die erst spät entschieden wurde. Sie kam den Hochrechnungen zufolge auf 4,3 Prozent.

Beckstein räumte ein, dass die CSU ihr Ziel einer Alleinregierung "nicht rübergebracht" habe. "Die Menschen wollen nicht, dass wir alleine regieren", sagte er. Er stehe jedoch auch für eine Koalitionsregierung zur Verfügung. Er werde dazu Gespräche mit allen Parteien außer den Grünen führen. Während SPD-Fraktionschef Franz Maget trotz der Verluste seiner Partei erneut eine Viererkoalition gegen die CSU ins Spiel brachte, lehnte FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil dieses Modell postwendend ab.

Damit ist eine CSU/FDP-Koalition die wahrscheinlichste Variante. CSU-Chef Erwin Huber machte für die Niederlage "eine Summe von Einflüssen über fünf Jahre hinweg" verantwortlich und gab damit indirekt auch seinem Vorgänger Edmund Stoiber die Mitschuld. Es sei jedoch "völlig falsch", jetzt schon Konsequenzen aus dem Ergebnis zu ziehen.

Wie lange die Personaldiskussion in der CSU unter der Decke gehalten werden kann, ist jedoch fraglich. Insbesondere Generalsekretärin Christine Haderthauer gilt als nicht mehr haltbar. Beckstein und Huber hatten noch vor der Abstimmung signalisiert, auch bei einem Ergebnis von unter 50 Prozent im Amt bleiben zu wollen. Ob dies jetzt noch gelingt, ist aber zweifelhaft. Möglicherweise kommt es bereits an diesem Montag zu ersten personellen Schritten.

Parteivize Horst Seehofer forderte bereits klare Konsequenzen. "Dass es nicht so bleiben kann, das ist wohl klar bei der Botschaft der Bevölkerung", sagte er in der ARD. Seehofer gilt als einzige Alternative, falls Parteichef Huber sein Amt aufgeben muss, und soll bereits massiv bedrängt worden sein, sich bereitzuhalten.

Der Vorsitzende der bayerischen Jungen Union, Stefan Müller, verlangte, dass eine personelle Neuordnung an der Parteispitze von einem Parteitag beschlossen werden müsse. Damit stellte der JU-Chef das Recht der Landtagsfraktion in Frage, im Alleingang über eine erneute Berufung Becksteins zu entscheiden.

"Keine Idee gehabt"

In der CSU wird die Schuldfrage bereits heftig diskutiert. Huber und Beckstein hätten es nicht geschafft, einen deutlichen Schnitt zur Ära Edmund Stoibers zu vollziehen. "Die haben überhaupt keine Idee gehabt", sagte ein CSU-Präsidiumsmitglied zur Süddeutschen Zeitung.

Bei den Debatten der nächsten Tage wird es auch um die Zugkraft des Spitzenpersonals gehen. Dies werde im Zeitalter der Mediendemokratie immer wichtiger, hieß es im CSU-Lager. Eine andere Sorge galt den enormen Stimmengewinnen der Freien Wähler.

Dies könne für die Union insgesamt eine Zäsur bedeuten, hieß es. Denn die Freien Wähler in Bayern könnten zum Nukleus einer bürgerlich-konservativen Protestbewegung gegen die Politik der Union werden. Damit drohe der Union möglicherweise ein ähnliches Schicksal wie der SPD nach dem Aufkommen der Grünen und der Linken.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: