Wüsste man nicht, worum es hier geht, man müsste sich die Augen reiben über drei Männer und eine Frau, die sich sonst so zuverlässig angiften. „Danke dir“, sagt Klaus Holetschek (CSU) zu Katharina Schulze (Grüne), die dieses Gemeinschaftsprojekt angeschoben hat. Für Holetschek ein Zeichen, „dass wir in zentralen Fragen trotz aller politischen Unterschiede zusammenstehen“. Auch er wolle „der Katharina danken“, sagt Florian Streibl (Freie Wähler). Und Holger Grießhammer (SPD) betont, „dass wir in Bayern zusammenhalten“.
Fast genau ein Jahr ist der brutale Überfall der Hamas auf Israel her. Seitdem herrscht Krieg. Der Jahrestag ist der Aufhänger einer gemeinsamen Resolution, die die Fraktionsvorsitzenden von CSU, FW, Grünen und SPD am Freitag im Maximilianeum in München präsentieren. Überschrift: „Solidarität mit Israel – jüdisches Leben in Bayern stärken“. Das Papier beginnt so: „Bayern steht solidarisch und fest an der Seite Israels. Die Sicherheit und das Existenzrecht Israels sind deutsche und bayerische Staatsräson.“ Die Resolution enthält mehrere Dutzend Maßnahmen, Forderungen und Absichtserklärungen, die den Schutz jüdischen Lebens gewährleisten und die bayerisch-israelischen Beziehungen stärken sollen.
Es ist nicht die erste Initiative dieser Art, aber die bislang umfangreichste. Und eine Gelegenheit zur Rückschau. Auch auf das, was seither in Bayern geschehen ist. Der Tag nach dem 7. Oktober 2023 fiel in Bayern auf den Wahlsonntag. 14,6 Prozent holte damals die AfD – eine Partei, die immer wieder den Nationalsozialismus verharmlost und deren Landtagsabgeordnete während eines Holocaust-Gedenkakts im Januar 2019 den Plenarsaal verließen. „Wir stehen genau für das Gegenteil. Wir stehen an der Seite Israels“, sagt CSU-Fraktionschef Holetschek am Freitag. Was dann auch erklärt, warum die AfD nicht an der Resolution beteiligt wurde.
Als Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder am Abend der Landtagswahl 2023 vor die Kameras trat, sprach er auch über die Ereignisse in Israel, „die uns, glaube ich, noch lange beschäftigen werden“. Zwei Monate später reiste Söder nach Israel, um Solidarität zu demonstrieren. Dass Solidarität mit jüdischem Leben nötig ist, zeigen auch die Gewaltstatistiken. In Bayern hat die Zahl antisemitischer Straftaten einen Höchststand erreicht. Im Jahr 2023 registrierte das Innenministerium 589 Fälle, im September 2024 wurde in München ein Anschlag auf das israelische Generalkonsulat vereitelt. „Das Gift des Antisemitismus“ breite sich aus, sagt Grünen-Fraktionschefin Schulze. Das habe auch mit dem politischen Islam zu tun, sagt CSU-Fraktionschef Holetschek.
Partnerschaften mit israelischen Städten und Gemeinden sollen ausgebaut werden
Der Freistaat hat den Schutz jüdischer Einrichtungen nach dem 7. Oktober 2023 noch einmal verstärkt. Die bayerischen Hochschulen haben inzwischen einen Aktionsplan gegen Antisemitismus installiert: mehr Prävention, mehr Schutz durch Polizei und Justiz, Antisemitismusbeauftragte für jede Uni, Hochschule und Kunsthochschule. Ein Preis für Courage gegen Antisemitismus wurde geschaffen, unterstützt von Innen- und Justizministerium. Es gab mehrere Gedenkveranstaltungen, auch im Landtag. Nun kommt die Resolution dazu.
Demnach sollen etwa die Partnerschaften mit israelischen Städten und Gemeinden ausgebaut werden, ebenso die Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich oder bei Feuerwehren und die Kooperation mit der Gedenkstätte Yad Vashem. Zudem soll geprüft werden, ob es mehr Lehre und Forschung zu Antisemitismus und jüdischer Kultur- und Geistesgeschichte an bayerischen Hochschulen geben kann. Auch in Kitas, Kindergärten, Schulen und in der Erwachsenenbildung ist intensivere Präventionsarbeit gegen Antisemitismus geplant. In der Lehrkräfteausbildung soll Antisemitismusprävention künftig Pflichtbestandteil sein. Dazu soll es neben den Programmen für Kunst- und Kulturaustausch noch mehr Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern aus Bayern und Israel geben.
Grünen-Fraktionschefin Schulze erinnert daran, „dass an keinem anderen Tag seit dem Holocaust mehr Jüdinnen und Juden ermordet wurden“ als am 7. Oktober. „Bestialisch, menschenverachtend und von einer Art und Weise, dass es kaum noch Worte gibt“, sagt CSU-Fraktionschef Holetschek. Die Resolution fordert das Ende der Angriffe auf Israel und die Freilassung aller Geiseln – betont aber auch das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza, verlangt bessere humanitäre Hilfe und unterstützt die Friedensbemühungen. Zugleich macht Holetschek klar: „Die Verantwortung trägt, wer Israel angreift.“ Es dürfe keine Täter-Opfer-Umkehr geben. Am kommenden Dienstag soll der Landtag die Resolution beraten und beschließen.