Süddeutsche Zeitung

Debatte um teuren Mietvertrag:"Millionengrab", "Sauerei", "Spendensumpf"

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Im Landtag wird scharf über die Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg diskutiert. Die Opposition ist empört. CSU-Generalsekretär Blume verteidigt das Projekt - und Markus Söders Rolle dabei.

Von Andreas Glas, München

Es ist spät geworden im Landtag, bald 21.30 Uhr. Eigentlich keine Uhrzeit, zu der man noch große Emotionen erwarten sollte. Am Mittwoch ist das anders. Letzter Tagesordnungspunkt, Titel: "Prüfung der Vorgänge bei der Errichtung des Deutschen Museums Nürnberg". Etwa eine Stunde wird die letzte Debatte dieses langen Sitzungstages dauern. Eine Stunde, die es in sich haben wird. "Millionengrab", "Sauerei", "Spendensumpf", "Verleumdung". Das ist nur eine Auswahl der Begriffe, die fallen werden.

Zur Erinnerung: Nach Recherchen von NDR, WDR und SZ gibt es offene Fragen beim Nürnberger Museumsprojekt, das 2017 unter Federführung von Markus Söder zustande kam. Damals war Söder (CSU) noch nicht Ministerpräsident, sondern Finanzminister. Das Projekt kostet den Freistaat bis 2044 eine jährliche Miete von 2,8 Millionen Euro. Viel zu hoch, sagen Experten, sehr intransparent das Vergabeverfahren. Und dann ist da ja noch diese Parteispende. Im Jahr 2018 überwies eine Firma des Nürnberger Unternehmers Gerd Schmelzer 45 500 Euro an die CSU. Schmelzer bestreitet eine Verbindung zwischen Museumsprojekt und Spende. Die Opposition hat Zweifel.

Er wolle "zum Thema Parteispende klare Antworten haben", sagt Harald Güller (SPD). Der Oberste Rechnungshof (ORH) untersucht das Museumsprojekt bereits regulär, die SPD verlangt nun eine Sonderprüfung. Beim Nürnberger Projekt handle es sich um einen "Schnellschuss" von Söder, um im Landtagswahlkampf 2018 zu punkten, sagt Güller. Es gehe nicht um Kritik am Museum selbst, sondern um die "Art und Weise, wie hier mit Geld umgegangen wird".

Danach ist Verena Osgyan (Grüne) an der Reihe. Jetzt fallen die Begriffe "Sumpf" und "Millionengrab". Der Vertrag zum Projekt in Nürnberg sei "der teuerste Mietvertrag, den der Freistaat Bayern je übernommen hat". Söder, Museumschef Wolfgang Heckl, Unternehmer Schmelzer und dessen Ehefrau Julia Lehner (CSU), damals Nürnberger Kulturreferentin, hätten sich "die Bälle" gegenseitig "zugeworfen". Im Zusammenhang mit Schmelzers Parteispende habe das "ein neues Geschmäckle", sagt Osgyan. Ihre Fraktion verlangt, dass Söder Rede und Antwort steht in einer Sondersitzung der zuständigen Landtagsausschüsse - dazu mehrere aktuelle und damalige Staatsminister.

CSU-Generalsekretär Markus Blume verteidigt das Museumsprojekt und Söders Rolle, vor allem mit Blick auf die Parteispende. "Es gab keine Kenntnis von dieser Spende, insbesondere bei Markus Söder", sagt Blume. Die Grünen-Abgeordnete Osgyan bezweifelt das: "Als CSU-Chef nichts wissen von der Parteispende? Sollte man sich vielleicht mal schlau machen." Der CSU-General kontert: Damals sei Söder noch nicht Parteichef gewesen. Wer einen Zusammenhang zwischen Spende und Mietvertrag behaupte, "sagt entweder die Unwahrheit oder übt Verleumdung". Er sei "fassungslos", dass hier "etwas angerührt wird, was mit Sumpf, mit Saustall, mit Skandal zu tun haben soll", sagt Blume.

Robert Brannekämper (CSU) sieht längst alle Fragen beantwortet, da sich der Landtag in den vergangenen Jahren immer mal wieder mit dem Projekt beschäftigt hat. Empört weist Brannekämper zurück, "dass es hier sozusagen geheime Geschichten gegeben habe, die hier die CSU gesteuert hätte". Der Standort des Museums sei eine "Premiumlage". Der Mietpreis von knapp 40 Euro pro Quadratmeter sei angemessen. Außerdem, sagt Markus Blume, sei das Projekt "kein Bauvorhaben des Freistaats Bayern", sondern des Deutschen Museums.

Das will Sebastian Körber (FDP) so nicht gelten lassen. Der Freistaat zahle die Miete und damit der Steuerzahler. Dazu sei das 100-Millionen-Projekt mit "Unterschrift von Markus Söder" zustande gekommen. Wenn Unternehmer Schmelzer sage, dass er der CSU regelmäßig spende, mache das die Sache nur schlimmer. Ulrich Singer (AfD) sieht wegen Schmelzers Ehe mit der heutigen CSU-Bürgermeisterin Lehner eine "Verquickung von Parteipolitik, von Finanzkapital und Familieninteressen".

CSU und Freie Wähler machen deutlich, dass sie auch angesichts der bereits laufenden ORH-Prüfung eine Sonderprüfung mit eigens durch den Landtag definierten Fragen für unnötig halten - ebenso eine separate Befragung der Staatsregierung. Die Oppositionsparteien schließen derweil nicht aus, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. FDP-Fraktionschef Martin Hagen setzt am Donnerstag bereits ein Ultimatum. Sollte die Regierung die offenen Fragen in den kommenden drei Monaten nicht beantworten und "sich Verdachtsmomente erhärten, dann ist, glaube ich, ein Untersuchungsausschuss das Mittel der Wahl".

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SZ vom 29.01.2021
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