Landtag:NSU-Ausschuss prüft rechtsextreme Aktivitäten in Kasernen

Die NSU hat in Bayern die Hälfte ihrer Morde verübt - mehr als in jedem anderen Bundesland. Der Neonazi-Untersuchungsausschuss des Landtags weitet seine Arbeit nun auf die Bundeswehr aus. Untersucht werden sollen auch Neonazi-Aktivitäten in bayerischen Kasernen.

Der Untersuchungsausschuss des Landtags zur Mordserie der Neonazi-Terrorgruppe NSU weitet seine Prüfung der rechtsextremen Vorgänge in Bayern auf die Bundeswehr aus. Untersucht werden sollen nun auch Neonazi-Aktivitäten in bayerischen Kasernen.

"Wir vermuten, dass die rechtsextreme Szene in den 90er Jahren deutlich aktiver war als den Jahresberichten des Landesamts für Verfassungsschutz zu entnehmen", sagte der Ausschussvorsitzende Franz Schindler (SPD) am Freitag nach Sitzungsende. Deswegen beschloss der Untersuchungsausschuss, eine Vielzahl neuer Akten anzufordern. Eine formale Ausweitung des Untersuchungsauftrags sei damit aber nicht verbunden, sagte Schindler.

Am 9. Oktober soll dann als erster Zeuge der frühere Chef des bayerischen Verfassungsschutzes, Gerhard Forster, gehört werden. Er leitete die Behörde von 1994 bis 2001. Die ostdeutschen Rechtsextremisten hatten in Bayern die Hälfte ihrer mutmaßlich zehn Morde verübt - mehr als in jedem anderen Bundesland.

Eines der drei Mitglieder des rechten Terrortrios, Uwe Mundlos, war nach Schindlers Angaben in den neunziger Jahren mehrfach bei Neonazi-Veranstaltungen in Bayern dabei. Bislang ist nicht geklärt, ob Mundlos auch seinen Grundwehrdienst in Bayern ableistete. Der Ausschuss will herausfinden, ob Neonazis aus Sachsen und Thüringen aus dem NSU-Umfeld in bayerischen Kasernen stationiert waren und bei rechtsextremen Aktivitäten auffielen. Deswegen wird der Untersuchungsausschuss auch Akten des Bundeskanzleramts, des Verteidigungsministeriums und der Thüringer Staatskanzlei anfordern.

Für die Überwachung rechtsextremer Bundeswehr-Soldaten ist nicht der Verfassungsschutz zuständig, sondern der Militärische Abschirmdienst (MAD). Unklar ist, ob bayerische Verfassungsschützer vom MAD informiert wurden. "Uns interessiert, was davon bei bayerischen Behörden angekommen ist", sagte Schindler. Auch das bayerische Innenministerium soll Akten nachliefern.

"Informationen von minderer Qualität"

Von besonderem Interesse sei die "Operation Rennsteig" Ende der neunziger Jahre. Damals hatten MAD, Bundesamt für Verfassungsschutz, Thüringer Verfassungsschutz und andere Geheimdienstler vereinbart, rechte V-Leute anzuwerben - auch in der Bundeswehr. Allerdings ist zweifelhaft, ob die V-Leute auch zuverlässige Informationen lieferten. Von der NSU-Gründung und deren ersten Morden merkten die Nachrichtendienste nichts. "Wir vermuten, dass die Informationen von minderer Qualität waren, dass da immer nur Bröckchen hingeworfen wurden", sagte die Grünen-Abgeordnete Susanna Tausendfreund.

Der Untersuchungsausschuss will nach Tausendfreunds Angaben auch ehemalige V-Leute beim Verfassungsschutz hören. Außerdem vereinbarten die Abgeordneten einstimmig, nicht nur Zeugen, sondern auch neutrale Fachleute für Rechtsextremismus einzuladen.

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