Landtag - München:CSU-Mittelstand rebelliert gegen Söders Corona-Kurs

Bayern
Der schwäbische Landtagsabgeordnete und frühere Wirtschaftsminister Franz Pschierer. Foto: Soeren Stache/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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München (dpa/lby) - Angesichts gesunkener Neuinfektionszahlen gibt es in der CSU offenen Widerstand gegen den strikten Corona-Kurs von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Die Mittelstandsunion forderte am Dienstag ein Ende des Lockdowns und eine "verantwortungsvolle Öffnungsstrategie". "Der Lockdown belastet die Wirtschaft, Staatsfinanzen, die Bildung unserer Kinder und die gesamte Gesellschaft in ihrem Zusammenhalt in historischem Ausmaß", heißt es in einem Vorstandsbeschluss. Vorsitzender ist der frühere Wirtschaftsminister Franz Pschierer.

CSU-Generalsekretär Markus Blume widersprach unmittelbar: "Eine überstürzte Öffnung aller Bereiche wäre der direkte Weg zur dritten Welle und zum nächsten Lockdown. "Das kann niemand ernsthaft wollen, schon gar nicht unsere Mittelständler, die eine belastbare Perspektive brauchen."

Im Einzelnen fordert die Mittelstandsunion unter anderem die Öffnung des Einzelhandels, der Friseurgeschäfte und anderer "körpernaher Dienstleister", von Hotellerie und Gastronomie sowie eine gestufte Rückkehr zum Präsenzunterricht an den Schulen - alles unter Beachtung von Hygiene- und Schutzkonzepten.

Außerdem verlangen die Mittelständer mehr Tempo vom Bund bei der Auszahlung der versprochenen Hilfen für die Wirtschaft. Im Handel, in Hotels, Wirtshäusern und Teilen des Handwerks geht nach Einschätzung des Industrie- und Handelskammertags vielen Betrieben mittlerweile das Geld aus, so dass die Existenzängste quasi täglich größer werden. Auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat sich wiederholt für eine Öffnung der Wirtschaft ausgesprochen, aber bislang weniger offensiv als nun die Mittelstandsunion.

"Gerade harte Lockdowns entfalten kaum die erhoffte Wirkung", schreiben Pschierer und Kollegen. Als Beispiel nennen sie den Landkreis Berchtesgadener Land. Dort gab es bereits im Oktober einen harten Lockdown mit Ausgangsbeschränkungen. Die Mittelstandsunion argumentiert, dass der Sieben-Tage-Inzidenzwert dennoch bis Mitte Januar weiter anstieg. "Die geringe Wirksamkeit steht nicht im Verhältnis zur Existenzvernichtung für Hunderttausende von Unternehmern und eine Kaufkraftverschiebung zu Onlinehändlern und Handelskonzernen sowie eine Verdrängung in Schwarzarbeit."

Blume erklärte dazu: "Der Kollege Pschierer irrt grundlegend." Infektions- und Todeszahlen seien in den letzten Wochen um 90 Prozent gesunken. Er fügte aber auch hinzu: "Ich kann die Ungeduld und den Frust des Mittelstands bezüglich der zum Teil existenziellen Nöte verstehen."

© dpa-infocom, dpa:210209-99-366803/3

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