Landtag:Modellbau-Untersuchungsausschuss: Stamm verteidigt sich und zürnt

Untersuchungsausschuss Modellbau

Landtagspräsidentin Barbara Stamm sagte erstmals vor einem Untersuchungsausschuss aus.

(Foto: dpa)
  • Landtagspräsidentin Barbara Stamm hat zurückgewiesen, sich in ihrer Amtszeit als Sozialministerin nur unzureichend um die forensischen Kliniken in Bayern gekümmert zu haben.
  • Die CSU-Politikerin sagte als Zeugin im Modellbau-Untersuchungsausschuss des Landtags aus.
  • Mit teuren Modellautos, die ein in der Psychiatrie einsitzender Dreifachmörder baute, hatten die CSU-Politikerin Christine Haderthauer und ihr Ehemann Hubert, früher unter anderem Stationsarzt im Bezirksklinikum Ansbach, einst Geschäfte gemacht.

Von Dietrich Mittler

Dreißig Mal ist der Untersuchungsausschuss "Modellbau" bereits im Landtag zusammengekommen, um sich ein umfassendes Bild über die Unterbringung psychisch kranker Straftäter zu machen, und um im speziellen Fall zu klären, ob es bei der Modellbau-Arbeitstherapie in Ansbach und später in Straubing mit rechten Dingen zuging.

Und über allem schwebend die Frage: War die frühere Ministerin Christine Haderthauer ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen und hat sie den Landtag im Zusammenhang mit der sogenannten Modellbau-Affäre wahrheitsgemäß und umfassend informiert? Immerhin waren sie - wie auch ihr Mann Hubert - doch über Jahre hinweg Mitgesellschafter jenes Unternehmens, das die in der Arbeitstherapie entstandenen hochwertigen Oldtimermodelle vertrieb. In den zurückliegenden 30 Verhandlungstagen ging es dabei oft tief ins Detail.

Am Donnerstag, dem nun 31. Verhandlungstag, ging es hingegen mehr ums Prinzipielle. Geladen waren mit Barbara Stamm und Christa Stewens zwei frühere Sozialministerinnen sowie die derzeit amtierende, Emilia Müller - kein gewöhnlicher Tag also. Als erste Zeugin war Stamm (CSU) geladen, um über ihre Zeit als Ministerin Auskunft zu geben, in der sie die Fachaufsicht über die forensischen Einrichtungen für psychisch kranke Straftäter hatte.

Kaum hatte sich die Tür geöffnet, war klar: Hier tritt eine Landtagspräsidentin auf. Stamm begann ihre Zeugen-Anhörung mit einer Begrüßung, die jeder Plenarsaalsitzung Glanz verliehen hätte. Ganz kurz bringt das auch den Ausschussvorsitzenden Horst Arnold (SPD) aus dem Tritt. "Ihr Vorname ist Stamm?", fragt er, um die Formalien hinter sich zu bringen.

Klar, Arnold - immerhin war er Staatsanwalt und Richter - fängt sich umgehend und korrigiert "Barbara!". Und noch einmal geht ein Schmunzeln durch manche Gesichter, als er Stamm nach ihrem Alter fragt, was die eher unwillig grummelt: "71!" Doch von da an war Schluss mit lustig. "Heute eine Premiere für mich: Untersuchungsausschüsse kenne ich, aber dass ich da selber mal geladen werde . . .", eröffnete Stamm die Anhörung. Zug um Zug wurde der Ton schärfer, was der stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende Florian Herrmann (CSU) Arnold später kurz aber schmackig hinrieb: "Da waren einige Unterstellungen und Vorhaltungen drin!"

Arnold zielte bei seinen Fragen immer wieder in die eine Richtung: Was wusste Stamm als damalige Ministerin über die Zustände in der Forensik, und wie wirkte ihr Haus auf Arbeitstherapien ein. Stamm hingegen machte von Anfang an klar, dass man die damaligen Verhältnisse nicht mit den heutigen vergleichen könne. 1993 sei der Maßregelvollzug für psychisch kranken Straftäter in die Zuständigkeit des Sozialministeriums gekommen.

"Die Forensik war für mich ein Bereich, der mir immer sehr, sehr viel Kopfzerbrechen bereitet hat", sagte sie. Man solle sich doch bitte auch daran erinnern, "wie damals noch die ganze Psychiatrie aufgestellt war". Das habe sich insbesondere im Bereich der Forensik gezeigt: "Immer wieder kam es zu Ausbrüchen", die oftmals der schlechten baulichen Situation der Einrichtungen geschuldet gewesen seien. Auch seien die Patienten in engen, bisweilen überfüllten Schlafsälen untergebracht worden - alles unerträgliche Zustände. Gemeinsam mit den zuständigen Bezirken habe sie eine Mammutaufgabe in Angriff nehmen müssen, um diese Missstände zu beseitigen und vor allem das dafür notwendige Geld zu erkämpfen. "Es war ein Riesenpaket, das wir da hatten", sagte Stamm. Ihre Mitarbeiter hätten oft bis an ihre Belastungsgrenze gehen müssen, und die Fluktuation sei entsprechend hoch gewesen.

"Wir hatten damals nicht die Schwerpunkte, die man heute - zu Recht - in der Forensik hat", betonte Stamm. "Wenn Sie so eine Aufgabe wie die Forensik übernehmen, dann machen Sie das Notwendigste und das Wichtigste - und das waren die Sicherheitsprobleme, die baulichen Mängel", fügte sie hinzu. Aspekte wie etwa die Arbeitstherapie seien damals nicht im Vordergrund gestanden. "Sie können es mir jetzt als Mangel anrechnen, dass ich mich nicht um die Therapie gekümmert habe, ich konnte es nicht!", hielt Stamm dem Ausschuss-Vorsitzenden entgegen. Aber eines sei hier doch gesagt: "Die Forensik war kein Stiefkind in unserem Haus, wir haben sie angenommen", sagte Stamm. Die Zeugen-Anhörung von Christa Stewens und Emilia Müller erfolgte erst nach Redaktionsschluss.

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