Landtag:Ex-Generalstaatsanwalt bestreitet politischen Einfluss im Fall Schottdorf

Untersuchungsausschuss 'Labor'

Im Untersuchungsausschuss Labor wird Ex-Generalstaatsanwalt Strötz als Zeuge gehört.

(Foto: dpa)
  • Der frühere Generalstaatsanwalt Christoph Strötz hat im Untersuchungsausschuss Labor den Vorwurf politischer Einflussnahme im Fall Schottdorf zurückgewiesen.
  • Er habe nach seiner Erinnerung niemals mit der damaligen Justizministerin Beate Merk (CSU) über den Fall gesprochen - ihre Aussage vorm Untersuchungsausschuss steht noch aus.

Von Stefan Mayr

Nach drei Stunden wird Christoph Strötz ungeduldig. "Herr Dürr", ruft der Präsident des Oberlandesgerichts Nürnberg dem Grünen-Abgeordneten zu, "das sind üble Unterstellungen und Verschwörungstheorien." Es ist die 32. Sitzung des Untersuchungsausschusses Labor, und Sepp Dürr fragt zum wiederholten Male, wie es sein kann, dass die Generalstaatsanwaltschaft München im Jahr 2009 zuließ, dass die eine Hand exakt das Gegenteil von der anderen Hand tat: hier die Staatsanwaltschaft München I, die ein Pilotverfahren gegen einen Arzt anstrengte, um ihn letztlich wegen betrügerischer Abrechnungsmethoden hinter Schloss und Riegel zu bringen. Dort die Staatsanwaltschaft Augsburg, die gleich Hunderte ganz ähnliche Fälle einstellte - und damit betrügerische Ärzte verschonte.

Wo da die Gerechtigkeit bleibe, fragten sinngemäß die Politiker aller Parteien den Zeugen Strötz, der damals Chef der Generalstaatsanwaltschaft München war. Schließlich sei es zentrale Aufgabe des Generalstaatsanwalts, für eine einheitliche Rechtsprechung zu sorgen. In dem strittigen Fall ist das de facto gründlich misslungen.

Wie der BGH entschieden hat

Strötz räumt ein, dass dies eine "außergewöhnliche Situation" sei, die bei "nichtkundigen Beobachtern" Fragen aufwerfen könne. Aber er beharrt darauf, dass die Generalstaatsanwaltschaft de jure korrekt vorgegangen sei. Sie habe "nach Recht und Gesetz gehandelt", betont er. "Es gab keine politische Einflussnahme", alle Vorwürfe in diese Richtung seien "Spekulationen" und "haltlose Verdächtigungen".

Es habe nun einmal widersprechende Rechtsauffassungen zur umstrittenen Abrechnung von Speziallaborleistungen durch die Ärzte gegeben: Die Münchner Ermittler gingen von Betrug aus, die Augsburger nicht. Um diese offene Rechtsfrage zu klären, habe er als "General" angestrebt, "schnellstmöglich ein höchstrichterliches Urteil vom Bundesgerichtshof" zu bekommen.

Es dauerte allerdings bis 2012, ehe der BGH entschied, dass die Abrechnungspraxis tatsächlich Betrug ist. "Ich hätte es gerne schneller gehabt", sagt Strötz. Denn als das Urteil endlich vorlag, waren bereits viele andere Fälle verjährt.

Wie die Verjährung hätte verhindert werden können

Die Augsburger Staatsanwälte hätten die Verjährung verhindern können, wenn sie rechtzeitig Maßnahmen ergriffen hätten. Dies wäre nach Meinung von Franz Schindler (SPD), Florian Streibl (Freie Wähler) und Sepp Dürr (Grüne) das Mindeste gewesen, was man von einer Behörde erwarten müsste, die das Wort Strafverfolgung in ihrem Namen trägt.

Aber Christoph Strötz sieht das anders: Wenn man ein Verfahren einstellt, weil man keine Straftat sieht, dann könne man auch nicht vorsorglich die Verjährung verhindern. "Dem Herrn Strötz war die Erledigung der Verfahren wichtiger als die einheitliche Rechtsordnung", sagt Horst Arnold (SPD).

Welche Politiker von der Zeugenliste gestrichen werden

Auf jeden Fall konnten Ärzte jahrelang gegen die Gebühren-Ordnung verstoßen, ohne dafür belangt zu werden. Die Schuld an diesem Zustand schiebt Strötz allerdings - wie schon sein Nachfolger Manfred Nötzel am Montag - den Politikern in die Schuhe: Der Staatsanwaltschaft seien aufgrund der Rechtslage die Hände gebunden. Sepp Dürr überzeugt das nicht: "Er schiebt die Verantwortung auf andere und bagatellisiert."

Im nicht öffentlichen Teil der Sitzung streichen die Abgeordneten prominente Politiker von der Zeugenliste: Horst Seehofer, Edmund Stoiber, Peter Gauweiler, Günther Beckstein, Hermann Leeb und Barbara Stamm müssen nicht mehr aussagen. Die damalige Justizministerin Beate Merk allerdings schon.

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