Nach einer 76-tägigen Pause hat sich der bayerische Landtag am Mittwoch zur ersten Plenarsitzung seit Ende Juli versammelt. Damals endete der Parlamentstrieb mit einem Eklat. AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner hatte ihre Schlussworte so scharf formuliert, dass Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) ihr Mikro abdrehte. Zum Auftakt der neuen Sitzungsperiode hallte der Konflikt wie ein Echo auf den Landtagsfluren nach: Wie soll es mit der Tradition des parlamentarischen Schlusswortes nun weitergehen? Darüber will Aigner mit den Fraktionsvorsitzenden beraten.
Auch im Plenarsaal ging es direkt mit einem Schlagabtausch zwischen CSU und AfD weiter, diesmal über Sinn und Unsinn der Beauftragten der bayerischen Staatsregierung. Die AfD stört sich an den jährlichen Kosten von knapp vier Millionen Euro für insgesamt acht Beauftragte, beispielsweise für Ehrenamt, Integration oder Antisemitismus. Sie fordert, die Beauftragten abzuschaffen. Diese seien „ineffizient, kostspielig und für die Bürgerinnen und Bürger Bayerns ohne erkennbaren Nutzen“, sagte der AfD-Abgeordnete Jörg Baumann.

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Im Rest des Parlaments stieß der Vorstoß auf Widerspruch. „Wir bewegen uns bei der Bevölkerung und nicht in der Social-Media-Blase, in der Sie leben“, sagte der CSU-Politiker Karl Straub, der selbst als Beauftragter für Integration tätig ist. Die Beauftragten seien für die Staatsregierung als Vermittler innerhalb und außerhalb des Politikbetriebs zuständig. Er sprach von mehr als 500 Terminen in den vergangenen zwei Jahren. „Ich war am Freitag und Samstag in Moscheen“, sagte Straub, unterbrochen von hämischen Rufen aus Reihen der AfD. Und am Sonntag sei er auf einer Demo gegen Antisemitismus gewesen. „Das ist, was wir in Bayern brauchen: Die Leute zusammenzuführen, für Frieden zu sorgen und zu vermitteln.“
Aus der Opposition kam Detailkritik am System der Beauftragten. „Wir Grünen kritisieren, dass die Beauftragten vom Ministerpräsidenten einfach so ernannt und jederzeit wieder abgesetzt werden können, und damit nicht unabhängig sind“, sagte Toni Schuberl, der die Beauftragten lieber beim Landtag angesiedelt sähe. Horst Arnold von der SPD wies darauf hin, dass die Beauftragten „das Geschäft der Regierung zu machen hätten“ und kein Bindeglied zum Parlament seien.
Größere Differenzen zwischen den Regierungsfraktionen sowie den Grünen und der SPD gab es etwa beim Verbot einer kommunalen Verpackungssteuer, das Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) einbrachte. Durch eine Gesetzesänderung will der Freistaat Städten und Gemeinden untersagen, eine Abgabe auf Wegwerfprodukte wie Pappbecher oder Pizzakartons zu erheben, so wie es zum Beispiel die Stadt Tübingen praktiziert. Auch in Bayern hatten Städte bereits über eine solche Steuer nachgedacht. Sie sei jedoch „das falsche Signal für die Gastronomie, für die Wirtschaft insgesamt“, sagte Herrmann. Es brauche Entlastung statt neuer Belastung. In Tübingen, so Herrmann, sei neue Bürokratie geschaffen worden. Als Beispiel nannte der Minister Rührstäbchen aus Holz, die erst ab einer Länge von 14 Zentimetern unter die Verpackungssteuer fielen. „Genau mit solchen Dingen fängt die Bürokratie an.“

Verbot der Verpackungssteuer:„Wir brauchen keine Gscheidhaferl aus München, die uns da reinschmatzen“
Um der Flut an weggeworfenen Einwegverpackungen Herr zu werden, haben sich bayerische Städte einiges ausgedacht. Aber das ist jetzt verboten. So reagieren die Kommunen.
SPD und Grüne warfen der Staatsregierung einen Eingriff in die kommunale Selbstbestimmung vor. „Das ist keine Freiheit, das ist Gängelung“, sagte Andreas Birzele (Grüne). Das pauschale Nein sei „unnötig, übergriffig und ein Schlag gegen die Kommunen“, kritisierte Christiane Feichtmeier von der SPD. Die Räte vor Ort wüssten am besten, welche Instrumente sinnvoll seien.
Eine engagierte Debatte gab es auch über einen Gesetzentwurf der Grünen, die ein kostenfreies Mittagessen für alle Grund- und Förderschüler in Bayern fordern. Der Freistaat soll mit der Einführung der verpflichtenden Ganztagsbetreuung im kommenden Jahr knapp 200 Millionen Euro in die Hand nehmen, um allen Schülerinnen und Schülern ein gesundes Schulessen zu bezahlen. Besonders bei Kindern aus armen Familien nähmen Übergewicht und Essstörungen zu. „Es ist eine stille Krise“, sagte die Grüne Laura Weber. Betroffen seien vorwiegend ärmere Gegenden Bayerns. „Gutes Essen darf kein Privileg von finanziell gut gestellten Eltern sein.“
Werner Stieglitz warnte für die CSU-Fraktion vor hohen Kosten in finanziell schwierigen Zeiten. Für benachteiligte Schulkinder gebe es bereits Hilfsprogramme. „Kein Kind in Bayern muss aus finanziellen Gründen hungrig bleiben“, sagte er. Auch Freie Wähler und AfD sprachen sich gegen den Grünen-Vorstoß aus. Für einen Kompromiss warb die SPD-Bildungspolitikerin Simone Strohmayr: Man könne mit dem kostenlosen Schulessen in sozialen Brennpunkten anfangen. Es dürfe nicht sein, dass Kinder in Bayern „am Nachmittag nicht mehr lernen, weil sie Hunger haben“. Der Gesetzentwurf soll nun im Haushaltsausschuss beraten werden.

