Ein gemeinsames Frühstück ist noch keine Revolution, aber doch ein kleiner Aufbruch. Zum ersten Mal treffen sich im Landtag Frauen aller Fraktionen, um über mehr Gleichberechtigung im Parlament zu sprechen. Landtagspräsidentin Ilse Aigner hat das Treffen der frauenpolitischen Sprecherinnen initiiert. "Es soll ein Austausch sein zu der Frage, wie Politik für Frauen attraktiver gemacht werden kann", sagt Aigner, die auch selbst an dem Frühstück nächste Woche teilnehmen wird.
Gerade erst sank der Frauenanteil bei den jüngsten Wahlen wieder und ist mit 26,8 Prozent so niedrig wie vor 16 Jahren. Alle Parteien wollen mehr Frauen im Parlament, alle haben unterschiedliche Vorstellungen, wie das gehen soll. Grüne und SPD wollen das Wahlrecht ändern, gerade berät der Landtag ihre zwei Gesetzentwürfe, die von den Regierungsfraktionen CSU und Freien Wählern abgelehnt werden. Eine Einigung auf ein sogenanntes Paritätsgesetz, wie es gerade in Brandenburg verabschiedet wurde und von einer überfraktionellen Frauengruppe im Bundestag diskutiert wird, ist deshalb nicht sehr wahrscheinlich.
Ute Eiling-Hütig, Vorsitzende der CSU-Frauenarbeitsgruppe, möchte aber nichts ausschließen. "Wenn die Diskussion im Bund angeregt wird, sollte man sich auch in den Ländern Gedanken machen", sagt sie. Sie geht allerdings davon aus, dass Grüne und SPD mit ihren Gesetzentwürfen im Landtag scheitern werden. "Bei der Diskussion, was wir gesetzlich machen können, stehen wir noch am Anfang", sagt sie. In der CSU gibt es auf der einen Seite Stimmen wie die der Landtagsabgeordneten Petra Guttenberger. Sie plädiert für freiwillige Maßnahmen und lehnt ein Paritätsgesetz als verfassungswidrig ab. Es gibt aber auch Frauen wie die frühere stellvertretende CSU-Vorsitzende Barbara Stamm. Gerade erst appellierte sie an ihre Partei, alle juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Frauenanteil im Landtag zu erhöhen.
Ähnlich zwiespältig präsentieren sich die FW. Noch 2016 unterstützten sie eine Klage vor dem bayerischen Verfassungsgerichtshof, die das Wahlrecht als verfassungswidrig ansah, weil es Frauen benachteiligt, sagt Eva Gottstein, Vorsitzende der FW-Frauenvereinigung. Die Initiatoren der Klage treten für ein Paritätsgesetz ein. Nun aber, da die Klage abgewiesen ist und beim Bundesverfassungsgericht liegt, lehnen die FW eine Wahlrechtsänderung ab. "Jetzt müssen die Parteien dafür sorgen, wie sie es intern auf die Reihe kriegen", sagt Gottstein.
Die FW haben noch gar keine internen Regeln. Gottstein sieht in dem parteiübergreifenden Treffen deshalb eine Chance, um sich auszutauschen: Wie machen es die anderen? Grüne und SPD etwa haben ihre Listen paritätisch besetzt. Die FDP will auf ihrem Parteitag Mitte März beschließen, dass zumindest auf dem ersten oder zweiten Listenplatz eine Frau platziert werden muss. Mindestens ein Drittel der Vorstände auf Landes- und Bezirksebene sollen bei der FDP in Zukunft weiblich sein. Die Frauenunion der CSU geht dagegen die Direktmandate an, da kaum ein CSU-Abgeordneter über die Liste ins Parlament kommt. Sie fordert, dass mindestens 40 Prozent der Mitglieder bei Aufstellungsversammlungen für Direktmandate Frauen sein müssen. Wird ein Stimmkreis neu vergeben, soll immer auch eine Frau zur Auswahl stehen.
Ein Wunsch: Abgeordnete sollen Elternzeit nehmen können
Es sieht so aus, als könnten sich die meisten darauf einigen, dass es Regelungen braucht. Eva Lettenbauer, bei dem Treffen für die Grünen dabei, erhofft sich deshalb eine Übereinkunft über alle Parteigrenzen hinweg, dass Freiwilligkeit nicht ausreicht. Natürlich will sie auch für ihren Gesetzentwurf werben. Die Erfolgsaussichten aber stuft sie eher gering ein genau wie Simone Strohmayr. "Aber auch kleine Schritte helfen weiter", sagt die frauenpolitische Sprecherin der SPD. Sie denke da etwa an den Parlamentsalltag, den sie gerne familienfreundlicher gestalten würde. Strohmayr hat selbst drei Kinder. "Jahrelang musste ich im Plenum früher gehen", sagt sie. Deshalb will sie auch über die Öffnungszeiten der Landtags-Kita oder die Einrichtung eines Spielzimmers im Landtag sprechen. Besser planbar und damit familienfreundlicher wäre es zudem, wenn das Plenum an einem fixen Wochentag abgehalten würde und nicht manchmal bis 22 Uhr dauere.
Julika Sandt, einzige Frau der FDP-Fraktion und deren frauenpolitische Sprecherin, wünscht sich, dass auch Abgeordnete Elternzeit nehmen können. Derzeit ist das nicht möglich, da der Platz im Parlament nicht leer bleiben darf. Sandt verweist auf eine Regelung in Baden-Württemberg. Nimmt dort ein Parlamentarier Elternzeit, verzichtet eine Person der anderen Fraktionen freiwillig auf ihr Stimmrecht, um die Mehrheitsverhältnisse nicht zu verändern.
Ein fraktionsübergreifender Wunsch ist schon im Voraus bei fast allen Frauen zu vernehmen: Es soll nicht nur bei einem Frühstück bleiben. Die Vertreterin der AfD war am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.