Koenig Museum Landshut:Raus aus Niederbayern

Koenig Museum Landshut: Ein privater Sammler, dessen Sammlung im Schloßmuseum Murnau beheimatet ist, hat für die Landshuter Ausstellung Fritz Koenigs "Paolo und Francesca" (Bronze, 1958) mit Bildern von Willi Baumeister und Max Beckmann kombiniert.

Ein privater Sammler, dessen Sammlung im Schloßmuseum Murnau beheimatet ist, hat für die Landshuter Ausstellung Fritz Koenigs "Paolo und Francesca" (Bronze, 1958) mit Bildern von Willi Baumeister und Max Beckmann kombiniert.

(Foto: Matthias Ammer/Koenig Museum, VG Bild-Kunst Bonn 2022)

Alexandra von Arnim, Chefin des Koenig Museums, präsentiert in der Ausstellung "Sammlerauge" den Hausherrn im Kontext berühmter Kollegen - ein erster Versuch, den Bekanntheitsgrad des Landshuter Bildhauers wieder zu steigern.

Von Sabine Reithmaier, Landshut

Das Konzept ist ungewöhnlich. Alexandra von Arnim, seit Februar 2021 Leiterin des Koenig Museum in Landshut, hat für ihre erste große Ausstellung die Auswahl der Exponate Kunstsammlern überlassen. Das Ziel: den Landshuter Bildhauer in einem neuen Kontext zu positionieren, ihn im Umfeld berühmter Kollegen wie beispielsweise Henry Moore, Eduardo Chillida oder Marino Marini, oder bekannter Maler wie Pierre Soulages, Willi Baumeister und Max Beckmann zu verorten.

Elf Sammler fühlten sich von Arnims Idee angesprochen, steuerten aus ihrem Fundus nicht nur einen Koenig, sondern Werke anderer Künstler bei. Manche stellten dem Bildhauer einen seiner Zeitgenossen zur Seite, andere wählten als Gegenüber topaktuelle Kunst. Dritte entschieden sich für die Antike, was im Dialog gut funktioniert: Koenigs "Steigender Reiter" harmoniert ausgezeichnet mit einem antiken Pferd aus Griechenland (um 700 v. Chr.). Dass die Sammler, respektive deren Erben ihre Entscheidungen ganz individuell trafen, signalisiert der Untertitel der Schau "Sammlerauge": "Das Subjektive zum Prinzip gemacht". Einen Grund für die jeweilige Zusammenstellung erfährt man nicht - vielleicht liefert der gerade entstehende Katalog dazu Antworten. Unstrittig bewährt sich bei diesem Konzept, dass Arnim durch ihre früheren Jobs im Kunsthandel und ihre langjährige Tätigkeit für das Münchner Museumsareal über zahlreiche Kontakte verfügt und viele der Sammler persönlich kennt. "Mit manchen habe ich schon vor einem Jahr begonnen zu brainstormen", sagt sie.

Koenig Museum Landshut: Von der Ferne leuchtet Rupprecht Geigers Gemälde "OE 275" (WV 231), dazu gestellt hat der Sammler Bernhard Schaub Koenigs "Klagewand" (Bronze, 1979).

Von der Ferne leuchtet Rupprecht Geigers Gemälde "OE 275" (WV 231), dazu gestellt hat der Sammler Bernhard Schaub Koenigs "Klagewand" (Bronze, 1979).

(Foto: Matthias Ammer/Koenig Museum, VG Bild-Kunst Bonn 2022)

Letztlich setzt sie mit dieser Ausstellung eine zentrale Aufforderung der im Februar veröffentlichten Machbarkeitsstudie um. Die Expertise hatte drei mögliche Szenarien für eine künftige museale Erschließung des Ganslbergs, des ehemaligen Wohn- und Arbeitssitzes des Bildhauers, entwickelt. Und dabei festgestellt, dass dessen Bekanntheitsgrad, den Eike D. Schmidt, Direktor der Uffizien, für den "bedeutendsten Interpreten des Holocausts in der deutschen Kunst" hält, derzeit zu gering ist, um Besuchermassen anzulocken. Zwar besaß Koenig nach seinem "Senkrechtstart" (Schmidt) in den Sechzigerjahren großes internationales Renommee - das belegen nicht nur die Zahl der Ausstellungen, sondern auch die Ankäufe großer Institutionen bis in die Siebzigerjahre. Doch nach dem Tod seiner Galeristen verschwand Koenig aus dem Kunstmarkt. Die Studie sieht daher das Museum als Zentrum des Nachlasses in der Pflicht, Koenig in der kunsthistorischen Debatte aktiv zu verorten, sein Werk laufend wissenschaftlich aufzuarbeiten und seinen Bekanntheitsgrad wieder zu steigern. Immerhin steigen die Besucherzahlen im Museum bei freiem Eintritt langsam wieder an. Die meisten, nämlich knapp 2000, kamen im September des Vorjahrs, dem Monat, als die Ausstellung "9/11" eröffnet wurde.

Ein Werk stand vor einem Einkaufszentrum in Detroit

Nicht alle Sammler hatten eine persönliche Beziehung zum Bildhauer. So hat die Stiftung "Bewohnter Garten" (Pulheim) Koenigs "Große gerahmte Skulpturen" bei einer Auktion in New York ersteigert, das Werk stand ursprünglich vor einem Einkaufszentrum in Detroit/Michigan. Nach Landshut schickten sie das Werk gemeinsam mit Cosima von Bonins großformatiger Textilcollage "Crude Cuisine" (2003). Deren Vorlage war ein Bunte-Foto, das Prinz Charles und Camilla Bowles zeigt, allerdings teilweise verdeckt und reduziert auf deren Silhouetten - was gut zu den ebenfalls anonymisierten Figuren Koenigs passt.

Ein Novum im Bildhauermuseum sind die Gemälde. Franz Herzog von Bayern, einer der frühesten Koenig-Sammler, stellt einer Golgatha-Gruppe (1956) ein großformatiges Gemälde (1959) von Pierre Soulages zu Seite, eine beeindruckende Kombination. Großartig auch das riesige, grün schimmernde Kissenbild von Gotthard Graubner und das leuchtende "OE 275" von Koenigs Künstlerfreund Rupprecht Geiger, beides Leihgaben aus der Sammlung Bernhard Schaub. Des Hausherrn "Kleines Epitaph V" und die "Klagewand" kommen schwer gegen die Kraft der Gemälde an, denn die Plastiken sind allzu bodennah an einer Wand positioniert.

Koenigs vielfältige Kreativität unterstreicht eine Vitrine mit Schmuck aus der Sammlung Karin Basiner. Bettina Dittlmanns filigrane, mit Granaten besetzte Brosche "Schwarze Blume" passt hervorragend zu dem goldenen Halsschmuck "Paar", ein Geschenk des Bildhauers an Basiner, wie ein Tagebucheintrag von ihr belegt. Sie hatte ihn auf dem Ganslberg besucht. Am Ende dieses Besuchs ging Koenig "zu seinem Schrank und kam mit dem 'Paar' zurück und legte mir sein Collier um den Hals. Überrascht ob dieser Wendung der Dinge, fragte ich spontan: 'Und was kostet das?' Darauf Fritz Koenig: 'Das schenke ich Ihnen! Sie haben mir geholfen, es wieder zu finden'."

Ein anderer Sammler, mit dem sich Koenig regelmäßig austauschte, war der Verleger Rolf Becker. Er sammelte nicht nur Koenig - die "Quadriga" (1953) steht normalerweise im Garten des Verlagsgebäudes in Baierbrunn -, sondern auch dessen Bildhauerkollegen Eduardo Chillida und Marino Marini - in der Schau vertreten mit "Yunque de sueno XVI" und "Piccolo Grido". Marini, ebenfalls Gast auf dem Ganslberg, begeisterte sich wie Koenig für Pferde.

Koenig Museum Landshut: Aus der Sammlung Wort und Bild Verlag stammt dieses Werk von Eduardo Chillida, Yunque de sueno XVI (Eisen, Granitsockel, 1958/66).

Aus der Sammlung Wort und Bild Verlag stammt dieses Werk von Eduardo Chillida, Yunque de sueno XVI (Eisen, Granitsockel, 1958/66).

(Foto: Matthias Ammer/Koenig Museum, VG Bild-Kunst Bonn 2022)

Ebenfalls eine "Quadriga" hat Eckbert von Bohlen und Halbach ausgesucht, doch er kombiniert sie mit Wasa Marjanovs "Der ewig kreisende Derwisch", einer lebensgroßen Metall-Skulptur aus dem Jahr 2021. Ein krasser Gegensatz. "Mir war es wichtig, so divers wie möglich vorzugehen", sagt Arnim. Das belegt auch die Kombination historischer Glasflaschen mit Koenigs früher Plastik "Schaukel". Ein schöner Beitrag eines Landshuter Privatsammlers, der sich mit Koenig regelmäßig über das gemeinsame Steckenpferd, das Sammeln antike Vorratsflaschen austauschte.

Das dämmrige Foyer des Museums sieht es übrigens wieder so aus wie zu Koenigs Lebzeiten. Das "Epitaph für Ikarus" ist an seinen Platz zurückgekehrt, ebenso die "Zwei XII". "Ich finde es super, dass alles wieder so ist, wie es Fritz Koenig wollte", sagt Arnim. Das Haus sei schließlich sein Museum. "Und er wusste doch am allerbesten, wie man seine Werke stellt."

Sammlerauge. Das Subjektive zum Prinzip gemacht, bis 25. September, Di. bis So., 10 - 17 Uhr, Koenig Museum, Am Prantlgarten 1, Landshut

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