Landshut:Kinder- und Jugendpsychiatrie bekommt nach schweren Vorwürfen ein neues Konzept

Landshut: Die bisherige "pädagogisch-therapeutische Grundhaltung mit stark restriktiven und freiheitsbeschränkenden Aspekten wird vom Bezirk Niederbayern als Krankenhausträger in dieser Form nicht geteilt und hat künftig keinen Platz mehr bei der Behandlung der Kinder und Jugendlichen im BKH", heißt es in dem Beschluss.

Die bisherige "pädagogisch-therapeutische Grundhaltung mit stark restriktiven und freiheitsbeschränkenden Aspekten wird vom Bezirk Niederbayern als Krankenhausträger in dieser Form nicht geteilt und hat künftig keinen Platz mehr bei der Behandlung der Kinder und Jugendlichen im BKH", heißt es in dem Beschluss.

(Foto: Bezirk Niederbayern)
  • Der niederbayerische Bezirkstag hat eine Neukonzeptionierung der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) am Bezirkskrankenhaus Landshut beschlossen.
  • Zuvor hatte der ehemalige Chefarzt der KJP schwere Vorwürfe gegen die Methoden in der Klinik erhoben.
  • Er hatte unter anderem die hohe Zahl von Fixierungen und das restriktive Vorgehen nach strikten Stufenplänen beklagt.

Von Christina Berndt und Dietrich Mittler

Die Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) am Bezirkskrankenhaus Landshut ist dringend reformbedürftig. Zu diesem Schluss kam der niederbayerische Bezirkstag am Dienstag bei einer Sitzung in Mainkofen. Gestützt wurde dies durch einen Bericht des Kinder- und Jugendpsychiaters Romuald Brunner, Lehrstuhlinhaber für Kinder- und Jugendpsychiatrie und ärztlicher Direktor am Bezirksklinikum Regensburg. Brunner war im Juli vom Bezirk Niederbayern als externer Berater eingeschaltet worden, nachdem der ehemalige Chefarzt der KJP in Landshut, Dietmar Eglinsky, schwere Vorwürfe gegen die Methoden in der Klinik erhoben hatte.

Unter anderem hatte er die hohe Zahl von Fixierungen und das restriktive Vorgehen nach strikten Stufenplänen beklagt. Auch kritisierte er eine negative Grundhaltung gegenüber den Patienten und einen patriarchalen Behandlungsstil. Eglinsky war nach wenigen Monaten als Chefarzt in Landshut entlassen worden. Das sei allerdings nicht wegen der Kritik, sondern wegen seines Führungsstils erfolgt, sagte Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich (CSU) während der Sitzung. Dort hatte Brunner auch die Ergebnisse seiner Evaluierung präsentiert - und Eglinskys Vorwürfe im Großen und Ganzen bestätigt.

Viele Maßnahmen, die die Ärzte und Pfleger ergriffen hatten, seien viel zu restriktiv gewesen, sagte Brunner. Das Gesamtkonzept eines starren Stufenplans, nach dem ohne Rücksicht auf den individuellen Fall der Kontakt der Patienten eingeschränkt wurde, ihnen strikter Aufenthalt auf dem Zimmer vorgeschrieben wurde und bei Missbetragen neuer Freiheitsentzug stattfand, entspreche "nicht dem fachlichen Standard", so Brunner. Vieles davon sei "schwer nachvollziehbar".

Sicherheitsmaßnahmen müssten nach dem Schweregrad der Erkrankung der Kinder und Jugendlichen individuell angepasst werden, auch dürfe der Besitz von Gegenständen nicht pauschal verboten werden, Intimität müsse gewahrt bleiben. Schließlich müsse kontinuierlich überprüft werden, ob freiheitseinschränkende Maßnahmen noch nötig und verhältnismäßig sind.

Einstimmig verabschiedeten die Bezirksräte ein Programm zur Neukonzeptionierung der KJP Landshut. Die bisherige "pädagogisch-therapeutische Grundhaltung mit stark restriktiven und freiheitsbeschränkenden Aspekten wird vom Bezirk Niederbayern als Krankenhausträger in dieser Form nicht geteilt und hat künftig keinen Platz mehr bei der Behandlung der Kinder und Jugendlichen im BKH", heißt es in dem Beschluss.

Ergebnisse einer neuen Haltung seien bereits erkennbar, berichtete der Ärztliche Direktor des Bezirkskrankenhauses, Hermann Spießl: In den vergangenen vier Monaten habe es sieben Fixierungen bei drei Patienten gegeben. Zuvor seien es 68 binnen eines Jahres gewesen. Ein neuer Chefarzt, der noch nicht gefunden ist, soll die Neuausrichtung umsetzen. Grünen-Bezirksrat Markus Scheuermann betonte im Gespräch mit der SZ, es sei ein guter Anfang gemacht. "Das muss jetzt aber nachhaltig umgesetzt werden. In der Klinik muss langfristig ein anderes Menschen- und Behandlungsbild etabliert werden."

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