Ausstellung in Landshut:Wie sich das historische Stadtbild gewandelt hat

Ausstellung in Landshut: Diese alte Weihnachtskarte zeigt Högners damalige Vision der künftigen Stadt Landshut. Zerstörte historische Gebäude stehen im Kontrast zu den neuen Hochhäusern, und nicht einmal der Kirchturm bleibt vom Abriss verschont. Der Maler wies schon in den 1960er-Jahren auf die drohende Zerstörung der Innenstädte durch Modernisierung hin.

Diese alte Weihnachtskarte zeigt Högners damalige Vision der künftigen Stadt Landshut. Zerstörte historische Gebäude stehen im Kontrast zu den neuen Hochhäusern, und nicht einmal der Kirchturm bleibt vom Abriss verschont. Der Maler wies schon in den 1960er-Jahren auf die drohende Zerstörung der Innenstädte durch Modernisierung hin.

(Foto: Zeichnung: Franz Högner/Freunde der Altstadt Landshut)

Vordergründig schaut die Landshuter Innenstadt immer noch so aus wie vor 500 Jahren. Und doch entfaltete der Modernisierungsdruck nach dem Krieg eine große Wirkung. Das zeigen die Bilder des Malers Franz Högner.

Von Hans Kratzer, Landshut

Im Jahr 1973 hat der Fernsehjournalist Dieter Wieland einen spektakulären Dokumentarfilm über die Stadt Landshut gedreht. Es war eine Anklage durch und durch. Der damalige Oberbürgermeister Josef Deimer intervenierte beim Intendanten des Bayerischen Rundfunks heftig gegen seinen Schulfreund Wieland, aber letztlich vergebens. "Einmal war ich in einer Diskussion in einem Landshuter Wirtshaus", erzählt Wieland gerne. "Dass sie mich dort nicht erschlagen haben, wundert mich noch heute."

Wieland prangerte damals die tollkühnen Pläne der Stadtoberen an, die noch uneingeschränkt an die Allmacht von Modernisierung und Wachstum glaubten und weniger an den Wert von historischen Innenstädten. Immerhin bewirkte Wieland, dass die Landshuter dann doch keine Verkehrsschneise quer durch ihre einmalige Altstadt schlugen. Geradezu idealtypisch traten in jenen Jahren erstmals die Grundprobleme des modernen Städtebaus zutage. Die Kernfrage lautet dabei: Was darf in einem historischen Baubestand abgerissen und verändert werden, was muss bewahrt bleiben?

Vor der Zerstörung von baulichem Kulturgut warnte damals nicht nur Wieland, sondern auch der akademische Maler Franz Högner (1903-1979), ein Landshuter mit Leib und Seele. Sein ganzes Leben lang stellte er den reichen Historienschatz Landshuts in das Zentrum seines künstlerischen Schaffens. Neben unzähligen Bildern, die die Bauwerke der Stadt ebenso wie ihre Einwohner dokumentieren, und der Restaurierung bedeutsamer Kunstschätze trat er stets auch als wortstarker Mahner auf, wenn es um die Zerstörung historischer Bauten ging. Auf der Rückseite einer Tuschezeichnung des Baubestands der Ländgasse findet sich beispielsweise folgende Notiz: "23. April 1978: Man lässt alte Häuser absichtlich verwahrlosen . . ., um sie dann abbrechen zu dürfen. Landshut wird abgebrochen."

Ein Bürger des 15. Jahrhunderts fände sich heute dort noch zurecht

Diese Zeichnung ist zurzeit neben vielen anderen in einer Ausstellung in Landshut (Kleine Rathausgalerie) zu sehen. Der Reigen erstreckt sich von Högners Stadtbildern aus den 30er-Jahren bis zu den Werken, die er noch kurz vor seinem Tod 1979 geschaffen hat. Da Högner die städtebaulichen Veränderungen akribisch festgehalten hat, bildet sein zeichnerisches Werk eine einzigartige Chronik. Möglich gemacht haben diese Schau die Vereine "Freunde der Altstadt Landshut" und "Die Förderer", die von Högners Tochter einen Schatz an Aquarellen und Zeichnungen erwerben konnten.

Gerade für die Förderer, die alle vier Jahre das historische Festspiel "Landshuter Hochzeit 1475" ausrichten, war Högner eine wichtige Figur. Mit seiner Detailverliebtheit sondergleichen schuf er Entwürfe für die gotischen Gewänder, Fahnen und Aufbauten des Festspiels und legte damit den Grundstein dafür, dass das Festspiel mittlerweile zum Immateriellen Kulturerbe Deutschlands zählt. Ein Verdienst, das auch Förderer-Chef Stefan Feigel gebührend hervorhebt. Nicht weniger sorgte sich Högner um die bauliche und gestalterische Entwicklung der historischen Innenstadt Landshuts. Was wäre die Aufführung des Festspiels ohne diese einzigartige gotische Kulisse, die in Teilen immer noch so ausschaut wie vor 500 Jahren? Ein Bürger aus dem 15. Jahrhundert könnte sich noch heute problemlos in den Gassen der Altstadt zurechtfinden.

Die Stadt besitzt etwas Beharrendes

Högner habe sich auch bei der Wiederbelebung gotischer Fresken mit viel Gespür verdient gemacht, betont Josef Wiesmüller, Vorsitzender der Freunde der Altstadt Landshut. "Högner war ein Meister im Umgang mit Farben und Materialien. Ihm gelang regelmäßig Außergewöhnliches." Diese Sensibilität lässt erahnen, wie schmerzhaft für Högner die oft groben Eingriffe in die historische Bausubstanz gewesen sein müssen - und auch, wie schmerzhaft so manche aktuelle Entwicklung in Landshut für ihn wäre, wie Wiesmüller vermutet. Das ist eben das Landshuter Grundproblem: Einerseits profitiert die niederbayerische Bezirkshauptstadt sehr stark von der Dynamik der Globalisierung, die ihr in unmittelbarer Nachbarschaft einen Großflughafen, dazu eine Autobahn und Industriebetriebe beschert hat. Andererseits besitzt die Stadt etwas Beharrendes, wie es in dieser Form nicht mehr oft zu finden ist.

Allerdings verweisen Feigel und Wiesmüller auch auf positive Beispiele. Es gebe in Landshut eine Reihe von mustergültigen Sanierungen historischer Bausubstanz, etwa die Maschinenfabrik Sommer, das Anwesen Rauchensteiner auf der Mühleninsel, den Firmerbräu in der Neustadt sowie das mustergültig sanierte Bohlenbalkenhaus an der Pfettrachgasse. Diese Veränderungen hätten auch Högner gut gefallen.

Högner - Landshut. Das Historische Gewissen der Stadt und der "Landshuter Hochzeit 1475", Kleine Rathausgalerie, bis 5. Dezember, Dienstag bis Donnerstag 10-17 Uhr.

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