Landkreis Donau-Ries:Sicher zur Disco und wieder zurück

Im "Fifty-fifty"-Taxi zahlen Jugendliche nur den halben Preis, den Rest tragen Kommunen und Sponsoren. Das Projekt soll helfen, Unfälle mit betrunkenen Teenagern zu vermeiden.

Stefan Fößel

Die Geschwister Ferber fahren regelmäßig Taxi, allerdings nur am Wochenende, wenn es auf Kneipentour oder in die Disco gehen soll. Denn dann zahlen Schüler, Auszubildende und Studenten im Landkreis Donau-Ries nur den halben Fahrpreis, mit der "Fifty-fifty"-Berechtigungskarte. Den Rest finanzieren Kommunen und Sponsoren.

Landkreis Donau-Ries: Sieben junge Menschen fanden vor zwei Jahren in diesem Kleinbus in Niederbayern den Tod.

Sieben junge Menschen fanden vor zwei Jahren in diesem Kleinbus in Niederbayern den Tod.

(Foto: Foto: dpa)

"Wirklich eine gute Sache", sagt die 19-jährige Schülerin Anna Ferber, die von ihrer Mutter auf die Aktion aufmerksam gemacht worden ist. Sie kommt aus Flotzheim, einem Ortsteil von Monheim. In den ländlichen Regionen des Landkreises Donau-Ries sind zu Abendveranstaltungen oftmals längere Anfahrtswege erforderlich.

Nach Donauwörth sind es von Flotzheim aus 16 Kilometer, die Diskothek in Bäumenheim liegt 22 Kilometer entfernt. "Damit es sich bei größeren Strecken rentiert, sollte man schon zu viert sein", erklärt Anna. Auch ihre Brüder Fabian, 18, und Felix, 16, haben einen Berechtigungsausweis, sie sind beide Schüler.

Annas Mutter Gerda hält viel vom "Fifty-fifty"-Taxi. Es sei eine gute Ergänzung zum Kneipenbus, den ihre Kinder ebenfalls nutzten. "Man ist einfach beruhigt, wenn man weiß, dass die Kinder sicher unterwegs sind. Es passiert halt doch ziemlich viel."

Das dachte man sich vor einigen Jahren auch im Landratsamt Donau-Ries. Allein 2002 verunglückten im Landkreis 554 Jugendliche im Alter von 18 bis 24 Jahren, sechs Jugendliche verloren ihr Leben. Die häufigsten Unfallursachen waren überhöhte Geschwindigkeit, mangelnde Fahrpraxis und Alkohol.

Besonders oft traf es Jugendliche auf dem Weg zur Disco oder auf dem Heimweg. Um die Zahl dieser Freizeitunfälle zu senken, wurde das "Projekt Fifty-fifty" ins Leben gerufen.

Dieses Ziel scheint vorerst erreicht: Wolfgang Maiwald, in der Polizeidirektion Dillingen für den Bereich "Straßenverkehr" zuständig, kann durchaus eindrucksvolle Zahlen vorweisen: "2003 gab es noch 38 sogenannte Disco-Unfälle, 2006 waren es nur noch 22."

Das sei allerdings noch immer kein Grund zu grenzenlosem Optimismus, da die Gesamtzahl der Unfälle zwar zurückgegangen sei, es aber noch immer einige schwere Unfälle mit Toten und Verletzten gebe. Das "Fifty-fifty"-Projekt sei dennoch "uneingeschränkt zu begrüßen". Aktionen dieser Art sind ihm aus keiner anderen Region in Bayern bekannt.

Das Angebot gilt am Wochenende und vor Feiertagen für Jugendliche von 14 bis 21 Jahre, Schüler, Studierende, Auszubildende, Wehr- und Ersatzdienstleistende bis 27 Jahre, die im Landkreis Donau-Ries ihren Wohnsitz haben. Der Preis richtet sich nicht nach der Anzahl der Personen, sondern nach gefahrenen Kilometern.

Herbert Chilla, Inhaber der Firma C + C Taxi in Donauwörth, setzt gerade für die jugendlichen Discogänger gerne seine Großraum-Taxis ein: "Da passen acht Leute rein. Wenn also eine Gruppe von Donauwörth in die Disco nach Bäumenheim will, kostet das normal 16 Euro. So sind es nur noch acht. Wenn es eine große Gruppe ist, zahlt jeder einen Euro."

Die Abrechnung mit dem Landratsamt klappe reibungslos, zehn Prozent der Einnahmen spenden die Taxiunternehmer wieder ans Fifty-fifty-Projekt. Für Chilla eine Investition in die Zukunft, denn "wenn die Jugendlichen gute Erfahrungen mit uns machen, sind sie vielleicht auch später unsere Kunden". Zehn bis zwölf zusätzliche Fahrten hat er dadurch an jedem Wochenende.

Auch Hildegard Frank, die beim Landratsamt Donau-Ries das Projekt betreut, spricht von einem Erfolg: "Das Angebot wird sehr gut angenommen. Im Monat nutzen 420 Jugendliche den Berechtigungsausweis."

Den Ausweis gibt es gegen eine Schutzgebühr von zehn Euro, die Gültigkeit wird individuell festgelegt, je nachdem, wie lang Studium, Zivildienst oder Schulbesuch dauern. Herbert Chilla, selbst Vater von zwei Kindern im "ausgehfähigen" Alter, ist sich sicher: "Die Zeiten sind vorbei, in denen die Eltern um drei Uhr aus dem Bett geholt wurden, um ihre Schützlinge von der Disco abzuholen."

(SZ vom 2.4.2007)

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