Landgericht Memmingen:CIA-Opfer el-Masri muss ins Gefängnis

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Keine Gnade: Weil er den Bürgermeister von Neu-Ulm verprügelt hat, muss el-Masri für zwei Jahre ins Gefängnis. Sein Verteidiger erhebt Vorwürfe gegen die Regierung.

Der Deutsch-Libanese Khaled el-Masri ist am Dienstag vom Landgericht Memmingen wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im September 2009 den Oberbürgermeister von Neu-Ulm, Gerald Noerenberg (CSU), in dessen Dienstzimmer tätlich angegriffen und erheblich verletzt hat.

Ein psychiatrischer Gutachter hatte el-Masri Schuldfähigkeit attestiert. Er sei durch das, was ihm geschehen sei, an der Seele verletzt; seine Persönlichkeit sei verändert, befand der Experte. Der Angeklagte sei aber für das, was er tue, verantwortlich, es gebe keine Hinweise auf eine verminderte Schuld- oder Einsichtsfähigkeit.

Mit dem Urteil blieben die Richter knapp unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Diese hatte für eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten plädiert. Eine Aussetzung zur Bewährung wäre bei diesem Strafmaß nicht möglich.

Staatsanwalt Andreas Rossa forderte zudem, auch eine mögliche kürzere Strafe nicht zur Bewährung zu verhängen, da el-Masri bereits jetzt wegen früherer Gewalttaten auf Bewährung sei.

Verteidiger Manfred Gnjidic beantragte dagegen die Einstellung des Verfahrens. Er begründete dies damit, dass el-Masri vom deutschen Staat keine Hilfe bekommen habe, sein Recht durchzusetzen, nachdem er von der CIA verschleppt und gefoltert worden sei. Deswegen habe der Staat jetzt auch kein Recht, den 46-Jährigen wegen der Attacke auf den Politiker Gerold Noerenberg am 11. September 2009 zu bestrafen: "Wenn der Staat ihn alleinlässt, kann er nicht beanspruchen, ihn zu verfolgen", sagte Gnjidic.

Massive Vorwürfe gegen die Bundesregierung

Der Verteidiger erhob massive Vorwürfe gegen die Bundesregierung. "Seitens der Exekutive hat er nicht einmal das Schwarze unter dem Fingernagel bekommen", sagte er. "Können wir darauf vertrauen, wenn uns morgen dasselbe passiert, dass der Staat für uns eingreift?", fragte Gnjidic. "Natürlich, werden wir sagen, wir sind Deutsche und wir sind unschuldig." Aber genau das sei el-Masri auch, betonte der Verteidiger.

Gnjidic nannte die vom Staatsanwalt geforderten zwei Jahre und drei Monate überzogen. Einverstanden war der Verteidiger dagegen damit, dass Staatsanwalt Rossa den Vorwurf der versuchten gefährlichen Körperverletzung fallenließ und nur noch eine vorsätzliche Körperverletzung als gegeben sah.

Erstere war in der Anklage mit dem Versuch el-Masris, einen Stuhl auf Noerenberg zu werfen, begründet worden. Von diesem Plan sei er aber zurückgetreten, befanden die Juristen nun.

El-Masri hatte am 11. September 2009 den Neu-Ulmer Oberbürgermeister in dessen Büro angegriffen und verprügelt. Dieser brach sich dabei ein Fingergelenk und wurde am Auge verletzt.

El-Masri wurde deutschen Justizbehörden zufolge im Dezember 2003 von CIA-Agenten nach Afghanistan verschleppt und dort fünf Monate gefangen gehalten. Er gilt als traumatisiert und fiel wegen Gewaltausbrüchen und Drohungen auf.

Im Mai 2007 fuhr er in Neu-Ulm mit seinem Auto in einen Metro-Markt und legte Feuer. Außerdem schlug er während einer Fortbildung einen Ausbilder krankenhausreif. Für diese beiden Taten wurde er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

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