Landgericht Kempten:Einbrecher erwürgt sein Opfer und muss lebenslang in Haft

Lesezeit: 2 min

Mit dem Urteil geht der Richter über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus, die 14 Jahre und 9 Monate beantragt hatte. (Foto: dpa)
  • Das Landgericht Kempten hat einen 37-Jährigen wegen Mordes zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt.
  • Der Mann hatte bei einem Einbruch sein Opfer erwürgt - aus Furcht, gefasst zu werden. Dann legte er ein Feuer, um die Tat zu vertuschen.
  • Es handelte sich hierbei nicht um seine erste Tat, zuvor hatte er einem Opfer eine Eisenstange ins Gesicht geschlagen und eine Seniorin vergewaltigt.

Ende einer langen Verbrecherkarriere: Elf seiner 37 Lebensjahre hat der Mann auf der Anklagebank schon im Gefängnis verbracht. Er wurde verurteilt als Gewalttäter, der seinem Opfer eine Eisenstange ins Gesicht schlug. Als Vergewaltiger, der über eine Seniorin herfiel. Jetzt hat er einen Monat lang wegen seines schwersten Verbrechens vor dem Landgericht Kempten gestanden: Mord.

Richter Gunther Schatz verurteilt den Mann am Donnerstag zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung. Er sei zwar "eine höchst tragische Gestalt", aber auch "der Gefährlichste, der in den letzten Jahren hier gesessen ist". Der Verurteilte kommt womöglich nie wieder frei. Einen als Komplizen angeklagten 27-Jährigen spricht Schatz frei.

Einbrüche
:Wenn die eigene Wohnung zur Quelle von Ängsten wird

Die Anzahl der Einbrüche geht in Bayern seit einigen Jahren zurück, doch die gefühlte Bedrohung ist hoch. Wie passt das zusammen?

Von Johann Osel

Nach Überzeugung des Gerichts war der 37-Jährige am 9. März 2017 in ein altes Bahnwärterhaus in Lindau am Bodensee eingebrochen. Dabei traf er auf den 76 Jahre alten Besitzer. Aus Furcht, gefasst zu werden, erwürgte er sein Opfer. Gerichtsmediziner stellten später einen gebrochenen Kiefer bei der Leiche fest. Staatsanwalt, Nebenklageanwalt, Verteidiger - sie alle sprechen in ihren Plädoyers von einer "sinnlosen Tat". Die Leiche platzierte der Einbrecher in der Duschkabine des Badezimmers und legte in einem anderen Raum Feuer. Ziel war nach Ansicht des Gerichts, die Tat zu vertuschen.

Minutengenau lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren, was an dem Abend geschah, an dessen Ende der alte Hausbesitzer tot war. Es gebe "ein gewisses schwarzes Loch", sagt Staatsanwalt Martin Slach in seinem Schlussvortrag. Dennoch seien die Beweise eindeutig, etwa ein mit dem Blut des Opfers getränktes T-Shirt vom Tatort, an dem auch DNA-Spuren des Mörders hafteten.

Beide Angeklagten hatten in ihren Vernehmungen bestritten, an der Tat beteiligt gewesen zu sein. Im Fall des 27-Jährigen hält die Strafkammer dies für glaubhaft. Es gebe keine Belege, dass er den Einbrecher zum Tatort gefahren hatte, wie es ihm die Anklage vorwarf.

Die Verteidiger beantragen in ihren Plädoyers Freisprüche, weil sich die Schuld nicht nachweisen lasse. Auch der 37-Jährige beteuert in seinem 20-minütigen teils wirren Schlusswort erneut, nichts mit der Tat zu tun zu haben, "die von anderen begangen wurde". Die schwer verständliche Stellungnahme nimmt Richter Schatz als weiteren Beleg für den unheilbar kranken Geisteszustand des Täters.

Mit dem Urteil geht er über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus, die 14 Jahre und 9 Monate beantragt hatte, weil der Mörder bei der Tötung eingeschränkt schuldfähig gewesen sei. Ein psychiatrischer Sachverständiger hatte bei ihm eine sogenannte Impulskontrollstörung diagnostiziert. Die bringt ihm jedoch keinen Strafrabatt, weil der 37-Jährige auch bei früheren Taten immer wieder ausgerastet war: der Schlag mit der Eisenstange, die Vergewaltigung - alles begangen während voriger Einbrüche. Daher, sagt Schatz, hätte der Täter einen Ausgang wie diesen absehen können.

Vor dem Mord war der Mann als Kopf einer kriminellen Bettlerbande tätig. Straftaten - vor allem Diebstahl - seien für ihn etwas ganz Gewöhnliches, sagt Schatz in der Urteilsbegründung: "Wenn er stiehlt, ist er normal." Deshalb diene die Strafe auch dem Schutz der Allgemeinheit. Käme der Mann frei, sei mit sofortiger Wiederholung zu rechnen. Die Verteidiger behielten sich vor, Revision einzulegen.

© SZ.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Missbrauchsfall von Staufen
:Das Beste wäre, sie hätten sich nie getroffen

Am Ende einer beispiellosen Prozessserie ist in Freiburg das Urteil gegen die beiden Haupttäter gefallen. Der Richter zeichnet ein Bild zweier Verbrecher, die auf je eigene Weise voneinander abhängig waren.

Von Ralf Wiegand, Freiburg

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: