Landgericht Bayreuth:Zeugen zeichnen positives Bild von terrorverdächtigem Syrer

Auftakt Prozess gegen einen terrorverdächtigen Syrer

Im Prozess gegen Mamdoh A. sagte eine Lehrerin aus, dass der junge Syrer etwa äußerste Sorgfalt darauf verwendete, stets Deutsch zu sprechen.

(Foto: Nicolas Armer/dpa)
  • Der terrorverdächtige Mamdoh A. steht vor dem Landgericht Bayreuth, seine Lehrerin und ein psychiatrischer Gutachter sagten aus.
  • Seine Lehrerin berichtete, dass der junge Mann mit äußerster Sorgfalt Deutsch lernen und mit seiner Freundin aus Oberfranken gemeinsame Zukunftspläne schmieden würde.
  • Auch der Gutachter beschrieb den Angeklagten als jungen Mann, der von allen als "nett, angepasst, höflich, zuvorkommend" beschrieben wird.

Von Olaf Przybilla, Bayreuth

Der Lehrerin an der Justizvollzugsanstalt Stadelheim ist Mamdoh A. positiv aufgefallen. An einem Freitag wurde er aus Pegnitz in Oberfranken ins Gefängnis nach München überstellt, wegen Terrorverdachts. Der Psychologe, der den 19-Jährigen an diesem Tag untersuchte, erlebte ihn als völlig verstört, "als wäre er im falschen Film". Vier Tage nach der Festnahme nahm er trotzdem an Quali-Prüfungen teil, in der Haftanstalt. Im ersten Versuch bestand er nicht, berichtet die Lehrerin. Habe aber beglückt reagiert, als sie ihm sagte, dass er auch in Stadelheim am Unterricht wird teilnehmen dürfen.

In seiner Wohnung in Franken hatten Ermittler zuvor sadistische Propagandavideos der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sichergestellt. Oberstaatsanwalt Andreas Franck geht davon aus, dass A. einen Anschlag plante. Hört man aber der Lehrerin zu, die als Zeugin am Landgericht Bayreuth aussagt, ist man geneigt zu glauben, sie spreche über jemand ganz anderen. Sie berichtet, wie A. äußerste Sorgfalt darauf verwendete, stets Deutsch zu sprechen. Bei der BR-Sendung "Wir in Bayern" schrieb er sich stets alle Wörter auf, die er nicht verstand. Und ein Kreuz in der Haftanstalt bezeichnete er als besonders schön. Er fand, dass sich in diesem Symbol "die Religionen begegnen".

Auch über die Beziehung zu seiner Freundin aus Oberfranken sprach die Lehrerin mit A. Mit ihr hatte er Zukunftspläne, über gemeinsame Kinder dachte man bereits nach. In welcher Religion diese erzogen werden sollten? Darüber werde man gemeinsam nachdenken, habe A. ihr geantwortet. Diese Beziehung sei offenbar "auf gleicher Augenhöhe", erklärt die Lehrerin. Kürzlich habe A. in Stadelheim erneut versucht, einen Mittelschulabschluss zu machen. Diesmal bestand er.

Am Freitag hat ein psychiatrischer Gutachter im Prozess ausgesagt. Nach Aktenlage ergebe sich für ihn das Bild eines jungen Mannes, der von allen als "nett, angepasst, höflich, zuvorkommend" beschrieben wird. Er könne keine Persönlichkeitsstörungen wahrnehmen, Wahn ebenfalls nicht. Aber A. beschreibt an diesem Verhandlungstag erstmals, wie er in Syrien als 15-Jähriger mehrmals zusehen musste, wie der IS Gefangene hinrichtete. Davon habe er bis heute Albträume, sagt er.

In Syrien habe er niemals Alkohol getrunken. In Deutschland trank er mitunter eine halbe Flasche Schnaps am Abend, Haschisch rauchte er auch. Ein Mitarbeiter vom Sozialamt berichtet, A. habe einmal gesagt, "ein guter Moslem" sein zu wollen. Anhand seines Lebenswandels ist der Mitarbeiter aber davon ausgegangen, dass A. "diese Idee gehabt, aber verworfen hat". Für Dienstag werden die Plädoyers erwartet, tags darauf das Urteil.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: